Kein Herstellerprivileg für die Herstellung von sog. Kuppelprodukten
BFH v. 19.3.2019 - VII R 13/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war Inhaberin einer Erlaubnis zur Herstellung von Energieerzeugnissen unter Steueraussetzung und betrieb eine Tierkörperbeseitigungsanstalt, in der tierische Nebenprodukte zu Tiermehl und Tierfett verarbeitet wurden. Tiermehl verkaufte sie als Brennstoff. Tierfett verkaufte sie zum Teil als Energieerzeugnis bzw. an Unternehmen der Oleochemie, zum Teil verwendete sie es selbst als Heizstoff für die Erzeugung von Prozessdampf im eigenen Unternehmen. Der erzeugte Dampf wurde bei der Sterilisation und der Trocknung der Masse tierischen Ursprungs eingesetzt. Erst nach der Trocknung der gesamten Masse erfolgte eine mechanische Trennung in Tierfett einerseits und in ein Vorprodukt des Tiermehls, das dann zu Tiermehl verarbeitet wurde, andererseits.
Für das von ihr zur Verwendung als Heizstoff bestimmte und für die eigene Dampferzeugung verwendete Tierfett gab die Klägerin keine Steueranmeldung ab, da dieses Tierfett der Herstellung von Energieerzeugnissen gedient habe (§ 26 Abs. 1 EnergieStG). Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 2009 und 2010 gelangte das Hauptzollamt zu der Ansicht, das Tierfett habe mit dem Einsatz oder dem Verkauf zum Verheizen die Zweckbestimmung Heizstoff erhalten und sei dadurch zu einem Energieerzeugnis i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 1 und § 4 Nr. 1 EnergieStG geworden. Es könne daher nur insoweit steuerfrei gestellt werden, als es zur Herstellung von Energieerzeugnissen eingesetzt worden sei, d.h. für 2009 i.H.v. 30,59 % und für 2010 i.H.v. 18,09 %. Für den insoweit nicht begünstigten Teil des Tierfetts sei für 2009 und 2010 Energiesteuer entstanden und noch zu erheben.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 EnergieStG entsteht die Energiesteuer dadurch, dass Energieerzeugnisse i.S.d. § 4 EnergieStG zum Ge- oder Verbrauch innerhalb des Steuerlagers entnommen werden. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Das von der Steuerpflichtigen zur Dampferzeugung eingesetzte Tierfett ist eine Ware der Position 1518 der Kombinierten Nomenklatur und damit ein Energieerzeugnis nach § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 4 Nr. 1 EnergieStG, das dazu bestimmt war, als Heizstoff verwendet zu werden, und tatsächlich als solcher verwendet worden ist.
Tierfette können jedoch gem. § 26 Abs. 1 EnergieStG steuerfrei verwendet werden zur Aufrechterhaltung eines Herstellungsbetriebs i.S.d. § 6 EnergieStG. Herstellungsbetriebe sind nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG Betriebe, in denen Energieerzeugnisse i.S.d. § 4 EnergieStG hergestellt werden. Ein Herstellungsbetrieb liegt nur dann vor, wenn in den Anlagen Herstellungshandlungen vorgenommen werden. Herstellungshandlungen sind das Gewinnen oder Bearbeiten und u.a. im Fall des § 4 Nr. 1 EnergieStG das Bestimmen der Waren zur Verwendung als Kraft- oder Heizstoff (§ 6 Abs. 1 Satz 2 EnergieStG). Das Bestimmen setzt eine innere Willensbildung und eine nach außen erkennbare Manifestation dieses inneren Willens voraus. Die verschiedenen Herstellungshandlungen stehen gleichberechtigt nebeneinander und müssen auf dem Betriebsgelände erfolgen (§ 26 Abs. 1 EnergieStG).
Im Streitfall stand der Klägerin keine Steuerfreiheit zu, soweit mit dem als Heizstoff verwendeten Tierfett Tiermehl hergestellt wurde. Denn die Steuerbefreiung kann nur für die Herstellung von Energieerzeugnissen in Anspruch genommen werden. Anderenfalls könnte durch eine verhältnismäßig geringe Produktion von Energieerzeugnissen eine Steuerbegünstigung auch für die Herstellung anderer Produkte erlangt werden. Zudem widerspräche eine weiter gehende Steuerbefreiung dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), weil andere Herstellungsbetriebe ohne Herstellung verbrauchsteuerpflichtiger Energieerzeugnisse ohne rechtfertigenden Grund nicht begünstigt wären. Die Steuerpflichtige konnte das Herstellerprivileg nach § 26 Abs. 1 EnergieStG nicht in Anspruch nehmen, soweit sie Tierfett zur Erzeugung von Tiermehl eingesetzt hat. Denn bei diesem handelt es sich nicht um ein Energieerzeugnis i.S.v. § 4 i.V.m. § 1 Abs. 2 EnergieStG.
Etwas anderes ergibt sich nicht deshalb, weil es sich bei dem von der Steuerpflichtigen hergestellten Tiermehl um ein "Kuppelprodukt" handeln soll. Unter Kuppelprodukten versteht die Steuerpflichtige Produkte, die technisch nicht unabhängig voneinander produziert werden können, mithin zwangsläufig bei der Herstellung von Energieerzeugnissen (im Streitfall Tierfett) anfallen. Weder der Begriff des "Kuppelproduktes" noch die vom FG zur Abgrenzung gestellte Frage, ob das "Kuppelprodukt" verkauft werden kann, finden in der EnergieStRL oder im EnergieStG eine Stütze. Vielmehr stellt das Gesetz allein auf die Aufrechterhaltung des (Herstellungs-)Betriebs ab.
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Die Klägerin war Inhaberin einer Erlaubnis zur Herstellung von Energieerzeugnissen unter Steueraussetzung und betrieb eine Tierkörperbeseitigungsanstalt, in der tierische Nebenprodukte zu Tiermehl und Tierfett verarbeitet wurden. Tiermehl verkaufte sie als Brennstoff. Tierfett verkaufte sie zum Teil als Energieerzeugnis bzw. an Unternehmen der Oleochemie, zum Teil verwendete sie es selbst als Heizstoff für die Erzeugung von Prozessdampf im eigenen Unternehmen. Der erzeugte Dampf wurde bei der Sterilisation und der Trocknung der Masse tierischen Ursprungs eingesetzt. Erst nach der Trocknung der gesamten Masse erfolgte eine mechanische Trennung in Tierfett einerseits und in ein Vorprodukt des Tiermehls, das dann zu Tiermehl verarbeitet wurde, andererseits.
Für das von ihr zur Verwendung als Heizstoff bestimmte und für die eigene Dampferzeugung verwendete Tierfett gab die Klägerin keine Steueranmeldung ab, da dieses Tierfett der Herstellung von Energieerzeugnissen gedient habe (§ 26 Abs. 1 EnergieStG). Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 2009 und 2010 gelangte das Hauptzollamt zu der Ansicht, das Tierfett habe mit dem Einsatz oder dem Verkauf zum Verheizen die Zweckbestimmung Heizstoff erhalten und sei dadurch zu einem Energieerzeugnis i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 1 und § 4 Nr. 1 EnergieStG geworden. Es könne daher nur insoweit steuerfrei gestellt werden, als es zur Herstellung von Energieerzeugnissen eingesetzt worden sei, d.h. für 2009 i.H.v. 30,59 % und für 2010 i.H.v. 18,09 %. Für den insoweit nicht begünstigten Teil des Tierfetts sei für 2009 und 2010 Energiesteuer entstanden und noch zu erheben.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 EnergieStG entsteht die Energiesteuer dadurch, dass Energieerzeugnisse i.S.d. § 4 EnergieStG zum Ge- oder Verbrauch innerhalb des Steuerlagers entnommen werden. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Das von der Steuerpflichtigen zur Dampferzeugung eingesetzte Tierfett ist eine Ware der Position 1518 der Kombinierten Nomenklatur und damit ein Energieerzeugnis nach § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 4 Nr. 1 EnergieStG, das dazu bestimmt war, als Heizstoff verwendet zu werden, und tatsächlich als solcher verwendet worden ist.
Tierfette können jedoch gem. § 26 Abs. 1 EnergieStG steuerfrei verwendet werden zur Aufrechterhaltung eines Herstellungsbetriebs i.S.d. § 6 EnergieStG. Herstellungsbetriebe sind nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG Betriebe, in denen Energieerzeugnisse i.S.d. § 4 EnergieStG hergestellt werden. Ein Herstellungsbetrieb liegt nur dann vor, wenn in den Anlagen Herstellungshandlungen vorgenommen werden. Herstellungshandlungen sind das Gewinnen oder Bearbeiten und u.a. im Fall des § 4 Nr. 1 EnergieStG das Bestimmen der Waren zur Verwendung als Kraft- oder Heizstoff (§ 6 Abs. 1 Satz 2 EnergieStG). Das Bestimmen setzt eine innere Willensbildung und eine nach außen erkennbare Manifestation dieses inneren Willens voraus. Die verschiedenen Herstellungshandlungen stehen gleichberechtigt nebeneinander und müssen auf dem Betriebsgelände erfolgen (§ 26 Abs. 1 EnergieStG).
Im Streitfall stand der Klägerin keine Steuerfreiheit zu, soweit mit dem als Heizstoff verwendeten Tierfett Tiermehl hergestellt wurde. Denn die Steuerbefreiung kann nur für die Herstellung von Energieerzeugnissen in Anspruch genommen werden. Anderenfalls könnte durch eine verhältnismäßig geringe Produktion von Energieerzeugnissen eine Steuerbegünstigung auch für die Herstellung anderer Produkte erlangt werden. Zudem widerspräche eine weiter gehende Steuerbefreiung dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), weil andere Herstellungsbetriebe ohne Herstellung verbrauchsteuerpflichtiger Energieerzeugnisse ohne rechtfertigenden Grund nicht begünstigt wären. Die Steuerpflichtige konnte das Herstellerprivileg nach § 26 Abs. 1 EnergieStG nicht in Anspruch nehmen, soweit sie Tierfett zur Erzeugung von Tiermehl eingesetzt hat. Denn bei diesem handelt es sich nicht um ein Energieerzeugnis i.S.v. § 4 i.V.m. § 1 Abs. 2 EnergieStG.
Etwas anderes ergibt sich nicht deshalb, weil es sich bei dem von der Steuerpflichtigen hergestellten Tiermehl um ein "Kuppelprodukt" handeln soll. Unter Kuppelprodukten versteht die Steuerpflichtige Produkte, die technisch nicht unabhängig voneinander produziert werden können, mithin zwangsläufig bei der Herstellung von Energieerzeugnissen (im Streitfall Tierfett) anfallen. Weder der Begriff des "Kuppelproduktes" noch die vom FG zur Abgrenzung gestellte Frage, ob das "Kuppelprodukt" verkauft werden kann, finden in der EnergieStRL oder im EnergieStG eine Stütze. Vielmehr stellt das Gesetz allein auf die Aufrechterhaltung des (Herstellungs-)Betriebs ab.
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