10.11.2022

Investmentsteuerreform: Besteuerung fiktiver Übergangsgewinne ist rechtmäßig

Die Besteuerung von fiktiven Veräußerungsgewinnen nach dem Investmentsteuerreformgesetz ist zulässig. Die mit den Übergangsregelungen für nach alter Rechtslage angeschaffte Fondsanteile einhergehenden Übergangseffekte sind zwangsläufige Folge des gewählten Übergangsmodells, die insbesondere durch die gesetzgeberisch verfolgten Besteuerungs- und Vereinfachungszwecke gerechtfertigt sind.

FG Köln v. 8.9.2022 - 15 K 2594/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte vor dem 1.1.2018 Anteile an einem Aktienfonds zum Kaufpreis von 135,3844 € pro Anteil erworben. Im Dezember 2018 veräußerte er Fondsanteile zu einem Veräußerungspreis von 132,3641 € pro Anteil. Die Bank bescheinigte fiktive Anschaffungskosten sowie einen steuerlich anzusetzenden Verlust von 3.845 €. Zugleich wies die Erträgnisaufstellung einen auf der Übergangsregelung in § 56 Abs. 2 InvStG beruhenden sog. "fiktiven Veräußerungsgewinn zum 31.12.2017" von 6.090 € aus.

Das Finanzamt belastete im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung den Saldo von 2.245 € mit Steuern von insgesamt 592 € (Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag). Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, dass die Versteuerung verfassungswidrig sei. Nach seinen eigenen Berechnungen habe er nur einen Veräußerungsgewinn von 597 € erzielt, beim Ansatz der tatsächlichen Anschaffungskosten sogar einen Verlust von 1.205 €. Durch die Steuerlast werde praktisch der gesamte rechnerische Veräußerungsgewinn abgeschöpft.

Das FG wies die Klage ab. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die beim BFH anhängige Revision des Klägers wird dort unter dem Az. VIII R 15/22 geführt.

Die Gründe:
Die nach dem InvStG ab 2018 durchgeführte Besteuerung ist auch dann rechtmäßig, wenn ein Veräußerungsgewinn bei wirtschaftlicher Betrachtung überproportional mit Einkommensteuer belastet oder ein entstandener Veräußerungsverlust wie ein Gewinn besteuert werde. Mit dem Investmentsteuerreformgesetz hat der Gesetzgeber einen Systemwechsel in der Fondsbesteuerung vollzogen und die Investmentbesteuerung ab dem Jahr 2018 grundlegend neu konzipiert. Zugleich wurden Übergangsregelungen für nach alter Rechtslage angeschaffte Fondsanteile geschaffen.

Hiernach gelten - vereinfacht dargestellt - Altanteile aus entsprechenden Investmentfonds mit Ablauf des 31.12.2017 als veräußert und zum 1.1.2018 als angeschafft. Dabei erzielte Veräußerungsgewinne sind (erst) zu versteuern, wenn der Anleger seine Anteile tatsächlich verkauft. Die Übergangsregelung kann daher bei einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Kursverlauf (hoher Kurswert am 31.12.2017, später niedrigerer Kurswert im Zeitpunkt der Veräußerung) zu einer von der wirtschaftlichen Betrachtung abweichenden Besteuerung führen. Umgekehrt kann es aber auch zu einer Nichtversteuerung tatsächlich erzielter Gewinne kommen. Solche Übergangseffekte sind zwangsläufige Folge des gewählten Übergangsmodells, die insbesondere durch die gesetzgeberisch verfolgten Besteuerungs- und Vereinfachungszwecke gerechtfertigt sind.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Die Transparenzoption nach § 30 InvStG bei Spezial-Investmentfonds
Klaus D. Hahne, FR 2021, 415

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FG Köln PM vom 10.11.2022
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