20.03.2020

Grunderwerbsteuerbefreiung für kirchlichen Schulträgerwechsel

Das Prüfungs- und Zeugnisrecht einer staatlich anerkannten Ersatzschule ist öffentlich-rechtlicher Natur. Geht mit der Trägerschaft an einer staatlich anerkannten Ersatzschule auch das Prüfungs- und Zeugnisrecht über, handelt es sich um dem Übergang öffentlich-rechtlicher Aufgaben i.S.d. § 4 Nr. 1 GrEStG.

BFH v. 27.11.2019 - II R 40/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts. E war Träger einer Schule, der durch das Thüringer Kultusministerium im Jahr 2002 die Eigenschaft einer staatlich anerkannten Ersatzschule verliehen worden war. Anlässlich des Zusammenschlusses zweier Kirchen im Jahr 2005 wurde entschieden, die bisherigen Schulträgerschaften statt auf die gemeinsame Kirche auf die neu zu gründende Klägerin übergehen zu lassen.

Nach einer entsprechenden Genehmigung des Ministeriums Ende 2006 wurde die Trägerschaft der Schule mit Wirkung zum 1.1.2007 auf die Klägerin übertragen. Gleichzeitig wurden zwei Grundstücke sowie das Erbbaurecht an einem dritten Grundstück für jeweils 1 € veräußert. Die Klägerin übernahm Rechte und Pflichten in Bezug auf die Liegenschaften.

Das Finanzamt setzte auf Grundlage von gesondert festgestellten Grundbesitzwerten Grunderwerbsteuer fest. Die Klägerin berief sich im Wesentlichen auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 GrEStG. Das FG gab der Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

Gründe:
Der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Vertrag hinsichtlich der Grundstücke war nach § 4 Nr. 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.

Nach § 4 Nr. 1 GrEStG ist von der Besteuerung ausgenommen der Erwerb eines Grundstücks durch eine juristische Person öffentlichen Rechts, wenn das Grundstück aus Anlass des Übergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben oder aus Anlass von Grenzänderungen von der einen auf die andere juristische Person übergeht und nicht überwiegend einem Betrieb gewerblicher Art dient. Im Streitfall erfolgte der Erwerb jedoch auch aus Anlass des Übergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben. Ein solcher Übergang liegt vor, wenn die übernehmende juristische Person des öffentlichen Rechts eben die Funktionen wahrnimmt, welche bisher die übergebende juristische Person wahrgenommen hat.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ThürSchfTG sind Ersatzschulen solche Schulen in freier Trägerschaft, die in ihren Bildungs- und Erziehungszielen den staatlichen Schulen entsprechen, die in Thüringen bestehen oder grundsätzlich vorgesehen sind. Sie bedürfen nach § 4 Abs. 2 ThürSchfTG der Genehmigung. Diese verleiht der Schule nicht nur gem. § 4 Abs. 3 Satz 1 ThürSchfTG das Recht, Schüler zur Erfüllung ihrer Schulpflicht aufzunehmen. Bietet sie außerdem die Gewähr dafür, dauernd die Genehmigungsvoraussetzungen zu erfüllen, kann ihr nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ThürSchfTG auf Antrag die Eigenschaft einer staatlich anerkannten Ersatzschule verliehen werden.

Mit der Anerkennung erhält nach § 10 Abs. 3 ThürSchfTG die Ersatzschule das Recht, nach den für die entsprechenden staatlichen Schulen geltenden Vorschriften und unter einem durch das staatliche Schulamt bestellten Vorsitzenden der Prüfungskommission Prüfungen abzuhalten und Zeugnisse zu erteilen, die die gleichen Berechtigungen verleihen wie die der staatlichen Schulen. Dieses Recht ist jedenfalls im vorliegenden Kontext mangels Rechtsträgereigenschaft der Schule trotz der schulbezogenen Formulierung des § 10 ThürSchfTG dem Schulträger zuzurechnen. Folgerichtig erlischt nach § 6 Abs. 3 ThürSchfTG die Genehmigung der Ersatzschule im Falle des Trägerwechsels, wenn nicht der Trägerwechsel zuvor ausdrücklich genehmigt wurde.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund waren die Grundstücke in Rede stehenden Grundstücke sowie ein Erbbaurecht aus Anlass des Übergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben von der einen auf die andere juristische Person übergegangen. Die Grundstücksgeschäfte beruhten auf dem durchgeführten Übergang der Schulträgerschaft und dem damit verbundenen Übergang des mit hoheitlichem Charakter ausgestatteten Prüfungs- und Zeugnisrechts.
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