Hemmung der Feststellungsverjährung bei Prüfung eines Gesamtobjekts
BFH 16.6.2015, IX R 51/14Die Kläger hatte 2002 für 259.695 € eine Wohnung in einem denkmalgeschützten Haus von einer GmbH & Co. KG erworben. Von den Anschaffungskosten entfielen nach dem notariellen Kaufvertrag 25.532 € auf den Grund und Boden, 27.177 € auf die Altbausubstanz und 206.985 EUR auf nach dem Kaufvertragsabschluss durchzuführende Modernisierungs- und Baumaßnahmen. Im Februar 2005 gab die GmbH & Co. KG eine Erklärung für die gesonderte und einheitliche Feststellung mit diesen Zahlenangaben beim Finanzamt ab. Die Kläger erhielten vom Regierungspräsidium eine Bescheinigung zur Geltendmachung steuerlicher Vorteile gem. §§ 7i, 10f und 11b EStG, nach der die Aufwendungen für Sanierungsarbeiten mit 203.626 € festgestellt wurden. Sie erklärten die entsprechenden Beträge in ihren Einkommensteuererklärungen ab 2003 beim für sie örtlich zuständigen Finanzamt.
Nach einer Außenprüfung bei der GmbH & Co. KG im Oktober 2008 erließ das Finanzamt im September 2011 einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung gem. VO zu § 180 Abs. 2 AO für die Kalenderjahre 2002 bis 2010, der auch den Klägern bekanntgegeben wurde. Für die Kläger setzte es u.a. den Anteil von Grund und Boden auf 28.644 €, für die Altbausubstanz auf 21.944 € und für die begünstigten Sanierungskosten auf 206.283 € fest. Die Kläger beriefen sich auf Feststellungsverjährung und waren der Ansicht, dass eine Hemmung der Verjährungsfrist durch die Außenprüfung nicht eingetreten sei, da diese ihnen nicht bekannt gemacht worden sei und sie daher keine Kenntnis erhalten hätten.
Das FG gab der Klage insoweit statt, als die Werte für Grund und Boden auf 25.532 € und für die Altbausubstanz auf 25.055 € festgestellt wurden. Die Revision der Klägerin blieb vor dem BFH erfolglos.
Gründe:
Das FG hatte zu Recht entschieden, dass noch keine Feststellungsverjährung eingetreten war, da der Ablauf der Frist gem. § 171 Abs. 4 AO aufgrund der Außenprüfung gehemmt war.
Wird vor Ablauf der Feststellungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Feststellungsfrist für die Besteuerungsgrundlagen, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall des Hinausschiebens der Außenprüfung erstrecken sollte, gem. § 171 Abs. 4 S. 1 AO nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Feststellungsbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 S. 3 AO drei Monate verstrichen sind. Nach § 171 Abs. 4 S. 2 AO entfällt die Ablaufhemmung der Feststellungsfrist, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat.
Voraussetzung für die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 S. 1 AO ist der Beginn einer Außenprüfung. Nach BFH-Rechtsprechung ist für eine Ablaufhemmung durch den Beginn einer Außenprüfung erforderlich, dass eine förmliche Prüfungsanordnung erlassen und bekanntgegeben wurde und --wenn auch nur stichprobenweise-- tatsächlich Prüfungshandlungen für die in der Prüfungsanordnung genannten Steuerarten und Besteuerungszeiträume vorgenommen wurden. Nach § 124 Abs. 1 S. 1 AO wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, im Zeitpunkt der Bekanntgabe wirksam. Prüfungsanordnungen als Verwaltungsakte sind demjenigen bekanntzugeben, dessen steuerliche Verhältnisse überprüft werden sollen. Nach § 7 Abs. 2 der VO zu § 180 Abs. 2 AO ist die Prüfungsanordnung bei dem Verfahrensbeteiligten bekanntzugeben, bei dem die Außenprüfung durchgeführt werden soll. Erkennbar sein muss die Vornahme von Prüfungsmaßnahmen daher allein für den Adressaten der Prüfungsanordnung.
Die Ablaufhemmung tritt für die Besteuerungsgrundlagen ein, auf die sich die Prüfung tatsächlich erstreckt. Weitere Voraussetzungen, etwa die Tatsache, dass die Erwerber eines Gesamtobjekts i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 der VO zu § 180 Abs. 2 AO jeweils einzeln Kenntnis von der Prüfungsanordnung erhalten müssen und diese daher auch diesen bekanntzugeben ist, nennen die einschlägigen Vorschriften nicht. Infolgedessen war die Entscheidung des FG revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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