13.06.2012

Kein ermäßigter Steuersatz für gemeinnützige Seminarveranstalter hinsichtlich Beherbergung und Beköstigung

Eine gemeinnützige Körperschaft, die Seminare steuerfrei veranstaltet, kann für die Beherbergung und Beköstigung von Seminarteilnehmern nicht den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % in Anspruch nehmen. Anders ist es, weshalb dem Urteil insoweit Grundsatzcharakter zukommt, nur, wenn es sich um Leistungen handelt, die für die Verwirklichung des Satzungszwecks unerlässlich sind oder die den Satzungszweck selbst verwirklichen.

BFH 8.3.2012, V R 14/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine gemeinnützige GmbH, die im Streitjahr 2007 Seminare für Betriebs- und Personalräte veranstaltet hatte. Sie führte die Seminare in Hotels durch und brachte die Seminarteilnehmer auf deren Bestellung in von ihr angemieteten Räumen unter. Sie berechnete für die Seminarteilnahme einen Seminarpreis sowie gesondert die Unterkunft mit Verpflegung im Hotel. Die Klägerin ging davon aus, dass ihre Leistungen bei der Ermöglichung der Seminarteilnahme nach § 4 Nr. 22 UStG 2005 steuerfrei seien, während sie hinsichtlich der Beherbergung mit Verpflegung den ermäßigten Steuersatz anwandte.

Das Finanzamt war demgegenüber der Auffassung, dass die Klägerin hinsichtlich der Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen den Regelsteuersatz anwenden müsse und erließ einen entsprechend Umsatzsteuerjahresbescheid. Die von der Klägerin an die Seminarteilnehmer erbrachten Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen unterlägen dem Regelsteuersatz, da die Klägerin diese Leistungen in unmittelbarem Wettbewerb mit vergleichbaren, aber dem Regelsteuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer wie z.B. Hotels erbracht habe.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Das FG war zu Recht davon ausgegangen, dass die Leistungen der Klägerin weder steuerfrei waren noch dem ermäßigten Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG unterlagen.

§ 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG entspricht nicht dem Unionsrecht. Danach sind nur die Leistungen der gemeinnützigen Körperschaften ermäßigt zu besteuern, die für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit tätig sind. Dies führt zu einer engen Auslegung von § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG, nach der gemeinnützige Körperschaften für die Leistungen ihrer sog. wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe den ermäßigten Steuersatz selbst dann nicht in Anspruch nehmen können, wenn zugleich ein - ansonsten steuerrechtlich privilegierter - Zweckbetrieb vorliegt. Anders ist es nur, wenn es sich um Leistungen handelt, die für die Verwirklichung des Satzungszwecks unerlässlich sind oder die den Satzungszweck selbst verwirklichen. Dies führt gegenüber der bisherigen Besteuerungspraxis zu erheblichen Einschränkungen.

Obwohl die Klägerin aufgrund der Unmöglichkeit einer richtlinienkonformen Auslegung die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8a S. 1 UStG erfüllte, war sie nach S. 2 dieser Vorschrift nicht zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes berechtigt, da die Steuerermäßigung nicht auf Leistungen anzuwenden ist, die - wie hier die entgeltlichen Verpflegungs- und Beherbergungsleistungen - im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Auch wenn hier ein Zweckbetrieb i.S.v. § 68 Nr. 8 AO vorlag, waren nicht die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8a S. 3 UStG gegeben, denn der Zweckbetrieb Beherbergung und Verpflegung diente vorrangig zur Erzielung zusätzlicher Einnahmen. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Inanspruchnahme der Steuerfreiheit gem. § 4 Nr. 22a UStG.

Die Klägerin erbrachte ihre Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen schließlich auch in unmittelbarem Wettbewerb zu Leistungen von Hotelbetreibern, deren Leistungen dem Regelsteuersatz unterlagen. Ohne Erfolg machte die Klägerin insoweit geltend, sie sei nicht als Wettbewerber, sondern als Kunde am Markt für Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen tätig gewesen, weil sie diese Leistung selbst "einkaufe". Entscheidend war vielmehr, dass die Klägerin mit den Leistungen in Wettbewerb zu anderen Unternehmern trat, die vergleichbare Leistungen ohne Anspruch auf Ermäßigung am Markt anbieten. Welcher Art die Vorleistungen sind, die der Zweckbetrieb zur Erbringung seiner eigenen Leistung beansprucht, war insoweit unerheblich.

Hintergrund:
Gemeinnützige Seminarveranstalter waren bereits bisher gezwungen, eine einheitliche Teilnahmegebühr, die z.B. Mittagessen oder Übernachtung mit Frühstück beim Seminar umfasst, aufzuteilen und den auf die Beköstigung und Beherbergung entfallenen Preisanteil zu versteuern. Während die gemeinnützigen Seminarveranstalter davon ausgingen, dass sie nach der für sie geltenden Sondervorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG den ermäßigten Steuersatz anwenden können, entschied der BFH nunmehr, dass Beherbergung und Beköstigung dem Regelsteuersatz unterliegen.

Das Urteil ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen verdeutlicht es die bei der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bestehenden Schwierigkeiten. So dürfen gemeinnützige Seminaranbieter nach dem für das Streitjahr 2007 ergangenen Urteil den ermäßigten Steuersatz weder für die Beherbergung noch für die Beköstigung anwenden. Dies ändert sich allerdings für spätere Besteuerungszeiträume ab 2010, ab denen die Neuregelung für den ermäßigten Steuersatz im Hotelgewerbe (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG) gilt. Gemeinnützige Seminaranbieter erbringen dann Leistungen, die drei gesonderten Regelungen unterliegen. Die Seminarveranstaltung selbst ist steuerfrei, die Beherbergung ist mit 7 % und das Mittagessen beim Seminar ist mit 19 % zu versteuern.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu gelangen, klicken Sie bitte hier.
BFH PM Nr. 44 vom 13.6.2012
Zurück