21.06.2017

Hauswasseranschlussleistung und Wasserbereitstellung müssen nicht durch denselben Unternehmer erfolgen

Für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage 2 muss die Hauswasseranschlussleistung und die Wasserbereitstellung nicht durch ein und denselben Unternehmer erfolgen. Die entgegenstehende Verwaltungsauffassung von BMF-Schreiben vom 7.4.2009 (IV B 8 - S 7100/07/10024 - BStBl I 2009, 531) ist unzutreffend.

FG Berlin-Brandenburg 4.4.2017, 2 K 2309/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Tiefbau-Unternehmerin und wurde 1992 gegründet. Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Zeiträume 2009 bis 2012 wurde u.a. festgestellt, dass ab 2009 unter sonstigen Einnahmen (7 %) Erlöse mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz erfasst worden waren. Hierbei handelte es sich um Umsätze aus Leistungen für die Herstellung von Trinkwasseranschlüssen.

Wie sich aus den Unterlagen ergab, hatte die Klägerin die Trinkwasseranschlüsse als Verbindungen vom öffentlichen Trinkwassernetz zum jeweiligen Gebäudebereich errichtet. Für die Herstellung der Trinkwasseranschlüsse stellte sie den Auftraggebern Rechnungen unter Ausweis einer Umsatzsteuer von 7 %. Das Finanzamt war der Ansicht, dass es sich insoweit um Leistungen zum vollen Steuersatz handele, da es sich bei der Klägerin um ein Bauunternehmen handele. Er rechnete die von der Klägerin angemeldeten Umsätze zu 7 % in zu 19 % steuerpflichtige Umsätze um und unterwarf sie insoweit der Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zugelassen.

Die Gründe:
Die angefochtenen Steuerbescheide waren rechtswidrig.

Die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG für die "Lieferungen von Wasser" steht im Einklang mit Art. 12 Abs. 3a i.V.m. Anhang H Kategorie 2 der Richtlinie 77/388/EWG - Sechste EG-Richtlinie - bzw. nunmehr Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Nr. 2 MwStSystRl, wonach "Lieferungen von Wasser" mit einem ermäßigten Steuersatz besteuert werden dürfen. Der EuGH hat entschieden (Urt. v. 3.4.2008, C-442/05), dass Art. 12 Abs. 3a und Anhang H Kategorie 2 der Sechsten EG-Richtlinie dahin auszulegen sind, dass unter den Begriff "Lieferungen von Wasser" auch das Legen eines Hausanschlusses fällt, das wie im Streitfall in der Verlegung einer Leitung besteht, die die Verbindung des Wasserverteilungsnetzes mit der Wasseranlage eines Grundstücks ermöglicht.

Der EuGH verwendete zur Begründung seiner Entscheidung nicht Begriffe wie "Hauptleistung" oder "unselbständige Nebenleistung", sondern subsumiert das Legen des Hausanschlusses als solches unter den Begriff "Lieferungen von Wasser". Da sich der nationale Gesetzgeber in § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG ebenfalls auf "Lieferungen von Wasser" bezieht und dieser Begriff gemeinschaftsrechtlich ausgelegt werden muss, fällt das Legen eines Hausanschlusses somit unter den Begriff "Lieferungen von Wasser" i.S.d. Vorschrift, sodass auf diese Leistung der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist. Das Legen von Hausanschlüssen fällt damit ohne weiteres unter den Begriff "Lieferungen von Wasser", wie er von § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage zum UStG für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes vorausgesetzt wird, und zwar gleichgültig, von wem und an wen diese Lieferung von Wasser erfolgt.

Allerdings wurde angesichts der Abweichung der Entscheidung vom BMF-Schreiben vom 7.4.2009 (IV B 8 - S 7100/07/10024 - BStBl I 2009, 531) und 12.1 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 UStAE nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum zugelassen.

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