09.05.2012

Frage hinsichtlich eines Steuererlasses bei sanierungsbedingtem Forderungsverzicht bleibt offen

Die weithin mit Spannung erwartete BFH-Entscheidung, ob die Steuerbarkeit eines Sanierungsgewinns eine sachlich unbillige Härte i.S.d. §§ 163, 227 AO darstellen kann, obwohl der Gesetzgeber die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen (§ 3 Nr. 66 EStG a.F.) mit dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 aufgehoben hat, bleibt weiterhin offen. Das diesbezügliche Revisionsverfahren ist ohne Sachentscheidung erledigt.

BFH 28.2.2012, VIII R 2/08
Der Sachverhalt:
Nachdem das Finanzamt den Gewinnfeststellungsbescheid 2000 für die Praxis des Klägers unter Ansatz eines höheren Gewinns im Zusammenhang mit dem Forderungsverzicht eines Gläubigers - wegen fehlender Voraussetzungen für die Annahme eines steuerbegünstigten Sanierungsgewinns - geändert hatte, beantragten die Kläger unter Berufung auf das BMF-Schreiben vom 27.3.2003 (IV A6-S 2140-8/03), die auf die erlassene Forderung entfallende Einkommensteuer aus Billigkeitsgründen zu erlassen. Die Steuerbehörde lehnte dies mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für einen Sanierungsgewinn nach Maßgabe des BMF-Schreibens lägen nicht vor.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass schon wegen der Abschaffung der Steuerbegünstigung des Sanierungsgewinns in § 3 Nr. 66 EStG a.F. durch den Gesetzgeber der begehrte Erlass mangels Rechtsgrundlage nicht in Betracht komme. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anerkennung eines steuerfreien Sanierungsgewinns nach dem BMF-Schreiben vom 27.3.2003 komme es somit nicht an.

Die Beteiligten haben den Rechtsstreit nunmehr in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem dem Kläger im Rahmen eines Insolvenzverfahrens Restschuldbefreiung gewährt worden war. Infolgedessen hat der BFH nur noch über die Kosten des Verfahrens entschieden.

Die Gründe:
Da die Erfolgsaussichten der Revision offen waren, hielt der Senat es für sachgerecht, die Verfahrenskosten hälftig zu teilen.

Im Rahmen der im gegenwärtigen Verfahrensstadium gebotenen summarischen Prüfung war es zweifelhaft, ob die Kläger Anspruch auf die begehrte Billigkeitsmaßnahme auf der Grundlage des BMF-Schreibens vom 27.3.2003 gehabt hätten, weil der Erlass den Gewinn aus der Sanierung von Unternehmen im Ergebnis weiterhin unter den materiellen Voraussetzungen des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nach Maßgabe der dazu ergangenen Rechtsprechung steuerfrei stellt. Dies, obwohl der Gesetzgeber diese Steuerbefreiung mit dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 aufgehoben hatte und diese Befreiung nach § 52 Abs. 2i EStG i.d.F. dieses Gesetzes "letztmals auf Erhöhung des Betriebsvermögens anzuwenden war, die in dem Wirtschaftsjahr entstehen, das vor dem 1.1.1997 endet". Diese Frist wurde durch das Gesetz zur Finanzierung eines Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19.12.1997 bis zum 31.12.1997 verlängert.

Ob der Wortlaut des Gesetzes und die Gesetzesbegründung es ausschließen, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns im Sinne der aufgehobenen Vorschrift allein aufgrund der §§ 163, 227 AO als sachlich unbillig anzusehen und von der Besteuerung auszunehmen, wenn wie im Streitfall außer der Tatsache des sanierungsbedingten Verzichts eines Gläubigers nach den tatsächlichen Feststellungen des FG weder besondere sachliche oder persönliche Billigkeitsgründe ersichtlich sind, ist streitig. Jedenfalls ist die Auffassung der Vorinstanz, ein entsprechender Wille des Gesetzgebers zur generellen Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen könne angesichts der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht angenommen werden, bei der im Rahmen der Kostenentscheidung vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht von vornherein abzulehnen. Schließlich hat der Gesetzgeber bislang keine generelle Ersatzregelung für § 3 Nr. 66 EStG a.F. geschaffen, sondern lediglich begrenzt auf Teilbereiche des Steuerrechts eine partielle Sanierungsgewinnbegünstigung eingeführt.

Infolgedessen bleibt die weithin mit Spannung erwartete BFH-Entscheidung, ob die Steuerbarkeit eines Sanierungsgewinns eine sachlich unbillige Härte i.S.d. §§ 163, 227 AO darstellen kann, obwohl der Gesetzgeber die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen aufgehoben hat, weiterhin offen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 14.7.2010, Az.: X R 34/08).

Linkhinweis:

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BFH PM Nr. 32 vom 9.5.2012
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