Höhe nachträglicher Anschaffungskosten bei in der Krise stehen gelassener Darlehen nach § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG
Kurzbesprechung
BFH v. 18.7.2023 - IX R 21/21
EStG § 17 Abs 1, § 17 Abs 2, § 17 Abs 4, § 17 Abs 2a, § 20 Abs 2 S 1 Nr. 7, § 20 Abs 2 Sätze 1 und 2, § 52 Abs 25a, § 52 Abs 28 S 16
HGB § 255 Abs 1 S 2
Streitig war, ob der Verlust aus einem in der Krise stehen gelassenen Gesellschafterdarlehen nach § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG mit dem Nennwert oder Teilwert zu nachträglichen Anschaffungskosten des Gesellschafters an seiner Beteiligung führt.
Als nachträgliche Anschaffungskosten waren nach der früheren Rechtsprechung des BFH unter anderem vor der Krise durch einen Gesellschafter gewährte und in der Krise der Gesellschaft stehen gelassene Darlehen mit ihrem im Zeitpunkt des Eintritts der Krise beizulegenden Wert zu berücksichtigen. Der bis zum Eintritt der Krise eingetretene Wertverlust fiel in der (steuerlich unbeachtlichen) privaten Vermögenssphäre an.
Mit der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008 (BGBl I 2008, 2026) ist die gesetzliche Grundlage für diese bisherige Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG entfallen. Die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen sind allerdings weiter anzuwenden, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum 27.09.2017 geleistet hat oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist.
Mit dem durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (WElektroMobFördG) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) eingeführten § 17 Abs. 2a EStG hat der Gesetzgeber erstmals eine gesetzliche Grundlage für die im Rahmen der Einkünfteermittlung des § 17 EStG zu berücksichtigenden Anschaffungskosten geschaffen.
Der BFH entschied im Streitfall, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG, insbesondere hinsichtlich stehen gelassener Darlehen, hinsichtlich derer Bewertung nach der Einfügung von § 17 Abs. 2a EStG durch das WElektroMobFördG fortgelten.
Dem steht der Wortlaut der Norm nicht entgegen. Denn § 17 Abs. 2a EStG enthält keine Regelung zur Bewertung der nachträglichen Anschaffungskosten. Die in § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG verwendete Formulierung "soweit" verdeutlicht, dass Darlehensverluste nur in dem Umfang zu berücksichtigen sind, wie sie gesellschaftsrechtlich veranlasst sind.
Für eine Anwendung der Grundsätze zur Bewertung nachträglicher Anschaffungskosten entsprechend der gesetzlich überholten Rechtsprechung auf § 17 Abs. 2a EStG spricht zudem der aus den Gesetzesmaterialien erkennbar werdende Wille des Gesetzgebers. Auch der Sinn und Zweck sprechen für eine Anwendung der Grundsätze zur Bewertung nachträglicher Anschaffungskosten entsprechend der bisherigen Rechtsgrundsätze. Schließlich sprechen auch systematische Erwägungen für die Beibehaltung der bisherigen Bewertungsgrundsätze.
Im Streitfall hatte da FG zutreffend angenommen, dass das Gesellschafterdarlehen als stehen gelassenes Darlehen nur in Höhe dessen Teilwerts bei Eintritt der Krise zu nachträglichen Anschaffungskosten im Sinne des § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG führt.
Das FG hatte weiterhin zutreffend eine Berücksichtigung des Darlehensausfalls nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2 EStG versagt. Denn soweit § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG Vorgänge, die den Begriff der Veräußerung nicht erfüllen (Einlösung, Rückzahlung, Abtretung, verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft, Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens), fiktiv einer Veräußerung gleichstellt, ist die Vorschrift nur auf Sachverhalte anwendbar, für die der Anwendungsbereich der durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (UntStRefG 2008) vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912) neu eingeführten Veräußerungstatbestände in § 20 Abs. 2 Satz 1 EStG eröffnet ist. Für Kapitalerträge aus Kapitalforderungen, die zum Zeitpunkt des vor dem 01.01.2009 erfolgten Erwerbs zwar Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F., aber nicht Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F. (sogenannte Finanzinnovationen) sind, ist § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 nicht anzuwenden (§ 52 Abs. 28 Satz 16 EStG).
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 17 Abs 1, § 17 Abs 2, § 17 Abs 4, § 17 Abs 2a, § 20 Abs 2 S 1 Nr. 7, § 20 Abs 2 Sätze 1 und 2, § 52 Abs 25a, § 52 Abs 28 S 16
HGB § 255 Abs 1 S 2
Streitig war, ob der Verlust aus einem in der Krise stehen gelassenen Gesellschafterdarlehen nach § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG mit dem Nennwert oder Teilwert zu nachträglichen Anschaffungskosten des Gesellschafters an seiner Beteiligung führt.
Als nachträgliche Anschaffungskosten waren nach der früheren Rechtsprechung des BFH unter anderem vor der Krise durch einen Gesellschafter gewährte und in der Krise der Gesellschaft stehen gelassene Darlehen mit ihrem im Zeitpunkt des Eintritts der Krise beizulegenden Wert zu berücksichtigen. Der bis zum Eintritt der Krise eingetretene Wertverlust fiel in der (steuerlich unbeachtlichen) privaten Vermögenssphäre an.
Mit der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008 (BGBl I 2008, 2026) ist die gesetzliche Grundlage für diese bisherige Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG entfallen. Die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen sind allerdings weiter anzuwenden, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum 27.09.2017 geleistet hat oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist.
Mit dem durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (WElektroMobFördG) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) eingeführten § 17 Abs. 2a EStG hat der Gesetzgeber erstmals eine gesetzliche Grundlage für die im Rahmen der Einkünfteermittlung des § 17 EStG zu berücksichtigenden Anschaffungskosten geschaffen.
Der BFH entschied im Streitfall, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG, insbesondere hinsichtlich stehen gelassener Darlehen, hinsichtlich derer Bewertung nach der Einfügung von § 17 Abs. 2a EStG durch das WElektroMobFördG fortgelten.
Dem steht der Wortlaut der Norm nicht entgegen. Denn § 17 Abs. 2a EStG enthält keine Regelung zur Bewertung der nachträglichen Anschaffungskosten. Die in § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG verwendete Formulierung "soweit" verdeutlicht, dass Darlehensverluste nur in dem Umfang zu berücksichtigen sind, wie sie gesellschaftsrechtlich veranlasst sind.
Für eine Anwendung der Grundsätze zur Bewertung nachträglicher Anschaffungskosten entsprechend der gesetzlich überholten Rechtsprechung auf § 17 Abs. 2a EStG spricht zudem der aus den Gesetzesmaterialien erkennbar werdende Wille des Gesetzgebers. Auch der Sinn und Zweck sprechen für eine Anwendung der Grundsätze zur Bewertung nachträglicher Anschaffungskosten entsprechend der bisherigen Rechtsgrundsätze. Schließlich sprechen auch systematische Erwägungen für die Beibehaltung der bisherigen Bewertungsgrundsätze.
Im Streitfall hatte da FG zutreffend angenommen, dass das Gesellschafterdarlehen als stehen gelassenes Darlehen nur in Höhe dessen Teilwerts bei Eintritt der Krise zu nachträglichen Anschaffungskosten im Sinne des § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG führt.
Das FG hatte weiterhin zutreffend eine Berücksichtigung des Darlehensausfalls nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2 EStG versagt. Denn soweit § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG Vorgänge, die den Begriff der Veräußerung nicht erfüllen (Einlösung, Rückzahlung, Abtretung, verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft, Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens), fiktiv einer Veräußerung gleichstellt, ist die Vorschrift nur auf Sachverhalte anwendbar, für die der Anwendungsbereich der durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (UntStRefG 2008) vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912) neu eingeführten Veräußerungstatbestände in § 20 Abs. 2 Satz 1 EStG eröffnet ist. Für Kapitalerträge aus Kapitalforderungen, die zum Zeitpunkt des vor dem 01.01.2009 erfolgten Erwerbs zwar Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F., aber nicht Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F. (sogenannte Finanzinnovationen) sind, ist § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 nicht anzuwenden (§ 52 Abs. 28 Satz 16 EStG).