24.01.2017

Gemischt freigebige Zuwendung einer Kapitalgesellschaft an eine ihrem Gesellschafter nahestehende Person bei Zahlung eines überhöhten Kaufpreises für Aktien

Ausnahmsweise kann der gemeine Wert auch aus einem Verkauf kurz nach dem Bewertungsstichtag abgeleitet werden, wenn die Einigung über den Kaufpreis schon am Bewertungsstichtag herbeigeführt worden war. Bei einer Unausgewogenheit gegenseitiger Verträge reicht regelmäßig das Bewusstsein des einseitig benachteiligten Vertragspartners über den Mehrwert seiner Leistung aus.

FG Düsseldorf 30.11.2016, 4 K 1680/15 Erb
Der Sachverhalt:
Der Bruder des Klägers (A.) war mit Stammeinlagen von insgesamt 94 % des Stammkapitals an der B-GmbH beteiligt. Weitere Gesellschafterin war die Tochter des A. Die B-GmbH war Alleingesellschafterin der C-GmbH und der D-GmbH. Im September 2000 hatte der Kläger mit der B-GmbH einen Treuhandvertrag abgeschlossen, auf Grund dessen diese den vom Kläger erworbenen Geschäftsanteil an der E-GmbH treuhänderisch halten sollte. Im April 2001 wurde die E-GmbH dann in eine AG umgewandelt.

Die C-GmbH und der Kläger vereinbarten im Dezember 2001, dass diese von ihm seine 50.000 Stückaktien der E-AG für einen Kaufpreis von 2 Mio. DM erwerben sollte. In dem Vertrag wurde vereinbart, dass eine Partei innerhalb von acht Wochen nach der Feststellung der Bilanz der E-AG für das Geschäftsjahr 2004 Verhandlungen über eine Neufestsetzung des Kaufpreises verlangen konnte, falls das Ergebnis der E-AG in den Geschäftsjahren 2002 bis 2004 um mehr als 10 % von den bekannten Planungen abweichen sollte.

Die C-GmbH gewährte dem Kläger im März 2003 ohne Sicherheiten ein Darlehen über 700.000 €. In der Folgezeit scheiterte ein geplanter Börsengang der E-AG. Die C-GmbH und der Kläger schlossen deshalb im Dezember 2003 eine Vereinbarung, mit der die C-GmbH von ihrem Recht Gebrauch machte, eine Neufestsetzung des Kaufpreises für die Aktien zu verlangen. Danach sollte der Kaufpreis 700.000 € betragen. Die Entscheidung für die Festsetzung des Kaufpreises hatte der A. getroffen. Die C-GmbH entrichtete den Kaufpreis durch Verrechnung mit der Darlehensrückzahlungsforderung gegenüber dem Kläger zum 1.1.2004.

Ende 2003 verkauften auch andere Aktionäre Aktien der E-AG an die C-GmbH sowie an die D-GmbH. Dabei stellte sich heraus, dass der Kläger beim Verkauf seiner Aktien an die C-GmbH einen Kaufpreis, der 1.400 % des Nennbetrags der Aktien betrug, erzielt hatte. Das Finanzamt erlangte im Februar 2010 Kenntnis von dem Verkauf der Aktien durch den Kläger an die C-GmbH. Es sah in Anbetracht der anderen Verkäufe eine gemischte freigebige Zuwendung der C-GmbH.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage nur zu einem geringen Teil statt. Allerdings wurde gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Der Schenkungsteuerbescheid war gem. §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 2003 weitestgehend rechtmäßig.

Der Kläger hatte von der C-GmbH für die Aktien der E-AG einen Kaufpreis von 700.000 € erhalten, obwohl der gemeine Wert der Aktien Ende 2003 weitaus geringer war. Nach § 11 Abs. 2 S. 2 BewG 1997 ist der gemeine Wert nichtnotierter Anteile an Kapitalgesellschaften in erster Linie aus Verkäufen abzuleiten, die weniger als ein Jahr vor dem Bewertungsstichtag zurückliegen. Grundsätzlich ist zwar Voraussetzung für die Ableitung des gemeinen Werts derartiger Anteile an Kapitalgesellschaften aus Verkäufen, dass es sich nicht um Verkäufe handelt, der erst nach dem maßgebenden Bewertungsstichtag zustande gekommen sind. Ausnahmsweise kann der gemeine Wert jedoch auch aus einem Verkauf kurz nach dem Bewertungsstichtag abgeleitet werden, wenn die Einigung über den Kaufpreis schon am Bewertungsstichtag herbeigeführt worden war. Somit kam es im Streitfall nicht darauf an, ob einer der anderen Kaufverträge über die Aktien möglicherweise erst nach dem 16.12.2003 abgeschlossen worden waren. Sämtliche Verkaufsfälle, die zum Vergleich herangezogen worden waren, fanden nämlich Ende 2003 statt.

Anders als der Kläger meinte, stand der Umstand, dass der Verkauf der Aktien durch ihn an die C-GmbH bei seinem Bruder A. ertragsteuerlich als (mittelbare) verdeckte Gewinnausschüttung behandelt wurde, einer Festsetzung der Schenkungsteuer auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht entgegen. Insbesondere war die Festsetzung der Schenkungsteuer gegen den Kläger nicht deshalb rechtswidrig, weil die Festsetzung der Einkommensteuer gegenüber A. wegen der von den Prüfern angenommenen verdeckten Gewinnausschüttung geändert wurde. Der BFH hat bereits entschieden, dass Zahlungen überhöhter Vergütungen an eine einem Gesellschafter nahestehende Person als gemischte freigebige Zuwendungen der Kapitalgesellschaft angesehen werden können (BFH-Urt. v. 7.11.2007, Az.: II R 28/06).

Die Zuwendung der C-GmbH erfüllte letztlich auch den subjektiven Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Insoweit reicht bei einer Unausgewogenheit gegenseitiger Verträge regelmäßig das Bewusstsein des einseitig benachteiligten Vertragspartners über den Mehrwert seiner Leistung aus. Auf die Kenntnis des genauen Ausmaßes des Wertunterschieds kommt es nicht an.

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