Häusliches Arbeitszimmer eines Fachseminarleiters ist nicht der Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit
FG Hamburg 10.6.2014, 3 K 239/13Der Kläger ist von Beruf Lehrer. Im Streitjahr 2011 war er, wie auch in den Vorjahren, vor allem als Fachseminarleiter am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung tätig. Der Stellenanteil betrug 50 bis 75 %. Außerdem bildete der Kläger Lehramtsreferendare aus, leitete hierfür durchschnittlich für drei Wochenstunden Seminare am Landesinstitut, hospitierte im Unterricht der Referendare an den jeweiligen Schulen, führte im Anschluss an die Seminare Beratungsgespräche gelegentlich auch bei sich zu Hause durch und nahm Prüfungen im Zweiten Staatsexamen ab. Daneben unterrichtete er bis Mitte 2011 als Lehrer an einer Stadtteilschule und entwickelte Aufgaben für Abitur- und andere Prüfungen.
Der Kläger nutzte in seiner Wohnung ein Zimmer für seine berufliche Tätigkeit. Ein anderer Arbeitsplatz stand ihm hierfür nicht zur Verfügung. In der Folgezeit stritt der Kläger mit dem Finanzamt, ob die Voraussetzungen für einen unbeschränkten Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit eines hauptsächlich als Fachseminarleiter tätigen Lehrers vorliegen. Die Finanzbehörde erkannte die Aufwendungen für das Arbeitszimmer lediglich i.H.v. 1.250 € an.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht keinen unbeschränkten Abzug der Aufwendungen des Klägers für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten gewährt, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Klägers bildete.
Bei einem Lehrer ist das häusliche Arbeitszimmer nicht der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit, weil er die für seinen Beruf wesentlichen und prägenden Leistungen regelmäßig in der Schule erbringt. Auch bei einem Hochschullehrer liegt der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit grundsätzlich nicht im häuslichen Arbeitszimmer, denn das Wesensmäßige der Hochschullehrertätigkeit, nämlich die Lehre, muss in der Universität stattfinden. Nach Auffassung des FG Köln liegt auch bei Fachseminarleitern der prägende Tätigkeitsschwerpunkt außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers, nämlich im Studienseminar, bei den Unterrichtsbesuchen und bei der Prüfungstätigkeit vor Ort (Urt. v. 17.4.2013, Az.: 4 K 1778/10). In diesen Fällen, in denen die das Berufsbild prägende Tätigkeit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers stattfindet, kann auch eine zeitlich weit überwiegende Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers keine Verlagerung des Mittelpunkts bewirken.
Der Kläger war im Streitjahr schwerpunktmäßig, nämlich mit einem Stellenanteil von 50 bis 75 %, im Bereich der Ausbildung und Prüfung der Lehramtsreferendare tätig und daneben bis Juli 2011 mit einem Stellenanteil von 32 bzw. 20 % als Lehrer an einer Schule. Die weiteren Tätigkeiten - wie etwa die Entwicklung von Prüfungsaufgaben - mit Stellenanteilen von zusammen unter 20 % fielen demgegenüber nicht wesentlich ins Gewicht. Auch die Tatsache, dass der Kläger die Seminarveranstaltungen im Arbeitszimmer vorbereitete, dort Fachliteratur studierte, Gutachten zu schriftlichen Hausarbeiten erstellte und Korrespondenz erledigte, fiel in qualitativer Hinsicht nicht ins Gewicht.
Diese Tätigkeiten mochten unerlässlich sein, dienten aber dennoch lediglich der Vor- und Nachbereitung der prägenden (Ausbildungs- und Prüfungs-) Tätigkeit. Insofern ergab sich kein wesentlicher Unterschied zur Tätigkeit eines Hochschullehrers, der seine Lehrveranstaltungen ebenfalls im häuslichen Arbeitszimmer vorbereitet und dort auch die schriftlichen Arbeiten der Studenten korrigiert und bewertet.
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