01.09.2016

Freigebige Zuwendung bei der Übertragung eines Einzelkontos zwischen Eheleuten

Ein Einzelkonto/-depot ist auch bei Eheleuten (anders als beim Gemeinschaftskonto) grundsätzlich allein dem Kontoinhaber zuzurechnen. Überträgt ein Ehegatte den Vermögensstand seines Einzelkontos/-depots unentgeltlich auf das Einzelkonto/-depot des anderen Ehegatten, trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast für Tatsachen, die der Annahme einer freigebigen Zuwendung entgegenstehen. Zu diesen Tatsachen zählen auch solche, die belegen sollen, dass dem bedachten Ehegatten das erhaltene Guthaben bereits vor der Übertragung im Innenverhältnis vollständig oder teilweise zuzurechnen war.

BFH 29.6.2016, II R 41/14
Der Sachverhalt:
Der Ehemann der seit 1983 verheirateten Klägerin eröffnete im Jahr 1984 bei einer Schweizer Bank (B) ein auf ihn allein lautendes Konto und Depot (Einzeldepotkonto). Die Klägerin besaß hierfür eine Vollmacht. Im April/Juni 2005 eröffnete die Klägerin ebenfalls bei B ein auf sie allein lautendes Konto und Depot und erteilte dem Ehemann hierfür Vollmacht. Der Vermögensstand des Einzeldepotkontos wurde vollständig auf das Konto/Depot der Klägerin übertragen.

Das Finanzamt nahm in voller Höhe des übertragenen Vermögensstands eine freigebige Zuwendung des Ehemannes an die Klägerin an. Diese wendete ein, sie sei nur in Höhe der Hälfte des Vermögensstands bereichert, da ihr die andere Hälfte des Vermögensstands schon vor der Übertragung zugestanden habe.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin, die dafür die Feststellungslast trage, nicht nachgewiesen habe, dass sie schon vor der Übertragung zur Hälfte an dem Vermögen berechtigt gewesen sei.

Kann ein entscheidungserheblicher Sachverhalt trotz Ausschöpfung aller zugänglichen und zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten nicht oder nicht vollständig aufgeklärt werden, ist unter Anwendung der Beweislastregeln zu entscheiden, zu wessen Lasten die Unerweislichkeit von maßgeblichen Tatsachen geht. Nach ständiger Rechtsprechung liegt die Feststellungslast für steuerbegründende Tatsachen beim Steuergläubiger, die objektive Beweislast für steuermindernde Tatsachen beim Steuerpflichtigen.

Die Finanzbehörde trägt die Feststellungslast für die Tatsachen, die zur Annahme einer freigebigen Zuwendung erforderlich sind. Demgegenüber trägt der Bedachte die Feststellungslast für die Tatsachen, die der Annahme einer freigebigen Zuwendung entgegenstehen. Gibt es z.B. bei einem Gemeinschaftskonto von Ehegatten (sog. Oder-Konto) hinreichend deutliche objektive Anhaltspunkte dafür, dass beide Ehegatten entsprechend der Auslegungsregel des § 430 BGB zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind, trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Ehegatte berechtigt sein soll.

Ein Einzelkonto/-depot ist auch bei Eheleuten - im Gegensatz zu einem Gemeinschaftskonto - grundsätzlich allein dem Kontoinhaber zuzurechnen. Überträgt ein Ehegatte den Vermögensstand seines Einzelkontos/-depots unentgeltlich auf das Einzelkonto/-depot des anderen Ehegatten, trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast für Tatsachen, die der Annahme einer freigebigen Zuwendung entgegenstehen. Zu diesen Tatsachen zählen auch solche, die belegen sollen, dass dem bedachten Ehegatten das erhaltene Guthaben bereits vor der Übertragung im Innenverhältnis vollständig oder teilweise zuzurechnen war.

Das FG hat vorliegend die Rechtsprechungsgrundsätze zur Verteilung der Feststellungslast zutreffend angewendet. Es war aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens überzeugt, dass der Vermögensstand des Einzeldepotkontos vor April 2005 dem Ehemann als Einzelinhaber des Kontos allein zuzurechnen war, und hat dies ausführlich begründet. Daraus folgerte das FG, dass die Klägerin die Feststellungslast für ihre hälftige Berechtigung am Vermögensstand des Einzeldepotkontos vor April 2005 trug, weil sie behauptete, dass der Ehemann die Hälfte des Vermögensstands seines Kontos für sie lediglich treuhänderisch verwaltet und ihr und ihm nach Absprache während ihrer intakten Ehe das Vermögen auf dem Einzeldepotkonto jeweils zur Hälfte zugestanden habe.

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BFH PM Nr. 56 vom 31.8.2016
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