23.02.2016

Hinzurechnungsbesteuerung nach dem EuGH-Urteil "Cadbury Schweppes"

Das FG Münster hat sich mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen die Einkünfte einer auf Zypern ansässigen Tochtergesellschaft der inländischen Muttergesellschaft nach den Regelungen der §§ 7 bis 14 AStG zuzurechnen und damit der inländischen Besteuerung zu unterwerfen sind. Das FG hatte dabei insbesondere die Rechtsprechung des EuGH in der Entscheidung "Cadbury Schweppes" zu berücksichtigen (EuGH 12.9.2006, C-196/04).

FG Münster 20.11.2015, 10 K 1410/12 F
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war über eine in den Niederlanden ansässige Tochtergesellschaft an einer auf Zypern ansässigen Limited beteiligt. Die Limited hatte auf Zypern Büroräume angemietet und beschäftigte eine Geschäftsführerin. Die Tätigkeit der Limited bestand darin, Buchlizenzen einzuholen, um an diesen Unterlizenzen zu Gunsten dreier, in Russland bzw. der Ukraine ansässigen Konzerngesellschaften der Klägerin zu bestellen, die die Bücher auf dem russischsprachigen Markt vertrieben.

Bei der Auswahl der Buchlizenzen richtete sich die Limited nach der Nachfrage bei den Konzerngesellschaften, die sich wiederum u.a. auf Buchmessen über erfolgversprechende Werke informierten und die Kundebeziehungen herstellten. Die hierdurch erzielten Lizenzeinnahmen der Limited rechnete das Finanzamt der Klägerin mit der Begründung zu, dass es an der erforderlichen "wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit" der Limited auf Zypern fehle.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision der Klägerin ist beim BFH anhängig und wird dort unter dem Az. I R 94/15 geführt.

Die Gründe:
Die von der Limited erzielten Lizenzgebühren sind als sog. passive Einkünfte i.S.d. AStG anzusehen; sie lösen eine Hinzurechnungsbesteuerung aus.

Von einer Zurechnung ist auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" abzusehen. Der Gegenbeweis einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Tochtergesellschaft im Ansässigkeitsstaat, den der EuGH in seiner Entscheidung zulässt, ist der Klägerin nicht gelungen. Dies folgt u.a. daraus, dass die Limited nicht gezielt bestimmte Ressourcen im Aufnahmestaat, z.B. besonders günstige oder entsprechend der Tätigkeit besonders ausgestattete Räumlichkeiten, Maschinen, gut ausgebildetes Personal oder besondere Produktionsbedingungen, genutzt hat. Die räumliche Nähe Zyperns zu Russland bei gleichzeitiger Einbindung in die EU stellt nur ein subjektives Motiv für die Ansiedelung der Limited auf Zypern dar.

Die Limited hat außerdem ihr wirtschaftliches Kerngeschäft, den Ankauf, die Verwaltung und die Weitergabe von Lizenzen gegen Entgelt, nicht selbst von Zypern aus ausgeübt und nicht selbst das Personal beschäftigt, das erforderlich gewesen wäre, um ihr selbständig zu betreiben. Die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen wurden nicht vor Ort auf Zypern, sondern durch die in Russland und der Ukraine ansässigen Konzerngesellschaften der Klägerin getroffen. Die Funktion der Limited beschränkte sich vielmehr auf die administrative Umsetzung dieser Entscheidungen.

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FG Münster NL vom 15.2.2016
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