29.02.2016

Haftung des Bundeslandes für Urheberrechtsverletzung durch Lehrer

Ein Lehrer, der für das Fachangebot einer Schule im Internet wirbt, handelt in Ausübung eines öffentlichen Amtes. Verletzt er mit einer solchen Werbung u.a. Urheberrechte Dritter, ist das jeweilige Land als Anstellungskörperschaft passivlegitimiert. Dabei geht die als hoheitlich einzuordnende Tätigkeit von Lehrkräften der Schulverwaltung über den eigentlichen Lehrbetrieb hinaus und umfasst den gesamten Schulbetrieb.

OLG Celle 9.11.2015, 13 U 95/15
Der Sachverhalt:
Ein Gymnasium hatte auf seinen Internetseiten u.a. mit einem von dem Kläger gefertigten Lichtbild für sein Fremdsprachenprogramm geworben. Infolgedessen machte der Kläger Schadensersatzansprüche im Wege der Lizenzanalogie gegen das beklagte Land geltend.

Das LG gab der Klage statt. Die Berufung des Landes blieb vor dem OLG erfolglos.

Die Gründe:
Die widerrechtliche und schuldhafte Verletzung der Urheberrechte des Klägers nach §§ 13, 15, 72 UrhG durch den Schulleiter des Gymnasiums oder durch eine von diesem beauftragte Lehrkraft stand außer Streit. Das LG hatte aber vor allem zutreffend erkannt, dass das beklagte Land nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG passivlegitimiert ist.

Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten nach § 839 Abs. 1 S. 1 BGB den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Dabei trifft die Verantwortlichkeit nach Art. 34 S. 1 GG grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Diensten er steht, wenn er die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes verletzt. Dieser Anspruchsübergang erfasst auch den urheberrechtlichen Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG.

Ob ein bestimmtes Verhalten einer Person als Ausübung eines öffentlichen Amtes anzusehen ist, bestimmt sich laut BGH-Rechtsprechung danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn die Person tätig wurde, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist, und ob bejahendenfalls zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls noch als dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss.

Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Werbung für ein Fremdsprachenangebot der Schule weder eine Lehrtätigkeit als solche darstellte, die den Kernbereich des hoheitlichen Schulbetriebs darstellt, noch vergleichbar eng mit dieser Lehrtätigkeit verbunden war. Dennoch besteht der erforderliche enge Zusammenhang. Denn die als hoheitlich einzuordnende Tätigkeit von Lehrkräften und Beamten der Schulverwaltung geht über den eigentlichen Lehrbetrieb hinaus und umfasst den gesamten Schulbetrieb. Insofern stellt die Bewerbung eines Fremdsprachenangebots sowohl formal als auch materiell Teil des Schulbetriebes dar.

Auch dass der Schulleiter nach § 111 Abs. 2 S. 1 NSchG u.a. die Aufsicht über die Schulanlage im Auftrag des Schulträgers ausübt, führt nicht dazu, dass der Schulträger anstelle des Landes passivlegitimiert wäre. Dabei kann offen bleiben, ob der Internetauftritt Teil der "Schulanlage" i.S.d. § 111 Abs. 2 S. 1 NSchG ist, wofür allerdings einiges spricht. Grundsätzlich haftet für Amtspflichtverletzungen die Körperschaft, die den betreffenden Amtsträger angestellt und ihm damit die Möglichkeit zur Amtsausübung eröffnet hat, wobei grundsätzlich unbeachtlich bleibt, ob auch die konkrete Aufgabe, bei deren Erfüllung die Amtspflichtverletzung begangen wurde, in den Aufgabenkreis der Anstellungskörperschaft fällt. Nur in den Fällen, in denen eine Anknüpfung an die Anstellung versagt, kommt es darauf an, welche Körperschaft dem Handelnden die konkrete Aufgabe, bei deren Erfüllung er pflichtwidrig gehandelt hat, anvertraut hat.

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