Haftung für überhöht bescheinigte Einlagenrückgewähr
Kurzbesprechung
BFH v. 1.10.2024 - VIII R 35/20
KStG § 27 Abs 1 S 3, KStG § 27 Abs 3, KStG § 27 Abs 5 S 4, KStG § 27 Abs 5 S 5, EStG § 44 Abs 5 S 1, AO § 167 Abs 1 S 1 Alt 2, AO § 119 Abs 1, SEStEG , KStG § 34 Abs 1, GG Art 20 Abs 3, AO § 155 Abs 1
Nach § 27 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 1 KStG ist die auf einen in der Bescheinigung gemäß § 27 Abs. 3 KStG überhöht ausgewiesenen Betrag der Einlagenrückgewähr entfallende Kapitalertragsteuer durch Haftungsbescheid geltend zu machen. Streitig war im Revisionsverfahren, ob das FA die Kapitalertragsteuer durch Haftungsbescheid geltend machen muss und ob der angefochtene Bescheid ein Haftungsbescheid ist.
Im Streitfall stand fest, dass die Steuerpflichtige die Einlagenrückgewähr in den ihren Gesellschaftern erteilten Bescheinigungen gemäß § 27 Abs. 3 KStG überhöht ausgewiesen hatte. Soweit in den Bescheinigungen gemäß § 27 Abs. 3 KStG die Einlagenrückgewähr zu hoch ausgewiesen ist, handelt es sich (materiell-rechtlich) bei der Ausschüttung um eine beim Anteilseigner steuerbare Gewinnausschüttung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG. Die Steuerpflichtige haftet nach § 27 Abs. 5 Satz 4 KStG verschuldensunabhängig für die Kapitalertragsteuer, soweit sie auf die überhöht ausgewiesene Einlagenrückgewähr entfällt.
Von der verschuldensunabhängigen Haftung nach § 27 Abs. 5 Satz 4 KStG wegen Erteilung einer zu hohen Bescheinigung der Einlagenrückgewähr gemäß § 27 Abs. 3 KStG kann sich die ausstellende Kapitalgesellschaft nur dadurch befreien, dass sie die Bescheinigungen berichtigt. Die Kapitalgesellschaft hat die (noch nicht angemeldete) Kapitalertragsteuer anzumelden und abzuführen. Auf der Grundlage berichtigter Bescheinigungen kann die Kapitalertragsteuer gegebenenfalls auch von den Gläubigern der Kapitalerträge nachgefordert werden.
Im Streitfall hatte die Steuerpflichtige die Bescheinigungen nicht berichtigt. Die auf den überhöht ausgewiesenen Betrag der Einlagenrückgewähr entfallende Kapitalertragsteuer ist daher durch Haftungsbescheid geltend zu machen (§ 27 Abs. 5 Satz 4 KStG), wobei nur der Erlass eines Haftungsbescheids dem Gesetz entspricht. § 27 Abs. 5 Satz 4 KStG überlagert und verdrängt als speziellere Norm in ihrem Anwendungsbereich die allgemeinen Vorschriften in § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG und § 167 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 AO. Die verfahrensrechtliche Wahlmöglichkeit der Finanzbehörde aus § 167 Abs. 1 Satz 1 AO entfällt aber im Anwendungsbereich von § 27 Abs. 5 Satz 4 KStG. Denn die Vorschrift ordnet für die dort geregelten Fälle ausdrücklich und zwingend an, dass die Kapitalertragsteuer durch Haftungsbescheid geltend gemacht werden muss, soweit sie auf den überhöht ausgewiesenen Betrag der Einlagenrückgewähr entfällt. Die verfahrensrechtliche Möglichkeit, die Kapitalgesellschaft daneben durch Nacherhebungsbescheid in Anspruch zu nehmen, besteht nicht.
Im Streitfall hatte das FA die Steuerpflichtige nicht durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen. Denn der erlassende Bescheid lässt weder in seiner Überschrift noch im verfügenden Teil erkennen, dass die Steuerpflichtige als Haftende in Anspruch genommen werden sollte. Der in der Überschrift als "Nachforderungsbescheid" bezeichnete Bescheid (gemeint: Nacherhebungsbescheid) setzt im verfügenden Teil unter anderem die Kapitalertragsteuer fest. Verfahrensrechtlich wird zur Begründung ausdrücklich auf "§ 155 Abs. 1 AO in Verbindung mit § 167 Abs. 1 AO" verwiesen. Der Bescheid ist danach eindeutig ein Nacherhebungsbescheid.
Verlag Dr. Otto Schmidt
KStG § 27 Abs 1 S 3, KStG § 27 Abs 3, KStG § 27 Abs 5 S 4, KStG § 27 Abs 5 S 5, EStG § 44 Abs 5 S 1, AO § 167 Abs 1 S 1 Alt 2, AO § 119 Abs 1, SEStEG , KStG § 34 Abs 1, GG Art 20 Abs 3, AO § 155 Abs 1
Nach § 27 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 1 KStG ist die auf einen in der Bescheinigung gemäß § 27 Abs. 3 KStG überhöht ausgewiesenen Betrag der Einlagenrückgewähr entfallende Kapitalertragsteuer durch Haftungsbescheid geltend zu machen. Streitig war im Revisionsverfahren, ob das FA die Kapitalertragsteuer durch Haftungsbescheid geltend machen muss und ob der angefochtene Bescheid ein Haftungsbescheid ist.
Im Streitfall stand fest, dass die Steuerpflichtige die Einlagenrückgewähr in den ihren Gesellschaftern erteilten Bescheinigungen gemäß § 27 Abs. 3 KStG überhöht ausgewiesen hatte. Soweit in den Bescheinigungen gemäß § 27 Abs. 3 KStG die Einlagenrückgewähr zu hoch ausgewiesen ist, handelt es sich (materiell-rechtlich) bei der Ausschüttung um eine beim Anteilseigner steuerbare Gewinnausschüttung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG. Die Steuerpflichtige haftet nach § 27 Abs. 5 Satz 4 KStG verschuldensunabhängig für die Kapitalertragsteuer, soweit sie auf die überhöht ausgewiesene Einlagenrückgewähr entfällt.
Von der verschuldensunabhängigen Haftung nach § 27 Abs. 5 Satz 4 KStG wegen Erteilung einer zu hohen Bescheinigung der Einlagenrückgewähr gemäß § 27 Abs. 3 KStG kann sich die ausstellende Kapitalgesellschaft nur dadurch befreien, dass sie die Bescheinigungen berichtigt. Die Kapitalgesellschaft hat die (noch nicht angemeldete) Kapitalertragsteuer anzumelden und abzuführen. Auf der Grundlage berichtigter Bescheinigungen kann die Kapitalertragsteuer gegebenenfalls auch von den Gläubigern der Kapitalerträge nachgefordert werden.
Im Streitfall hatte die Steuerpflichtige die Bescheinigungen nicht berichtigt. Die auf den überhöht ausgewiesenen Betrag der Einlagenrückgewähr entfallende Kapitalertragsteuer ist daher durch Haftungsbescheid geltend zu machen (§ 27 Abs. 5 Satz 4 KStG), wobei nur der Erlass eines Haftungsbescheids dem Gesetz entspricht. § 27 Abs. 5 Satz 4 KStG überlagert und verdrängt als speziellere Norm in ihrem Anwendungsbereich die allgemeinen Vorschriften in § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG und § 167 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 AO. Die verfahrensrechtliche Wahlmöglichkeit der Finanzbehörde aus § 167 Abs. 1 Satz 1 AO entfällt aber im Anwendungsbereich von § 27 Abs. 5 Satz 4 KStG. Denn die Vorschrift ordnet für die dort geregelten Fälle ausdrücklich und zwingend an, dass die Kapitalertragsteuer durch Haftungsbescheid geltend gemacht werden muss, soweit sie auf den überhöht ausgewiesenen Betrag der Einlagenrückgewähr entfällt. Die verfahrensrechtliche Möglichkeit, die Kapitalgesellschaft daneben durch Nacherhebungsbescheid in Anspruch zu nehmen, besteht nicht.
Im Streitfall hatte das FA die Steuerpflichtige nicht durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen. Denn der erlassende Bescheid lässt weder in seiner Überschrift noch im verfügenden Teil erkennen, dass die Steuerpflichtige als Haftende in Anspruch genommen werden sollte. Der in der Überschrift als "Nachforderungsbescheid" bezeichnete Bescheid (gemeint: Nacherhebungsbescheid) setzt im verfügenden Teil unter anderem die Kapitalertragsteuer fest. Verfahrensrechtlich wird zur Begründung ausdrücklich auf "§ 155 Abs. 1 AO in Verbindung mit § 167 Abs. 1 AO" verwiesen. Der Bescheid ist danach eindeutig ein Nacherhebungsbescheid.