Kein Finanzrechtsweg für Klage auf Akteneinsicht nach Abschluss des Besteuerungsverfahrens zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen
Schleswig-Holsteinisches FG 8.11.2011, 5 K 113/11Der Kläger begehrt zur Geltendmachung einer Schadensersatzklage Einsicht in seine Steuerakten für die Jahre 1995 bis 1997. Mit Schreiben von Juni 2010 beantragte der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten Einsicht in die über ihn geführten Steuerakten. Zudem teilte er mit, dass sein Prozessbevollmächtigter beauftragt worden sei, für ihn eine Schadensersatzklage gegen das Land Schleswig-Holstein wegen einer verdeckten Gewinnausschüttung 1996 und der dadurch festgesetzten Steuern zu führen. Die aktuellen Vorgänge seien nicht betroffen.
Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Akteneinsicht ab, da kein berechtigtes Interesse des Klägers gegeben sei. Der Kläger macht mit seiner Klage geltend, das Finanzamt habe § 5 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Schleswig-Holstein (IFG-SH) nicht beachtet. Danach habe die Behörde nach Wahl des Klägers Auskunft zu erteilen oder die Informationsträger zugängig zu machen. Nichts anderes folge aus § 27 LDSG sowie § 198 LVwG. Diese Verpflichtung gelte auch für den Beklagten als Landesbehörde. Die AO stünde dem nicht entgegen. Das Finanzamt ist hingegen der Ansicht, das IFG-SH sei nicht einschlägig, da durch dieses Gesetz nicht der Auskunftsanspruch für eigene Daten geregelt werde.
Das FG entschied, dass der Finanzrechtsweg unzulässig ist und verwies den Rechtsstreit deshalb nach § 17 a Abs. 2 S. 1 GVG an das sachlich und örtlich zuständige Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht. Die Beschwerde zum BFH wurde zugelassen.
Die Gründe:
Der Finanzrechtsweg ist unzulässig.
Die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wonach in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten der Finanzrechtsweg eröffnet ist, liegen nicht vor. Der Rechtsstreit hängt nicht mit der Verwaltung von Abgaben zusammen, weil der Kläger keine Akteneinsicht begehrt, um die daraus gewonnenen Informationen in welcher Weise auch immer im Zusammenhang mit der Steuerfestsetzung oder Steuererhebung (Verwaltung der Abgaben) zu verwerten, sondern aus einem außersteuerlichen Grunde die Akteneinsicht erzwingen will.
Der Rechtsstreit betrifft auch keine Angelegenheit, die nach der Alternative des § 33 Abs. 2 FGO "sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden" zusammenhängt. Das Finanzamt hat den erhobenen Anspruch gerade mit der Begründung abgelehnt, er ergebe sich nicht aus der AO. Auch der Kläger geht davon aus, dass er seinen Anspruch aus Anspruchsgrundlagen herzuleiten hat, die anderen Rechtsquellen als dem Abgabenrecht entspringen, nämlich primär dem IFG-SH, und im Übrigen dem Verfassungsrecht (Art. 2 i.V.m. Art. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG) sowie dem Bundesdatenschutzrecht. Im Kern geht es daher um die Entscheidung von Rechtsfragen, deren Rechtsgrundlagen den Arbeitsgebieten der allgemeinen Verwaltungsgerichte zugewiesen sind.
Der Finanzrechtsweg steht nicht zur Verfügung, um losgelöst und unabhängig von einem Steuerschuldverhältnis den Inhalt von Rechtsverhältnissen klären zu lassen, die außersteuerlichen Charakter haben und deren Klärung nicht der Verwirklichung des Steuerrechtsschutzes dient. Dem steht § 17 Abs. 2 S. 1 GVG nicht entgegen, nach dem das Gericht des zulässigen Rechtswegs unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden hat. Denn diese Vorschrift betrifft allein die Klärung von (Vor-)Fragen aus rechtswegfremden Rechtsbereichen. Sie setzt voraus, dass für die (Haupt-)Problematik der - hier nicht gegebene - Rechtsweg zum angerufenen Gericht zulässig ist.
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