Grob schuldhaftes Verhalten des Steuerberaters bei vergessener Erklärung eines Verlustes aus der Auflösung einer GmbH?
FG Münster 23.1.2014, 8 K 2198/11 FDer Kläger war bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung 2007 durch die Steuerberatungsgesellschaft M. beraten worden. Diese war auch zuvor im Rahmen der Steuerberatung für die Q-GmbH zuständig. An dieser im Jahr 1988 gegründeten GmbH war der Kläger mit zuletzt 75 % am Stammkapital beteiligt. Die GmbH wurde aufgelöst und der Kläger zum Liquidator bestellt. Die Auflösung wurde im September 1999 in das Handelsregister eingetragen.
Die Liquidation der GmbH wurde im Streitjahr 2007 beendet und ihre Löschung in das Handelsregister eingetragen. Es war ein Auflösungsverlust entstanden. Der Kläger übersandte seinem steuerlichen Berater am 9.3.2009 eine E-Mail, in der er u.a. im Hinblick auf den Veräußerungsverlust wörtlich fragte "Was ist mit Verlust Q ?". Die Erklärung enthielt keine Angaben zu dem Auflösungsverlust.
Nachdem bestandskräftige Bescheide ergangen waren, beantragte der Kläger im Januar 2011 aus der Auflösung der GmbH einen Verlust gem. § 17 EStG, den er mit 209.195 € berechnete, durch Änderung des Verlustfeststellungsbescheides zu berücksichtigen. Er meinte, dieser nachträglich erklärte Verlust sei als neue Tatsache zu berücksichtigen, weil ihn kein grobes Verschulden daran treffe, dass diese neue Tatsache dem Finanzamt erst jetzt bekannt werde. Erst jetzt, bei der Durchsicht der Unterlagen durch seinen Steuerberater sei erkannt worden, dass der Verlust im Jahre 2007 hätte erklärt werden müssen.
Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte es zu Recht abgelehnt, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Einkommensteuer zu ändern und deshalb richtigerweise den vom Kläger nachträglich geltend gemachten Verlust aus der Auflösung der GmbH nicht berücksichtigt. Die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 AO lagen nicht vor.
Allein streitig war das Vorliegen von grobem Verschulden. Zwar wies der Kläger zutreffend darauf hin, dass ihn kein grobes Verschulden daran traf, dass die Tatsache des Auflösungsverlustes dem Finanzamt erst nachträglich bekannt geworden war. Denn nach Auflösung der GmbH in 1999 hatte er fortwährend seinen Steuerberater um Prüfung gebeten, ob im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen der nach seinem Wissen sehr große Auflösungsverlust berücksichtigt werden könnte. Dies galt auch im Hinblick auf das Streitjahr, wie sich aus seiner E-Mail vom 9.3.2009 ergab. Dabei handelte es sich um eine im Einzelfall nicht leicht zu beantwortende steuerrechtliche Frage.
Allerdings traf hier den Steuerberater des Klägers ein grobes Verschulden daran, dass die Tatsache des geltend gemachten Auflösungsverlustes gem. § 17 EStG i.H.v. 209.666 € dem Finanzamt erst nachträglich bekannt geworden waren. Ihm lagen, alle Fakten vor, aus denen sich ergab, dass der entstandene Auflösungsverlust im Jahr 2007 zu erfassen war. Er war im Rahmen der Erstellung der Einkommensteuererklärung 2007 zum Ergebnis gekommen, dass der geltend gemachte Auflösungsverlust im Jahr 2007 zu erfassen war, hatte den Verlust berechnet und beabsichtigte, ihn in den Erklärungsvordruck einzutragen.
Das schlichte Vergessen des Eintragens des bei der Prüfung festgestellten Verlustbetrages in die entsprechende Anlage GSE zur Einkommensteuererklärung ist grundsätzlich - wenn nicht ganz besondere Umstände vorliegen, die den Steuerberater vom Eintragen abgehalten haben könnten - grob fahrlässig. Besondere Umstände wurden vom Kläger nicht benannt und waren auch nicht ersichtlich. Sie ergaben sich insbesondere auch nicht daraus, dass die Erstellung der Einkommensteuererklärung 2007 besonders kompliziert und umfangreich war. Denn es handelte sich vorliegend um eine Einkommensteuererklärung, die weder umfangreich noch rechtlich schwierig war.
Dem Steuerberater hätte spätestens, wenn er - was die erforderliche Sorgfalt geboten hätte - vor Weiterleitung der Einkommensteuererklärung 2007 an seinen Mandanten zwecks Unterschrift die von ihm erstellte Einkommensteuererklärung nochmals auf Fehler bzw. auf fehlende Angaben durchgegangen wäre, erkennen müssen, dass die Eintragung hinsichtlich des Auflösungsverlustes noch fehlte. Entweder hatte der Steuerberater diese interne Kontrolle nicht durchgeführt oder sie so nachlässig vorgenommen, dass sich auch hieraus ein grob fahrlässiges Verhalten ergab.
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