03.02.2020

Gestaltungsmissbrauch bei Cum-cum-Geschäften

Bei der Übertragung von Aktien ausländischer Anteilseigner über den Dividendenstichtag im Rahmen sog. Cum-cum-Geschäfte wird den beteiligten inländischen Gesellschaften aufgrund der vertraglichen Gestaltung lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition an den Aktien, eine leere Eigentumshülle, verschafft. Die Geschäfte sind bei einer derartigen Gestaltung von vornherein darauf angelegt, dem ursprünglichen Aktieninhaber die Erträge aus den Aktien im wirtschaftlichen Sinne zukommen zu lassen, mit der Folge, dass der ausländische Aktieninhaber wirtschaftlicher Eigentümer und damit Anteilseigner geblieben ist, dem die Dividendenerträge, die zum Kapitalertragsteuerabzug berechtigen, zuzurechnen sind.

Hessisches FG v. 28.1.2020 - 4 K 890/17
Der Sachverhalt:
Bei den sog. Cum-/cum-Geschäften werden Aktien ausländischer Anteilseigner vor dem Dividendenstichtag an inländische Gesellschaften, zumeist Banken, verkauft oder verliehen und nach dem Dividendenstichtag zurückübertragen. Dies Vorgehen hat das Ziel, die gesetzlich vorgesehene pauschale Versteuerung ausländischer Dividendenerträge zu umgehen. Die klagende inländische Gesellschaft beantragte vorliegend entsprechend Kapitalertragsteuerabzug.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde zugelassen.

Die Gründe:
Bei der Übertragung der Aktien über den Dividendenstichtag ist aufgrund der vertraglichen Gestaltung lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition an den Aktien, eine leere Eigentumshülle, verschafft worden. Die Geschäfte waren von vornherein darauf angelegt, dem ursprünglichen Aktieninhaber die Erträge aus den Aktien im wirtschaftlichen Sinne zukommen zu lassen. Dies hat zur Folge, dass der ausländische Aktieninhaber wirtschaftlicher Eigentümer und damit Anteilseigner geblieben ist, dem die Dividendenerträge, die zum Kapitalertragsteuerabzug berechtigen, zuzurechnen sind. Der klagenden inländischen Gesellschaft war daher mangels wirtschaftlichen Eigentums an den Aktien der beantragte Kapitalertragsteuerabzug zu versagen.

Zur Beseitigung der sonstigen steuerlichen Folgen des gescheiterten Cum-/cum-Gestaltungsmodells für die vertraglichen Vereinbarungen war hier zudem ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO zu bejahen. Nach § 42 AO ist eine Gestaltung rechtsmissbräuchlich, wenn sie - gemessen an dem erstrebten wirtschaftlichen Ziel - einen unangemessenen Weg wählt, der nur einer den Wertungen des Gesetzgebers widersprechenden Steuerminderung dienen soll, ohne dass sonstige beachtliche nichtsteuerliche Gründe für die Gestaltung vorliegen. Die Beurteilung als Gestaltungsmissbrauch führt steuerlich zur Rückabwicklung der Geschäfte.

Hintergrund:
Das FG hat sich weiterhin mit der Frage beschäftigt, ob bei einem Teil der Aktiengeschäfte neben der Verhinderung der Besteuerung der Dividendenerträge durch den ausländischen Anteilseigner mit der Weitergabe der Aktien an eine dritte Gesellschaft im Tausch gegen Zinserträge aus Staatsanleihen die Steuerfreistellung der Dividendenerträge nach § 8b Abs. 1 KStG erreicht und somit die Vorschrift des § 8b Abs. 7 KStG, der eine Besteuerung der Dividendenerträge für Banken und sonstige Finanzinstitute vorsieht, umgangen werden sollte.
Hessisches FG PM vom 30.1.2020
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