21.12.2017

Geschäftsführerhaftung für Einfuhrumsatzsteuer nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters

Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH beantragt und ein vorläufiger Insolvenzverwalter unter Anordnung eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts bestellt, verbleibt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gleichwohl beim gesetzlichen Vertreter der GmbH. Er wird durch den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht aus seiner Pflichtenstellung verdrängt und hat weiterhin dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln der GmbH entrichtet werden.

BFH 26.9.2017, VII R 40/16
Der Sachverhalt:
Der Kläger war neben einer weiteren Person Geschäftsführer einer GmbH. Diese ließ zwischen dem 1. und dem 25.2.2011 mehrere Einfuhrsendungen zum freien Verkehr abfertigen. Die insoweit mit verschiedenen Abgabenbescheiden festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer war wegen eines der GmbH gewährten laufenden Zahlungsaufschubs am 16.3.2011 fällig.

Am 1.3.2011 beantragte die GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Daraufhin bestellte das AG am 3.3.2011 einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen der GmbH nur mit dessen Zustimmung wirksam seien (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO). Am 1.6.2011 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet.

Da die festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer am Fälligkeitstag mangels Deckung nicht vom angegebenen Konto abgebucht werden konnte und auch sonst keine Zahlung geleistet wurde, nahm das beklagte Hauptzollamt den Kläger - gemeinsam mit dem weiteren Geschäftsführer - mit Haftungsbescheid in Anspruch.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der angefochtene Haftungsbescheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, kann nach § 191 Abs. 1 S. 1 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Nach § 69 S. 1 AO haften die in §§ 34 und 35 AO bezeichneten Personen, soweit (u.a.) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden. Im Streitfall hatte der Kläger als gesetzlicher Vertreter der GmbH gem. § 34 Abs.1 AO deren steuerliche Pflichten zu erfüllen, insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den für die GmbH verwalteten Mitteln entrichtet werden.

Diese Pflicht ist verletzt worden, da die für die Einfuhren der GmbH im Monat Februar 2011 entstandene Einfuhrumsatzsteuer nicht rechtzeitig im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit am 16.3.2011 gezahlt worden ist. Der Pflichtverletzung stand auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht entgegen. Denn wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH beantragt und ein vorläufiger Insolvenzverwalter unter Anordnung eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts bestellt, verbleibt dennoch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim gesetzlichen Vertreter der GmbH. Er wird durch den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht aus seiner Pflichtenstellung verdrängt und hat daher weiterhin dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln der GmbH entrichtet werden.

Ist - wie hier - für Einfuhrabgaben ein laufender Zahlungsaufschub gewährt worden, sind diese am Fälligkeitstag vorrangig ohne Rücksicht auf das Bestehen etwaiger anderer Zahlungsverpflichtungen zu entrichten. In diesem Fall ist daher auf die Haftung des GmbH-Geschäftsführers für die Einfuhrabgaben der sog. Grundsatz der anteiligen Tilgung nicht anzuwenden. Offen bleiben konnte vorliegend, ob bei einem angeordneten Zustimmungsvorbehalt gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO ein Verschulden des GmbH-Geschäftsführers i.S.d. § 69 S. 1 AO zu verneinen ist, wenn er trotz fortbestehender Verfügungsbefugnis und vorhandener finanzieller Mittel die Begleichung der Steuerschuld in einem Fall unterlässt, in dem der vorläufige Insolvenzverwalter die erbetene Einwilligung hierzu versagt und deutlich zu erkennen gibt, eine getroffene Verfügung auch nicht genehmigen zu wollen.

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