Herausgabe von Bestechungsgeldern an geschädigten Arbeitgeber führt im Abflusszeitpunkt zu Werbungskosten
BFH 16.6.2015, IX R 26/14Der Kläger war bei der X-GmbH für die Vergabe von Aufträgen zuständig. Für die Bevorzugung eines bestimmten Auftragnehmers erhielt er nach der Hingabe von Scheinrechnungen seiner Ehefrau über nicht erbrachte Leistungen an den Auftragnehmer in den Jahren 2000 bis 2005 insgesamt Zahlungen i.H.v. rund 1,9 Mio. €. Das Finanzamt berücksichtigte die Zahlungen zunächst erklärungsgemäß als Einkünfte der Ehefrau. Nach Aufdeckung des Bestechungsvorgangs kündigte der Arbeitgeber das Anstellungsverhältnis. Im Abwicklungsvertrag wurde für den Fall der ordentlichen Kündigung festgelegt, dass der Kläger eine Abfindung sowie für das Geschäftsjahr 2004 einen Bonus erhalten sollte.
Gleichzeitig wurde der Kläger seitens seines Arbeitgebers auf Schadensersatz verklagt. Die Parteien einigten sich darauf, dass der Kläger zur Schadenswiedergutmachung einen Betrag i.H.v. 1,2 Mio. € an den Arbeitgeber zahlen sollte. Zugleich akzeptierte der Kläger die ihm gegenüber ausgesprochene außerordentliche Kündigung und verzichtete auf die Geltendmachung der Abfindung sowie auf sämtliche Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung. Die Beträge sollten den Schaden abgelten, der dem Arbeitgeber durch das Verhalten des Klägers entstanden war.
Im Nachgang zu einer Prüfung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung erfolgte für die Veranlagungszeiträume bis 2005 eine Erfassung der Bestechungsgelder beim Kläger als Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG. In der Einkommensteuererklärung 2006 machte der Kläger einen Betrag i.H.v. rund 1,4 Mio. € als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Beträge zunächst erklärungsgemäß. Später setzte es die Werbungskosten unter Hinweis auf § 22 Nr. 3 EStG und die BFH-Entscheidung vom 26.1.2000 (Az.: IX R 87/95) jedoch nicht mehr an. Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Gründe:
Bei den dem Kläger zugeflossenen Bestechungsgeldern handelte es sich um Einnahmen aus sonstigen Leistungen i.S.v. § 22 Nr. 3 EStG. Danach sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 6 EStG) noch zu den Einkünften i.S.v. § 22 Nr. 1, 1 a, 2 oder 4 EStG gehören. Eine (sonstige) Leistung i.S.v. § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Unterlassen oder Dulden, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das um des Entgelts willen erbracht wird. Hierzu gehört auch das einem Arbeitnehmer von Dritten gezahlte Bestechungsgeld.
Die Herausgabe der Bestechungsgelder durch den Kläger an den geschädigten Arbeitgeber führte im Abflusszeitpunkt zu Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG. Die Zahlung war durch den Empfang der Gelder und damit durch die Tätigkeit des Klägers für den die Bestechungsgelder Leistenden veranlasst. Ohne den Erhalt der Bestechungsgelder hätte kein Anspruch des Arbeitgebers bestanden. Die erhaltenen Schmiergelder waren von Beginn an mit einem Herausgabeanspruch des Arbeitgebers für den Fall der Aufdeckung der Bestechung belastet (vgl. BAG-Urteil v. 26.2.1971, Az.: 3 AZR 97/70). Soweit der Kläger zusätzlich noch den Verzicht auf seine Abfindung und die Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung als Werbungskosten berücksichtigt haben wollte, hatte das FG zu Recht einen Zusammenhang mit den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG verneint. Denn zum einen stand der Verzicht nicht in Zusammenhang mit dem Zufluss der Bestechungsgelder, sondern diente der Schadenswiedergutmachung. Zum anderen waren die Beträge dem Kläger noch nicht zugeflossen.
Soweit für das Streitjahr 2006 die Werbungskosten die Einnahmen des Klägers aus § 22 Nr. 3 EStG überstiegen, hatte das Finanzamt die steuerliche Berücksichtigung der Verluste durch Verrechnung mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten zu Recht versagt. Denn das Verlustausgleichsverbot des § 22 Nr. 3 S. 3 EStG stand einer Verrechnung des entstandenen Verlusts mit den übrigen steuerbaren Einkünften des Klägers entgegen. Entgegen der Auffassung des Klägers lagen keine negativen Einkünfte vor, auf die das Verlustausgleichsverbot keine Anwendung findet. Die Anwendung des § 22 Nr. 3 S. 3 EStG ist auch von Verfassung wegen nicht zu beanstanden.
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