Heilung eines "fehlerhaften" Gewinnabführungsvertrages
Kurzbesprechung
BFH v. 3.5.2023 - I R 7/20
KStG § 14, § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 17 Abs. 2, § 34 Abs. 10b Satz 2, § 34 Abs. 10b Satz 3
AktG § 302 Abs. 4 §§ 14ff.
GG Art. 20 Abs. 3
Im Streitfall waren in sämtlichen Streitjahren die Voraussetzungen für eine steuerrechtliche Anerkennung einer Organschaft nicht erfüllt, weil im Ergebnisabführungsvertrag (EAV) entgegen § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG i.d.F. vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl I 2013, 285, BStBl I 2013, 188) eine Verlustübernahme nicht entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG vereinbart worden war. Denn der EAV enthielt keine Verjährungsregelung, die der im Dezember 2004 eingeführten Verjährungsvorschrift des § 302 Abs. 4 AktG entsprochen hat.
Der Gesetzgeber hat mit Gesetz v. 20.2.2013 (BGBl I 2013, 285) in § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG das zwingende Erfordernis ("weitere Voraussetzung ist ...") eines "dynamischen" Verweises auf § 302 AktG verankert. Zugleich hat er in § 34 Abs. 10b KStG in der Fassung dieses Gesetzes Übergangsregelungen getroffen, die in allen offenen Verfahren anzuwenden sind und die dauerhaft fortgelten. Danach steht es der Anwendung der §§ 14 bis 16 KStG für Veranlagungszeiträume, die vor dem 1.1.2015 enden, nicht entgegen, wenn der Gewinnabführungsvertrag (GAV), der vor dem 21.2.2013 abgeschlossen wurde, keinen den Anforderungen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung vom 15.10.2002 (BGBl I 2002, 4144) entsprechenden Verweis auf § 302 AktG enthält, wenn eine Verlustübernahme entsprechend § 302 AktG tatsächlich erfolgt ist und eine Verlustübernahme entsprechend § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG i.d.F. des Gesetzes vom 20.2.2013 (als "dynamischer" Verweis auf § 302 AktG) bis zum Ablauf des 31.12.2014 wirksam vereinbart wird (§ 34 Abs. 10b Satz 2 KStG n.F.). Nach Satz 3 des § 34 Abs. 10b KStG n.F. ist für die Anwendung des Satzes 2 die Vereinbarung einer Verlustübernahme entsprechend § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG i.d.F. des Gesetzes vom 20.2.2013 nicht erforderlich, wenn die steuerrechtliche Organschaft vor dem 1.1.2015 beendet wurde.
Mit § 34 Abs. 10b Satz 2 KStG n.F. hat der Gesetzgeber eine Vorschrift geschaffen, die es ermöglicht, einen GAV, der bislang keine ausreichende Vereinbarung entsprechend § 302 AktG enthielt und in diesem Sinne für die Rechtsfrage der steuerrechtlichen Anerkennung fehlerhaft war, durch Aufnahme eines "dynamischen" Verweises rückwirkend zu heilen. Eine solche Vertragsänderung ist allerdings nach § 34 Abs. 10b Satz 3 KStG n.F. entbehrlich, wenn die Organschaft vor dem 1.1.2015 beendet wird.
Im Streitfall wurde der EAV zum 31.5.2012 wirksam gekündigt und die Organschaft dadurch beendet. Denn die Heilungswirkung tritt dann nicht ein, wenn der Steuerpflichtige vergleichbar mit der nach außen erkennbaren Änderung des GAV durch eine nach außen erkennbare Handlung den Willen äußert, eine Heilung nicht herbeiführen zu wollen.
Eine solche Handlung war im Streitfall spätestens in der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen die vom FA vollzogene Organschaftsbesteuerung zu erblicken. Hierbei genügt es, dass sich die Steuerpflichtige als vermeintliche Organträgerin gegen die Heilung ausgesprochen hatte. Denn im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 10b Satz 2 KStG n.F. als dem Grundtatbestand der Heilung hängt es ebenfalls allein vom Willen des Organträgers ab, ob die erforderliche Änderung des GAV zustande kommt oder nicht.
Verlag Dr. Otto Schmidt
KStG § 14, § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 17 Abs. 2, § 34 Abs. 10b Satz 2, § 34 Abs. 10b Satz 3
AktG § 302 Abs. 4 §§ 14ff.
GG Art. 20 Abs. 3
Im Streitfall waren in sämtlichen Streitjahren die Voraussetzungen für eine steuerrechtliche Anerkennung einer Organschaft nicht erfüllt, weil im Ergebnisabführungsvertrag (EAV) entgegen § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG i.d.F. vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl I 2013, 285, BStBl I 2013, 188) eine Verlustübernahme nicht entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG vereinbart worden war. Denn der EAV enthielt keine Verjährungsregelung, die der im Dezember 2004 eingeführten Verjährungsvorschrift des § 302 Abs. 4 AktG entsprochen hat.
Der Gesetzgeber hat mit Gesetz v. 20.2.2013 (BGBl I 2013, 285) in § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG das zwingende Erfordernis ("weitere Voraussetzung ist ...") eines "dynamischen" Verweises auf § 302 AktG verankert. Zugleich hat er in § 34 Abs. 10b KStG in der Fassung dieses Gesetzes Übergangsregelungen getroffen, die in allen offenen Verfahren anzuwenden sind und die dauerhaft fortgelten. Danach steht es der Anwendung der §§ 14 bis 16 KStG für Veranlagungszeiträume, die vor dem 1.1.2015 enden, nicht entgegen, wenn der Gewinnabführungsvertrag (GAV), der vor dem 21.2.2013 abgeschlossen wurde, keinen den Anforderungen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung vom 15.10.2002 (BGBl I 2002, 4144) entsprechenden Verweis auf § 302 AktG enthält, wenn eine Verlustübernahme entsprechend § 302 AktG tatsächlich erfolgt ist und eine Verlustübernahme entsprechend § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG i.d.F. des Gesetzes vom 20.2.2013 (als "dynamischer" Verweis auf § 302 AktG) bis zum Ablauf des 31.12.2014 wirksam vereinbart wird (§ 34 Abs. 10b Satz 2 KStG n.F.). Nach Satz 3 des § 34 Abs. 10b KStG n.F. ist für die Anwendung des Satzes 2 die Vereinbarung einer Verlustübernahme entsprechend § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG i.d.F. des Gesetzes vom 20.2.2013 nicht erforderlich, wenn die steuerrechtliche Organschaft vor dem 1.1.2015 beendet wurde.
Mit § 34 Abs. 10b Satz 2 KStG n.F. hat der Gesetzgeber eine Vorschrift geschaffen, die es ermöglicht, einen GAV, der bislang keine ausreichende Vereinbarung entsprechend § 302 AktG enthielt und in diesem Sinne für die Rechtsfrage der steuerrechtlichen Anerkennung fehlerhaft war, durch Aufnahme eines "dynamischen" Verweises rückwirkend zu heilen. Eine solche Vertragsänderung ist allerdings nach § 34 Abs. 10b Satz 3 KStG n.F. entbehrlich, wenn die Organschaft vor dem 1.1.2015 beendet wird.
Im Streitfall wurde der EAV zum 31.5.2012 wirksam gekündigt und die Organschaft dadurch beendet. Denn die Heilungswirkung tritt dann nicht ein, wenn der Steuerpflichtige vergleichbar mit der nach außen erkennbaren Änderung des GAV durch eine nach außen erkennbare Handlung den Willen äußert, eine Heilung nicht herbeiführen zu wollen.
Eine solche Handlung war im Streitfall spätestens in der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen die vom FA vollzogene Organschaftsbesteuerung zu erblicken. Hierbei genügt es, dass sich die Steuerpflichtige als vermeintliche Organträgerin gegen die Heilung ausgesprochen hatte. Denn im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 10b Satz 2 KStG n.F. als dem Grundtatbestand der Heilung hängt es ebenfalls allein vom Willen des Organträgers ab, ob die erforderliche Änderung des GAV zustande kommt oder nicht.