Kein ermäßigter Umsatzsteuersatz für Lieferung von Kunstgegenständen durch eine GbR mit Urheber als Beteiligter
FG Düsseldorf v. 4.5.2020 - 5 K 2912/17 U
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GbR, die im Jahr 2014 von dem Künstler (M) und der Galerie (G) gegründet worden war. Zweck der Gesellschaft ist die Herstellung und die Vermarktung einschließlich der Veräußerung von bis zu drei Skulptureninstallationen unter der Bezeichnung S sowie die Herstellung und Vermarktung von bis zu vier weiteren einzelnen Stelen, die nach den künstlerischen Vorgaben von M im Auftrag der Gesellschaft erstellt werden.
Am 7.11.2014 schlossen die Klägerin, der M und Herr R (als Käufer) einen Kauf- und Übereignungsvertrag über den Erwerb von zwei Skulptureninstallationen der Serie S. Am 13.11.2014 erteilte die Klägerin dem Erwerber eine Gesamtrechnung über den vertraglich vereinbarten Bruttoverkaufspreis "einschließlich gesetzlicher Mehrwertsteuer". Laut dieser Rechnung wurde ein Teilbetrag erst nach Übergabe der zweiten Installation fällig. In Bezug auf diese, im Streitjahr 2015 erfolgte Zahlung meldete die Klägerin im Rahmen ihrer Voranmeldungen Lieferungen und sonstige Leistungen zu 7% an.
Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass in Bezug auf die Lieferung der Skulptureninstallationen die Voraussetzungen einer Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. a oder b UStG nicht erfüllt seien. Aus dem Kauf- und Übertragungsvertrag vom 7.11.2014 gehe hervor, dass Urheber der veräußerten Skulptureninstallationen der M sei, während die Klägerin als Veräußerer und Lieferer aufgetreten sei. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. a UStG komme der ermäßigte Umsatzsteuersatz aber nur zur Anwendung, wenn die Lieferung vom Urheber des Kunstgegenstandes oder von seinem Rechtsnachfolger bewirkt werde. Eine Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. b Doppelbuch. bb UStG scheide ebenfalls aus. Es fehle an einer vorangegangenen Lieferung des Urhebers M an die Klägerin. Die Urheberstellung des Künstlers färbe auch nicht auf die GbR ab, um deren Umsätze privilegiert besteuern zu können.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. a UStG liegen nicht vor. Die Klägerin ist weder Urheberin oder Miturheberin noch Rechtsnachfolgerin des Urhebers der Skulptureninstallationen.
Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin wegen ihrer Rechtsform als GbR überhaupt als Urheberin oder Miturheberin in Betracht käme. Sie kann vielmehr schon deshalb nicht als Urheberin oder Miturheberin angesehen werden, da sie jedenfalls keinen eigenen schöpferischen Beitrag geleistet hat. Die Skulptureninstallationen wurden ausschließlich von M erdacht. Von diesem stammen auch die für die Fertigung erforderlichen Pläne. Die Klägerin war in diesen "Schöpfungsprozess" nicht einbezogen. Sie hat darüber hinaus auch keinen schöpferischen Beitrag dadurch geleistet, dass sie - entsprechend der Vereinbarung in § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags - die Herstellung der Skulptureninstallationen in Auftrag gegeben hatte.
Der Senat vermag sich nicht der von der Klägerin vertretenen Auffassung anzuschließen, dass in diesem Falle eine weite Auslegung des Urheberbegriffs dergestalt möglich ist, dass darunter auch gemeinschaftlich erstellte Kunstgegenstände fallen, die nur von einem Urheber veräußert werden. Greift man bei der Auslegung des Urheberbegriffs i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. a UStG nicht auf das UrhG zurück, wird eine eigenständige Auslegung des Begriffs des Urhebers erforderlich. Eine solche Auslegung hat bei der allgemeinen lexikalischen Wortbedeutung anzusetzen. Danach ist unter dem Begriff des Urhebers der "Verfasser bzw. Schöpfer literarischer, musikalischer oder bildnerischer Werke" zu verstehen. Diese lexikalische Wortbedeutung stimmt im Kern mit der Definition des § 7 UrhG überein. Eine eigenständige Auslegung würde daher zu keinem anderen Ergebnis als bei einer Anknüpfung an das UrhG führen. Auch in diesem Fall fehlt es an der Urheber- bzw. Miturheberschaft der Klägerin.
Schließlich kommt - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch keine analoge Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. b Doppelbuch bb UStG in Betracht. Dies gilt gleichermaßen für den von der Klägerin gezogenen "Erst-Recht-Schluss", bei dem es sich um den Unterfall einer Analogie handelt. Im Streitfall fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. § 12 Abs. 2 Nr. 13 UStG wurde durch das AmtshilfeRLUmsG vom 26.6.2013 eingefügt. Darüber hinaus wäre nach Auffassung des Senats aber auch bei einer unterstellten Gesetzeslücke nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Rechtsfolge des § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. b UStG, also die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes, auf die im Streitfall gegebene Konstellation hätte erstrecken wollen.
Allerdings wird die Revision zugelassen. Schließlich hat die Frage, ob in der im Streitfall gegebenen Konstellation eine analoge Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. b Doppelbuch. bb UStG möglich ist, grundsätzliche Bedeutung.
FG Düsseldorf online
Die Klägerin ist eine GbR, die im Jahr 2014 von dem Künstler (M) und der Galerie (G) gegründet worden war. Zweck der Gesellschaft ist die Herstellung und die Vermarktung einschließlich der Veräußerung von bis zu drei Skulptureninstallationen unter der Bezeichnung S sowie die Herstellung und Vermarktung von bis zu vier weiteren einzelnen Stelen, die nach den künstlerischen Vorgaben von M im Auftrag der Gesellschaft erstellt werden.
Am 7.11.2014 schlossen die Klägerin, der M und Herr R (als Käufer) einen Kauf- und Übereignungsvertrag über den Erwerb von zwei Skulptureninstallationen der Serie S. Am 13.11.2014 erteilte die Klägerin dem Erwerber eine Gesamtrechnung über den vertraglich vereinbarten Bruttoverkaufspreis "einschließlich gesetzlicher Mehrwertsteuer". Laut dieser Rechnung wurde ein Teilbetrag erst nach Übergabe der zweiten Installation fällig. In Bezug auf diese, im Streitjahr 2015 erfolgte Zahlung meldete die Klägerin im Rahmen ihrer Voranmeldungen Lieferungen und sonstige Leistungen zu 7% an.
Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass in Bezug auf die Lieferung der Skulptureninstallationen die Voraussetzungen einer Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. a oder b UStG nicht erfüllt seien. Aus dem Kauf- und Übertragungsvertrag vom 7.11.2014 gehe hervor, dass Urheber der veräußerten Skulptureninstallationen der M sei, während die Klägerin als Veräußerer und Lieferer aufgetreten sei. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. a UStG komme der ermäßigte Umsatzsteuersatz aber nur zur Anwendung, wenn die Lieferung vom Urheber des Kunstgegenstandes oder von seinem Rechtsnachfolger bewirkt werde. Eine Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. b Doppelbuch. bb UStG scheide ebenfalls aus. Es fehle an einer vorangegangenen Lieferung des Urhebers M an die Klägerin. Die Urheberstellung des Künstlers färbe auch nicht auf die GbR ab, um deren Umsätze privilegiert besteuern zu können.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. a UStG liegen nicht vor. Die Klägerin ist weder Urheberin oder Miturheberin noch Rechtsnachfolgerin des Urhebers der Skulptureninstallationen.
Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin wegen ihrer Rechtsform als GbR überhaupt als Urheberin oder Miturheberin in Betracht käme. Sie kann vielmehr schon deshalb nicht als Urheberin oder Miturheberin angesehen werden, da sie jedenfalls keinen eigenen schöpferischen Beitrag geleistet hat. Die Skulptureninstallationen wurden ausschließlich von M erdacht. Von diesem stammen auch die für die Fertigung erforderlichen Pläne. Die Klägerin war in diesen "Schöpfungsprozess" nicht einbezogen. Sie hat darüber hinaus auch keinen schöpferischen Beitrag dadurch geleistet, dass sie - entsprechend der Vereinbarung in § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags - die Herstellung der Skulptureninstallationen in Auftrag gegeben hatte.
Der Senat vermag sich nicht der von der Klägerin vertretenen Auffassung anzuschließen, dass in diesem Falle eine weite Auslegung des Urheberbegriffs dergestalt möglich ist, dass darunter auch gemeinschaftlich erstellte Kunstgegenstände fallen, die nur von einem Urheber veräußert werden. Greift man bei der Auslegung des Urheberbegriffs i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. a UStG nicht auf das UrhG zurück, wird eine eigenständige Auslegung des Begriffs des Urhebers erforderlich. Eine solche Auslegung hat bei der allgemeinen lexikalischen Wortbedeutung anzusetzen. Danach ist unter dem Begriff des Urhebers der "Verfasser bzw. Schöpfer literarischer, musikalischer oder bildnerischer Werke" zu verstehen. Diese lexikalische Wortbedeutung stimmt im Kern mit der Definition des § 7 UrhG überein. Eine eigenständige Auslegung würde daher zu keinem anderen Ergebnis als bei einer Anknüpfung an das UrhG führen. Auch in diesem Fall fehlt es an der Urheber- bzw. Miturheberschaft der Klägerin.
Schließlich kommt - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch keine analoge Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. b Doppelbuch bb UStG in Betracht. Dies gilt gleichermaßen für den von der Klägerin gezogenen "Erst-Recht-Schluss", bei dem es sich um den Unterfall einer Analogie handelt. Im Streitfall fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. § 12 Abs. 2 Nr. 13 UStG wurde durch das AmtshilfeRLUmsG vom 26.6.2013 eingefügt. Darüber hinaus wäre nach Auffassung des Senats aber auch bei einer unterstellten Gesetzeslücke nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Rechtsfolge des § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. b UStG, also die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes, auf die im Streitfall gegebene Konstellation hätte erstrecken wollen.
Allerdings wird die Revision zugelassen. Schließlich hat die Frage, ob in der im Streitfall gegebenen Konstellation eine analoge Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buch. b Doppelbuch. bb UStG möglich ist, grundsätzliche Bedeutung.