Kein Drittanfechtungsrecht der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft bezüglich der gesonderten Feststellung des Einlagekontos
BFH v. 10.12.2019 - I B 35/19
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft schottischen Rechts, die nach ihrem Typus einer deutschen KG entspricht. Die übrigen Antragsteller sind vergleichbar einem deutschen Kommanditisten an ihr beteiligt. Die einem deutschen Komplementär entsprechende Funktion übt die B aus, bei der es sich um eine Kapitalgesellschaft luxemburgischen Rechts handelt. Diese hatte im Februar 2015 sämtliche Anteile an der C-GmbH erworben. 99,5 % dieser Anteile hielt sie treuhänderisch für die Antragstellerin, die restlichen Anteile für eine GbR. Um der C den Erwerb einer Beteiligung zu ermöglichen, zahlte B im März 2015 in ihrer Funktion als Gesellschafterin und Treuhänderin einen Betrag in die Kapitalrücklage der C ein.
Die C gab in ihrer Feststellungserklärung gem. § 27 Abs. 2 Satz 4 KStG gegenüber dem Finanzamt den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2015 mit 0 € an. Die Behörde folgte der Erklärung und stellte den Bestand zum 31.12.2015 im Feststellungsbescheid 14.06.2016 gem. § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG mit 0 € fest. Einen von der C am 28.11.2017 gestellten Berichtigungsantrag gem. § 129 AO wies das Finanzamt ab. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der übrigen Antragsteller blieb erfolglos. Das FG hielt ihn für unzulässig. Die Antragsteller seien mangels Beschwer nicht befugt, den Bescheid vom 14.6.2016 gegenüber der Antragstellerin anzufechten. Auch die Beschwerde vor dem BFH blieb ohne Erfolg.
Gründe:
Das FG hat den AdV-Antrag zu Recht abgewiesen, weil die Antragsteller im Ergebnis nicht befugt sind, Einwendungen gegen die Richtigkeit des Bescheids vom 14.6.2016 geltend zu machen.
Es kann bei der gebotenen summarischen Prüfung dahinstehen, ob die Antragsteller, wie von ihnen geltend gemacht, antragsbefugt sind. Selbst wenn diese Befugnis zu ihren Gunsten unterstellt würde, so müssten sie den Bescheid vom 14.6.2016 gegen sich gelten lassen. Dies folgt aus § 166 AO, dessen Anwendung im Streitfall vom Senat nicht als rechtlich zweifelhaft erachtet wird. Denn nach Senatsrechtsprechung richtet sich der Feststellungsbescheid gem. § 27 Abs. 2 KStG ausschließlich gegen die dort genannte Kapitalgesellschaft. Obgleich dem steuerlichen Einlagekonto für die eigene Ertragsbesteuerung der Kapitalgesellschaft keine unmittelbare Bedeutung zukommt, hat der Senat dieser die Befugnis zuerkannt, gegen den Feststellungsbescheid vorzugehen Dieser Bescheid entfaltet über § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG materiell-rechtliche Bindungswirkung auch für die Anteilseigner.
Nach dieser Vorschrift gehören Bezüge aus Anteilen an einer Körperschaft nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen, soweit für diese Eigenkapital i.S.d. § 27 KStG als verwendet gilt. Tatbestandsmerkmal des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG sind damit die im Bescheid nach § 27 Abs. 2 KStG ausgewiesenen Bestände. Gilt danach das steuerliche Einlagekonto für die Leistung der Körperschaft als verwendet, ist diese Verwendungsfiktion auch auf der Ebene der Gesellschafter zu beachten. Ein Gesellschafter kann sich deshalb nicht mit Erfolg darauf berufen, das steuerliche Einlagekonto sei im Bescheid über die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos unzutreffend ausgewiesen.
Ob wegen der bestehenden materiell-rechtlichen Bindungswirkung auch die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft neben dieser gegen den Feststellungsbescheid als Drittanfechtungsberechtigte klagen können, hat der Senat noch nicht entschieden. Es ist insoweit zwar erhebliche zweifelhaft, aber selbst wenn ein Drittanfechtungsrecht der Gesellschafter bestünde, so wäre dies jedenfalls den sich aus § 166 AO ergebenden Beschränkungen unterworfen. Denn ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies gem. § 166 AO neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.
Die Voraussetzungen dieser Norm sind erfüllt. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass § 166 AO nicht im engeren Sinne allein Steuerfestsetzungen gegenüber dem Steuerpflichtigen erfasst, sondern auf die den Steuerbescheiden grundsätzlich gleichgestellten. Bescheiden über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und deren Adressaten zu erstrecken ist. Im vorliegenden Fall ist somit der gegenüber der C ergangene Bescheid vom 14.6.2016 tatbestandlich erfasst; der Bescheid ist auch unanfechtbar geworden, weil es diesbezüglich auf den Eintritt der formellen Bestandskraft der C "gegenüber" ankommt.
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Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft schottischen Rechts, die nach ihrem Typus einer deutschen KG entspricht. Die übrigen Antragsteller sind vergleichbar einem deutschen Kommanditisten an ihr beteiligt. Die einem deutschen Komplementär entsprechende Funktion übt die B aus, bei der es sich um eine Kapitalgesellschaft luxemburgischen Rechts handelt. Diese hatte im Februar 2015 sämtliche Anteile an der C-GmbH erworben. 99,5 % dieser Anteile hielt sie treuhänderisch für die Antragstellerin, die restlichen Anteile für eine GbR. Um der C den Erwerb einer Beteiligung zu ermöglichen, zahlte B im März 2015 in ihrer Funktion als Gesellschafterin und Treuhänderin einen Betrag in die Kapitalrücklage der C ein.
Die C gab in ihrer Feststellungserklärung gem. § 27 Abs. 2 Satz 4 KStG gegenüber dem Finanzamt den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2015 mit 0 € an. Die Behörde folgte der Erklärung und stellte den Bestand zum 31.12.2015 im Feststellungsbescheid 14.06.2016 gem. § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG mit 0 € fest. Einen von der C am 28.11.2017 gestellten Berichtigungsantrag gem. § 129 AO wies das Finanzamt ab. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der übrigen Antragsteller blieb erfolglos. Das FG hielt ihn für unzulässig. Die Antragsteller seien mangels Beschwer nicht befugt, den Bescheid vom 14.6.2016 gegenüber der Antragstellerin anzufechten. Auch die Beschwerde vor dem BFH blieb ohne Erfolg.
Gründe:
Das FG hat den AdV-Antrag zu Recht abgewiesen, weil die Antragsteller im Ergebnis nicht befugt sind, Einwendungen gegen die Richtigkeit des Bescheids vom 14.6.2016 geltend zu machen.
Es kann bei der gebotenen summarischen Prüfung dahinstehen, ob die Antragsteller, wie von ihnen geltend gemacht, antragsbefugt sind. Selbst wenn diese Befugnis zu ihren Gunsten unterstellt würde, so müssten sie den Bescheid vom 14.6.2016 gegen sich gelten lassen. Dies folgt aus § 166 AO, dessen Anwendung im Streitfall vom Senat nicht als rechtlich zweifelhaft erachtet wird. Denn nach Senatsrechtsprechung richtet sich der Feststellungsbescheid gem. § 27 Abs. 2 KStG ausschließlich gegen die dort genannte Kapitalgesellschaft. Obgleich dem steuerlichen Einlagekonto für die eigene Ertragsbesteuerung der Kapitalgesellschaft keine unmittelbare Bedeutung zukommt, hat der Senat dieser die Befugnis zuerkannt, gegen den Feststellungsbescheid vorzugehen Dieser Bescheid entfaltet über § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG materiell-rechtliche Bindungswirkung auch für die Anteilseigner.
Nach dieser Vorschrift gehören Bezüge aus Anteilen an einer Körperschaft nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen, soweit für diese Eigenkapital i.S.d. § 27 KStG als verwendet gilt. Tatbestandsmerkmal des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG sind damit die im Bescheid nach § 27 Abs. 2 KStG ausgewiesenen Bestände. Gilt danach das steuerliche Einlagekonto für die Leistung der Körperschaft als verwendet, ist diese Verwendungsfiktion auch auf der Ebene der Gesellschafter zu beachten. Ein Gesellschafter kann sich deshalb nicht mit Erfolg darauf berufen, das steuerliche Einlagekonto sei im Bescheid über die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos unzutreffend ausgewiesen.
Ob wegen der bestehenden materiell-rechtlichen Bindungswirkung auch die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft neben dieser gegen den Feststellungsbescheid als Drittanfechtungsberechtigte klagen können, hat der Senat noch nicht entschieden. Es ist insoweit zwar erhebliche zweifelhaft, aber selbst wenn ein Drittanfechtungsrecht der Gesellschafter bestünde, so wäre dies jedenfalls den sich aus § 166 AO ergebenden Beschränkungen unterworfen. Denn ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies gem. § 166 AO neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.
Die Voraussetzungen dieser Norm sind erfüllt. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass § 166 AO nicht im engeren Sinne allein Steuerfestsetzungen gegenüber dem Steuerpflichtigen erfasst, sondern auf die den Steuerbescheiden grundsätzlich gleichgestellten. Bescheiden über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und deren Adressaten zu erstrecken ist. Im vorliegenden Fall ist somit der gegenüber der C ergangene Bescheid vom 14.6.2016 tatbestandlich erfasst; der Bescheid ist auch unanfechtbar geworden, weil es diesbezüglich auf den Eintritt der formellen Bestandskraft der C "gegenüber" ankommt.