26.09.2017

Gewerblicher Grundstückshandel bei einem geplanten Objekt

Auch ein gewerblicher Grundstückshandel setzt Gewinnerzielungsabsicht voraus, welche nachträglich wieder entfallen kann. Wird der Betrieb weder umstrukturiert noch aufgegeben, kommt es zum Strukturwandel zur Liebhaberei.

BFH 5.4.2017, X R 6/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger war als Vermessungsingenieur tätig. Im Jahre 1991 beauftragte eine Gemeinde sein Büro mit der alleinigen Planung und Vermessung bzgl. der Erschließung eines Gewerbegebiets in einem Ballungsgebiet in der ehemaligen DDR. Aufgrund dieser Tätigkeit wurden dem Kläger die Verhältnisse des Gewerbegebiets bekannt. Im Juli 1992 stellte der Kläger einen Bauantrag für ein rd. 2.500 qm großes Grundstück für den geplanten Bau eines Büro- und Boardinghauses. Im gleichen Monat erwarb er das Grundstück für rd. 150.000 € einschließlich der Anschaffungsnebenkosten. In der Folgezeit versuchte der Kläger, das Objekt (das Grundstück sowie das noch zu errichtende Gebäude) zu veräußern.

Im Jahr 1993 bekundete eine Firma Interesse am Erwerb der geplanten Immobilie nach Fertigstellung. Ein vorläufiger Grundstückskaufvertrag sah die Errichtung eines Rohbaus auf dem Grundstück sowie die Veräußerung des gesamten Objekts zu einem Gesamtpreis von 1,8 Mio. DM vor. Ende des Jahres 1994 nahm die Firma jedoch Abstand von dem Kauf. Der Antrag des Klägers auf Erteilung der Baugenehmigung wurde am im Mai 1995 zurückgewiesen. Seither hat der Kläger versucht, das unbebaute Grundstück zu verkaufen oder zu vermieten. Angedachte Projekte, der Bau und Verkauf zum Betrieb einer Tankstelle sowie der Verkauf zum Betrieb eines Outletcenters zerschlugen sich. Trotz Inserierung im Internet wurde das Grundstück bis zu der 2014 stattfindenden mündlichen Verhandlung vor dem FG nicht veräußert.

Seit 1992 machte der Kläger die im Wesentlichen auf Schuldzinsen beruhenden Verluste aus dem Grundstück steuerlich geltend, zunächst als solche aus Vermietung und Verpachtung, später aus Gewerbebetrieb in Gestalt eines gewerblichen Grundstückshandels. Das Finanzamt stufte bis 2003 die Einkünfte, teilweise vorläufig, weiterhin als solche aus Vermietung und Verpachtung ein, folgte für 2004 jedoch mit einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid der wiederum auf gewerbliche Einkünfte lautenden Erklärung des Klägers. In der Steuererklärung für das Jahr 2005 beantragte der Kläger die Anerkennung eines Verlustes aus gewerblichem Grundstückshandel i.H.v. insgesamt rd. 107.000 €. Darin ist ein Betrag i.H.v. rd. 106.800 € für die Teilwertabschreibung des streitgegenständlichen Grundstücks auf einen durch das Gutachten eines Bausachverständigen ermittelten Verkehrswert von 42.000€ enthalten. Das Finanzamt erkannte den Verlust nicht an.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Der Kläger hat im Streitjahr 2005 keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben. Daher war auch kein Verlust aus gewerblichem Grundstückshandel zu berücksichtigen.

Selbst wenn der Kläger einen gewerblichen Grundstückshandel unterhalten haben sollte, wäre in der Folgezeit noch vor dem Streitjahr die Gewinnerzielungsabsicht fortgefallen und der Betrieb im Wege des Strukturwandels zum Liebhabereibetrieb geworden. Allein der Fortfall der Gewinnerzielungsabsicht in einem bestehenden Betrieb bewirkt zwar noch keine Betriebsaufgabe, jedoch einen erfolgsneutralen Strukturwandel vom Gewerbebetrieb zur Liebhaberei. Die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens bleiben sog. "eingefrorenes Betriebsvermögen" und die stillen Reserven werden auf den Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei nach § 8 VO zu § 180 Abs. 2 AO gesondert festgestellt.

Vorliegend war die Gewinnerzielungsabsicht nachträglich entfallen. Nachdem die an dem Grundstück interessierte Firma 1994 das Projekt abgesagt hatte, hatte sich der ursprünglich verfolgte Plan zerschlagen. Spätestens mit diesem Zeitpunkt begann eine kontinuierliche Verlustperiode. Nicht nur verlor das Grundstück selbst bis zum Streitjahr objektiv erheblich an Wert, sondern es erwies sich als unmöglich, ein anderes gewinnbringendes Bebauungs- und Verwertungskonzept zu finden. Der Kläger musste vor einem Misserfolg seines Plans gewarnt sein und sich überlegen, wie er weiter verfahren wollte. Stattdessen hatte er auf die zunehmenden Vermarktungsschwierigkeiten nur unzureichend reagiert und mit dem Unterlassen geeigneter neuer Planungen zu erkennen gegeben, dass die (etwaige) Betriebsführung nicht mehr ernstlich auf eine am Markt erfolgreiche Tätigkeit gerichtet war.

Tatsächlich hatte der Kläger auch innerhalb einer großzügig verstandenen Anlaufzeit von insgesamt 22 Jahren nach dem Ankauf des Grundstücks nichts unternommen, was als geeignete Grundstücksentwicklungsmaßnahme verstanden werden könnte. Zumindest zum Ende der Anlaufzeit hätte er andere Vorstellungen entwickeln müssen, wie er seinen (etwaigen) gewerblichen Grundstückshandel doch noch zum wirtschaftlichen Erfolg führen könnte. Dagegen hatte der Kläger die Angelegenheit im Wesentlichen sich selbst überlassen und mehr auf glückliche Umstände gebaut als konkreten Plänen Gestalt verliehen. Seine Aktivitäten erschöpften sich in einer durch die Realität ersichtlich nicht gedeckten Hoffnung, durch Inserate einen Zufallstreffer zu erzielen.

Das Motiv des Klägers lag offenbar in der Erwartung, dass die Immobilienpreise über einen sehr langen Zeitraum, ggf. auch über mehr als zehn Jahre hinweg, wieder steigen würden. Grundstücksveräußerungen nach einer derartig langen Haltephase sind aber nach der aus § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG erkennbaren Wertung regelmäßig privater Natur. Eine darauf gerichtete Absicht stellt daher keine Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen eines etwaigen gewerblichen Grundstückshandels dar.

Linkhinweis:

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