Kehrbezirk eines Bezirksschornsteinfegers von 12 qkm Größe ist keine regelmäßige Tätigkeitsstätte
FG Düsseldorf 6.6.2012, 7 K 982/12 E,GDer Kläger ist als Bezirksschornsteinfeger selbständig tätig. Sein Kehrbezirk in Z-Stadt ist insgesamt ca. 12 qkm groß. Für das Streitjahr 2009 erklärte er einen Gewinn von rd. 80.000 €, den das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags berücksichtigte.
Hiergegen wendet sich Kläger. Er trägt vor, im Gewinn seien unentgeltliche Wertabgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von rd. 1.500 € enthalten. Laut der Rechtsprechung des BFH sei der Kehrbezirk eines Schornsteinfegers keine regelmäßige Arbeitsstätte bzw. stelle keinen regelmäßigen Tätigkeitsmittelpunkt dar. Die betriebliche Einrichtung eines Kunden begründe keine regelmäßige Arbeitsstätte. Auch sei der Kehrbezirk keine ortsfeste betriebliche Einrichtung, die mit einem Betriebssitz vergleichbar sei.
Der Kläger reichte eine korrigierte Bilanz ein und erklärte einen Gewinn von rd. 70.000 €. Weiterhin machte er nachträglich Verpflegungsmehraufwendungen von 690 € (115 Arbeitstage Abwesenheit über 8 Stunden) geltend. Das Finanzamt führt aus, die vom Kläger angeführte BFH-Rechtsprechung sei nicht einschlägig. Vorliegend sei entscheidend, ob der Steuerpflichtige in einem weiträumig zusammenhängenden Arbeitsgebiet tätig sei. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 5 und 6 EStG dürften grundsätzlich weder Mehraufwendungen für Verpflegung noch Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte den Gewinn mindern.
Das FG gab der Klage statt. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob der Kehrbezirk eines selbständigen Kaminkehrers als regelmäßige Tätigkeitsstätte zu beurteilen ist, zuzulassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Unrecht die Minderung des Gewinns um 1.500 € hinsichtlich der Fahrtkosten und 690 € Verpflegungsmehraufwand abgelehnt.
Nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG dürfen u.a. Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist, den Gewinn nicht mindern. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG entsprechend anzuwenden. Laut BFH gelten für den Kehrbezirk eines Kaminkehrers die allgemeinen Grundsätze, welche die Rechtsprechung zum Vorliegen einer (einzigen) großräumigen Arbeitsstätte i.S.v. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG bzw. einer großräumigen Betriebsstätte i.S.v. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG aufgestellt hat.
Von einer solchen großräumigen Arbeits- bzw. Betriebsstätte ist danach nicht auszugehen, wenn der Einsatzbereich ein weiträumiges Gebiet wie etwa den Bereich eines Stadtgebiets oder einen nicht unmittelbar zusammenhängenden größeren ländlichen Bereich umfasst. Ein Gebiet mit einem Durchmesser von mehr als zehn Kilometern, in dem die einzelnen Einsatzstellen nicht in unmittelbarer Nähe aneinander angrenzen, ist demnach nicht als einheitliche großräumige Arbeitsstätte beurteilt worden.
Der Kehrbezirk des Klägers in Z-Stadt kann nicht als regelmäßige Tätigkeitsstätte im Sinne einer ortsfesten dauerhaften betrieblichen Einrichtung beurteilt werden. Ein größeres, räumlich geschlossenes Gebiet kann zwar nach der Rechtsprechung des BFH als regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG und als Tätigkeitsmittelpunkt i.S.d.§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 EStG in Betracht kommen, allerdings nur, wenn es sich um ein zusammenhängendes Gelände des Arbeitgebers handelt, auf dem der Arbeitnehmer auf Dauer und mit einer gewissen Nachhaltigkeit tätig wird. Ein Werksgelände oder Waldgebiet stellt danach nur dann eine großräumige (regelmäßige) Arbeitsstätte bzw. einen Tätigkeitsmittelpunkt da, wenn sich dort jedenfalls eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers befindet, die nach ihrer Infrastruktur mit einem Betriebssitz oder mit einer sonstigen betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers vergleichbar ist.
Dies ist bei dem ca. 12 qkm großen Kehrbezirk, in dem der Kläger die dort gelegenen Häuser aufsucht, nicht der Fall. Es liegt daher eine Auswärtstätigkeit vor, so dass der Gewinn um den - der Höhe nach unstreitigen - Betrag von 1.500 € herabzusetzen ist. Da der Kläger, wie oben ausgeführt, an 115 Tagen einer Auswärtstätigkeit nachgeht, ist der Verpflegungsmehraufwand mit 8 € täglich, insgesamt 690 €, steuerlich zu berücksichtigen.
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