Kein Schadensersatz für Adoptiveltern wegen mutmaßlicher Kenntnis des Jugendamts vom Alkoholkonsum der Mutter
OLG Frankfurt a.M. 21.5.2013, 1 U 305/12Die Kläger adoptierten 1998 zwei Kleinkinder derselben Kindesmutter. Beide Kinder entwickelten sich physisch und psychisch problematisch. Im Jahre 2011 wurde festgestellt, dass beide Kinder am sog. "Fetalen-Alkohol-Syndrom" (FAS), leiden, einer vorgeburtlich entstandenen Schädigung durch von der schwangeren Mutter aufgenommenen Alkohol. Sie sind heute zu 100 Prozent schwerbehindert und leben in betreuenden Einrichtungen.
Die Kläger - die Adoptivmutter ist inzwischen verstorben - behaupten, gestützt auf spätere Angaben der Kindesmutter und des leiblichen Vaters, die Kindesmutter habe ein Alkoholproblem gehabt und während beider Schwangerschaften Alkohol konsumiert. Dies hätten die beiden beteiligten Jugendamtsmitarbeiterinnen von Anfang an gewusst. Jedenfalls seien so deutliche Anzeichen hierfür vorhanden gewesen, dass das Jugendamt diesem Gesichtspunkt hätte nachgehen müssen.
Die Kläger machen geltend, sie hätten sich wegen einer schon damals bestehenden chronischen Erkrankung der Adoptivmutter eine Adoption der Kinder mit Blick auf die bei diesen bestehenden gesundheitlichen Risiken nicht zugetraut, wenn sie von dem Alkoholkonsum der Kindesmutter in der Schwangerschaft gewusst hätten. Dass die Jugendamtsmitarbeiterinnen das Alkoholproblem nicht offenbart hätten, stelle eine Verletzung der Amtspflichten des Jugendamts - und damit der Stadt - in einem Adoptionsverfahren dar. Die Kläger verlangen Ersatz des für die beiden Kinder aufgewendeten Unterhalts und die Feststellung, dass die Stadt für alle künftigen Schäden einzustehen habe.
Das LG wies die Klage ab. Die Berufung der Kläger hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen. Hiergegen steht die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH offen.
Die Gründe:
Den Klägern steht der gegenüber der beklagten Stadt geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Die Kläger tragen die Beweislast für ihre Behauptung, die Jugendamtsmitarbeiterinnen hätten den Alkoholkonsum gekannt - diesen Beweis konnten sie jedoch nicht führen.
Nach der Beweisaufnahme spricht zwar alles dafür, dass die Kindesmutter während der beiden Schwangerschaften tatsächlich Alkohol zu sich genommen hat. Es ist jedoch nicht erwiesen, dass die beiden Jugendamtsmitarbeiterinnen dies wussten oder hinreichend sichere Anzeichen hierfür hatten. Die Kindesmutter hat nicht bestätigt, dass sie den Jugendamtsmitarbeiterinnen den Alkoholkonsum mitgeteilt hat. Ihre gegenteilige frühere schriftliche Angabe war falsch, sie hat plausibel geschildert, wie es dazu gekommen ist.
Auch in Zusammenhang mit der Aussage des leiblichen Vaters konnte keine hinreichend sichere Feststellung getroffen werden, dass den Jugendamtsmitarbeiterinnen der Alkoholkonsum bekannt war. Denn es kommt auch in Betracht, dass der für die Jugendamtsmitarbeiterinnen erkennbar schlechte gesundheitliche Zustand der Kindesmutter auf andere gravierende, ihnen bekannte und den Klägern auch offen gelegte Erkrankungen zurückzuführen war. Andere Beweismittel kommen nicht in Betracht, insbes. ist die von den Klägern beantragte Beiziehung der Jugendamtsakte betreffend ein weiteres, älteres Kind der Kindesmutter aus rechtlichen Gründen nicht zulässig.