Handwerkskammer hat keinen öffentlichen Haushalt
FG Münster 21.9.2016, 7 K 990/12Der Kläger ist Angestellter bei der beigeladenen Handwerkskammer. Diese hatte ihm und seiner Ehefrau im Jahr 1999 ein Darlehen für die Finanzierung eines Eigenheims für 0,5% Zinsen pro Jahr gewährt. Vergleichbare Darlehensverträge hatte die Beigeladene damals auch mit anderen Arbeitnehmern abgeschlossen.
Das Finanzamt erließ daraufhin gegenüber der Beigeladenen einen Haftungsbescheid für Lohnsteuerbeträge aus den zinsgünstigen Wohnbaudarlehen des Klägers und anderer Arbeitnehmer. Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, dass der Zinsvorteil unter die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 58 EStG falle. Eine Handwerkskammer habe nämlich - ebenso wie ein Sozialversicherungsträger - einen öffentlichen Haushalt.
Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Der Kläger als Steuerschuldner konnte sich im vorliegenden Fall zulässigerweise gegen den an die Beigeladene gerichteten Lohnsteuer-Haftungsbescheid wenden. Der Arbeitnehmer kann auch den gegen den Arbeitgeber gerichteten Haftungsbescheid anfechten, wenn er persönlich für die nachgeforderte Steuer in Anspruch genommen werden kann. Mangels Bekanntgabe des Haftungsbescheides an den Kläger war die Anfechtung auch noch nach Ablauf der Einspruchsfrist möglich.
Das Finanzamt hatte die Beigeladene jedoch zu Recht im Umfang der Zinsvergünstigung in Anspruch genommen, da es sich hierbei um steuerpflichtigen Arbeitslohn handelte. § 3 Nr. 58 EStG konnte nicht eingreifen, da eine Handwerkskammer keinen öffentlichen Haushalt unterhält. Hierunter fallen vielmehr nur durch Steuern finanzierte Haushalte des Bundes, der Länder und d er Gemeinden.
Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Norm, da die staatlichen Leistungen ansonsten um die zu erwartende Steuer zu erhöhen wären. Der Senat folgte dabei nicht der in den LStR niedergelegten Verwaltungsauffassung, wonach auch Sozialversicherungsträger öffentliche Haushalte unterhielten. Somit kam es auch nicht auf eine Vergleichbarkeit der beiden öffentlich-rechtlichen Körperschaften an.
Die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 58 EStG fand auf den Kläger zudem auch deshalb keine Anwendung, weil er die in den dort genannten Fördergesetzen (hier: WoFG) enthaltenen Einkommensgrenzen deutlich überschritten hatte. Gem. § 9 des WoFG beträgt die Einkommensgrenze für einen Zweipersonenhaushalt 18.000 € pro Jahr, für jedes zum Haushalt rechnende Kind erhöht sich die Grenze um 500 €.
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