Kein Ausschluss der Option zur Umsatzsteuerpflicht bei Vermietungsumsätzen durch die beabsichtigte Nutzung der Mietsache für steuerfreie Ausgangsumsätze in der Zukunft
FG Münster v. 14.5.2020 - 5 K 3624/19 U
Der Sachverhalt:
Streitig war, ob die Klägerin hinsichtlich ihrer in den Streitjahren 2015 und 2016 an eine KG (LD KG) ausgeführten Vermietungsumsätze zur Umsatzsteuerpflicht optieren konnte.
Umstritten war dabei insbesondere, ob die Absicht der LD KG, das Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich ab dem Jahr 2017, teilweise zur Ausführung steuerfreier Ausgangsumsätze im Wege der Errichtung und Veräußerung von Wohneinheiten zu privaten Wohnzwecken zu verwenden, der wirksamen Ausübung der Option durch die Klägerin für die Streitjahre entgegensteht. Mit der Errichtung der beiden geplanten Mehrfamilienhäuser begann die LD KG in 2017. Sämtliche Wohnungen wurden in der Folgezeit von der LD KG umsatzsteuerfrei veräußert.
Das beklagte Finanzamt war der Ansicht, dass die Klägerin hinsichtlich ihrer Vermietungsumsätze an die LD KG nicht wirksam zur Umsatzsteuerpflicht optieren konnte. Das FG hat nun der Klägerin Recht gegeben und die Umsatzsteuerbescheide 2015 und 2016 entsprechend geändert. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Die Absicht der LD KG, das Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt, hier ab dem Jahr 2017, teilweise zur Ausführung steuerfreier Ausgangsumsätze im Wege der Errichtung und Veräußerung von Wohneinheiten zu privaten Wohnzwecken zu verwenden, steht der wirksamen Ausübung der Option durch die Klägerin für die Streitjahre nicht entgegen. Eine Auslegung des § 9 Abs. 1 und 2 UStG dahingehend, dass im Fall der Vermietung der Verzicht auf die Steuerbefreiung voraussetzt, dass der Leistungsempfänger sowohl die Mietsache tatsächlich zur Ausübung vorsteuerunschädlicher Ausgangsumsätze verwendet als auch die Absicht hegt, zukünftig keine vorsteuerschädlichen Umsätze auszuführen, findet weder im Wortlaut noch in der Systematik der Regelung Halt.
Die Regelung des § 9 Abs. 2 UStG knüpft im Fall einer steuerfreien Vermietung die Behandlung der Umsätze durch den Unternehmer als steuerpflichtig an eine weitere Voraussetzung. Entweder muss der Leistungsempfänger die Vermietungsleistung zur Ausführung vorsteuerunschädlicher Umsätze verwenden (Fallgruppe a) oder er muss, wenn es an einer tatsächlichen Verwendung für Ausgangsumsätze fehlt, beabsichtigen, die Eingangsleistung für vorsteuerunschädliche Umsätze zu verwenden (Fallgruppe b). Bereits die Verwendung des Wortes "oder" lässt erkennen, dass es sich um Varianten und nicht um zwei Voraussetzungen handelt, die kumulativ vorliegen müssen. Wenn der Gesetzgeber die Absicht gehabt hätte, dass beide Voraussetzungen für die Ausübung der Option zur Steuerpflicht kumulativ erfüllt sein müssen, hätte er die Konjunktion "und" verwendet.
Bei der Regelung des § 9 Abs. 2 UStG handelt es sich nicht um einen Ausschlusstatbestand in dem Sinne, dass bei Vorliegen einer der aufgeführten Tatbestandsmerkmale die nach § 9 Abs. 1 UStG grundsätzlich eröffnete Optionsmöglichkeit ausgeschlossen ist. Vielmehr knüpft die Regelung die Ausübung der Option für bestimmte steuerfreie Umsätze an weitere Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Behandlung der Umsätze als steuerpflichtig möglich ist. Dementsprechend findet sich in § 9 Abs. 2 UStG eine enumerative Aufzählung einzelner Steuerbefreiungsvorschriften und die Formulierung, dass der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei diesen Umsätzen nur zulässig ist, wenn eine der beiden durch das Wort "oder" alternativ zueinander stehenden Voraussetzungen vorliegt. Demnach ist die Ausübung der Option nicht nur im Fall der tatsächlichen Verwendung der Mietsache für vorsteuerunschädliche Umsätze möglich, sondern darüber hinaus auch für den Fall, wenn (noch) keine tatsächliche Verwendung stattfindet, dass eine solche Verwendung beabsichtigt ist. Es handelt sich dabei im Verhältnis zur erstgenannten Voraussetzung um eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 9 Abs. 1, Abs. 2 UStG.
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Streitig war, ob die Klägerin hinsichtlich ihrer in den Streitjahren 2015 und 2016 an eine KG (LD KG) ausgeführten Vermietungsumsätze zur Umsatzsteuerpflicht optieren konnte.
Umstritten war dabei insbesondere, ob die Absicht der LD KG, das Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich ab dem Jahr 2017, teilweise zur Ausführung steuerfreier Ausgangsumsätze im Wege der Errichtung und Veräußerung von Wohneinheiten zu privaten Wohnzwecken zu verwenden, der wirksamen Ausübung der Option durch die Klägerin für die Streitjahre entgegensteht. Mit der Errichtung der beiden geplanten Mehrfamilienhäuser begann die LD KG in 2017. Sämtliche Wohnungen wurden in der Folgezeit von der LD KG umsatzsteuerfrei veräußert.
Das beklagte Finanzamt war der Ansicht, dass die Klägerin hinsichtlich ihrer Vermietungsumsätze an die LD KG nicht wirksam zur Umsatzsteuerpflicht optieren konnte. Das FG hat nun der Klägerin Recht gegeben und die Umsatzsteuerbescheide 2015 und 2016 entsprechend geändert. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Die Absicht der LD KG, das Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt, hier ab dem Jahr 2017, teilweise zur Ausführung steuerfreier Ausgangsumsätze im Wege der Errichtung und Veräußerung von Wohneinheiten zu privaten Wohnzwecken zu verwenden, steht der wirksamen Ausübung der Option durch die Klägerin für die Streitjahre nicht entgegen. Eine Auslegung des § 9 Abs. 1 und 2 UStG dahingehend, dass im Fall der Vermietung der Verzicht auf die Steuerbefreiung voraussetzt, dass der Leistungsempfänger sowohl die Mietsache tatsächlich zur Ausübung vorsteuerunschädlicher Ausgangsumsätze verwendet als auch die Absicht hegt, zukünftig keine vorsteuerschädlichen Umsätze auszuführen, findet weder im Wortlaut noch in der Systematik der Regelung Halt.
Die Regelung des § 9 Abs. 2 UStG knüpft im Fall einer steuerfreien Vermietung die Behandlung der Umsätze durch den Unternehmer als steuerpflichtig an eine weitere Voraussetzung. Entweder muss der Leistungsempfänger die Vermietungsleistung zur Ausführung vorsteuerunschädlicher Umsätze verwenden (Fallgruppe a) oder er muss, wenn es an einer tatsächlichen Verwendung für Ausgangsumsätze fehlt, beabsichtigen, die Eingangsleistung für vorsteuerunschädliche Umsätze zu verwenden (Fallgruppe b). Bereits die Verwendung des Wortes "oder" lässt erkennen, dass es sich um Varianten und nicht um zwei Voraussetzungen handelt, die kumulativ vorliegen müssen. Wenn der Gesetzgeber die Absicht gehabt hätte, dass beide Voraussetzungen für die Ausübung der Option zur Steuerpflicht kumulativ erfüllt sein müssen, hätte er die Konjunktion "und" verwendet.
Bei der Regelung des § 9 Abs. 2 UStG handelt es sich nicht um einen Ausschlusstatbestand in dem Sinne, dass bei Vorliegen einer der aufgeführten Tatbestandsmerkmale die nach § 9 Abs. 1 UStG grundsätzlich eröffnete Optionsmöglichkeit ausgeschlossen ist. Vielmehr knüpft die Regelung die Ausübung der Option für bestimmte steuerfreie Umsätze an weitere Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Behandlung der Umsätze als steuerpflichtig möglich ist. Dementsprechend findet sich in § 9 Abs. 2 UStG eine enumerative Aufzählung einzelner Steuerbefreiungsvorschriften und die Formulierung, dass der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei diesen Umsätzen nur zulässig ist, wenn eine der beiden durch das Wort "oder" alternativ zueinander stehenden Voraussetzungen vorliegt. Demnach ist die Ausübung der Option nicht nur im Fall der tatsächlichen Verwendung der Mietsache für vorsteuerunschädliche Umsätze möglich, sondern darüber hinaus auch für den Fall, wenn (noch) keine tatsächliche Verwendung stattfindet, dass eine solche Verwendung beabsichtigt ist. Es handelt sich dabei im Verhältnis zur erstgenannten Voraussetzung um eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 9 Abs. 1, Abs. 2 UStG.