Kein Abzug von Werbungskosten bei eigener Bereicherung aufgrund strafbarer Handlung
BFH 20.10.2016, VI R 27/15Der Kläger war von 1995 bis 1998 Vorstandsmitglied einer AG und an dieser beteiligt. Aus der Aktienbeteiligung floss ihm für das Geschäftsjahr 1997 eine Dividendenzahlung zu. Nach der Veräußerung der Beteiligung und dem Ausscheiden aus dem Vorstand wurde der Kläger wegen des Erstellens einer falschen Bilanz zum 31.12.1997 strafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Überdies machte die AG zivilgerichtlich Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend. Der Zivilrechtsstreit wurde durch einen Vergleich beendet.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2009 wollte der Kläger Zahlungen von über 1, 2 Mio. € als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt wissen. Das Finanzamt lehnte dies ab. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Es war der Ansicht, die Zahlungen seien nicht beruflich, sondern privat veranlasst gewesen, weil der Kläger aus der schädigenden Handlung - insbesondere der unrichtigen Darstellung der Vermögensverhältnisse der AG - einen wirtschaftlichen Vorteil gezogen habe. Auch die Revision des Klägers vor dem BFH blieb erfolglos.
Die Gründe:
Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Schadensersatzleistungen des Klägers an den Insolvenzverwalter nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig sind.
Zwar ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Die Annahme von Erwerbsaufwendungen setzt in diesen Fällen allerdings voraus, dass die - die Aufwendungen auslösenden - schuldhaften Handlungen noch im Rahmen der betrieblichen oder beruflichen Aufgabenerfüllung liegen und nicht auf privaten, den betrieblichen oder beruflichen Zusammenhang aufhebenden Umständen beruhen.
Infolgedessen widersprach die Würdigung des FG, dass es an einem (ausschließlichen) Erwerbsbezug der schädigenden Handlung - insbesondere der unrichtigen Darstellung der Vermögensverhältnisse der AG - fehlte, weil auch der Kläger selbst einen wirtschaftlichen Vorteil daraus gezogen hatte, weder Denkgesetzen noch Erfahrungssätzen. Die Gewinnausschüttung, an der der Kläger teilhatte, wäre ohne den überhöhten Gewinnausweis, den der Kläger als Vorstand der AG zu verantworten hatte, nicht möglich gewesen. Außerdem hatte der Kläger dadurch den Wert seiner Beteiligung verfälscht und bei der Veräußerung seiner Aktien einen ansonsten am Markt nicht zu erzielenden Kaufpreis erlangt. In einem solchen Fall wird der Erwerbsbezug von Schadensersatzleistungen an den geschädigten Arbeitgeber und beruflichem Fehlverhalten aufgehoben. Ein Werbungskostenabzug entsprechender Aufwendungen ist damit ausgeschlossen.
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