Kein "Wahlrecht" zur Überschussrechnung für atypisch still Beteiligten an einer bilanzierenden ausländischen GmbH
BFH 25.6.2014, I R 24/13Der Kläger beteiligte sich im Streitjahr 2008 atypisch still an einer in Österreich ansässigen GmbH, die mit Edelmetallen handelte und ihre Geschäfte im November 2008 aufgenommen hatte. Dazu teilte er mit, dass die GmbH laufend An- und Verkäufe von Buntmetallen durchgeführt habe und auch die im Streitjahr von dieser erworbenen Kupfer- und Manganerzlager zwischen März und August 2009 wieder veräußert worden seien. Die Umsätze hätten zwischen 100.000 € und 5 Mio. € betragen; der Handelswarenumsatz habe sich auf rund 85 Mio. € belaufen. In geringerem Umfang sei die C-GmbH auch beratend tätig. Sie habe ihren Gewinn und Verlust im Wege der Bilanzierung ermittelt.
Aus seiner Beteiligung erklärte der Kläger nach Art. 7 und Art. 23 Abs. 1a DBA-Österreich 2000 steuerfreie gewerbliche Einkünfte, die er dem sog. negativen Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG i.d.F. des JStG 2007 unterwarf. Den Verlust errechneten er im Wege der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 2002, wobei die Anschaffungskosten für die im Streitjahr getätigten Rohstofferwerbe als sofort abziehbare Betriebsausgaben angesetzt wurden.
Das Finanzamt folgte dem zwar dem Grunde nach. Es war jedoch der Ansicht, dass eine alternative Gewinnermittlung nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 EStG 2002 und ein sofortiger Abzug der Anschaffungskosten für die gehandelten Edelmetalle als Betriebsausgaben ausscheide. Das FG gab der hiergegen gerichteten (Sprung-)Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Zu Unrecht hatte das FG angenommen, der Kläger habe seinen Gewinnanteil aus der atypisch stillen Beteiligung an der GmbH im Wege der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 2002 ermitteln können. Richtigerweise ist auch dieser Gewinnanteil - wie der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft insgesamt - durch Vermögensvergleich zu ermitteln, und auf dieser Basis ist der angefochtene Einkommensteuerbescheid zu bestätigen.
Der Kläger war nicht nur dann, wenn die atypisch stille Gesellschaft über eine Inlandsbetriebsstätte verfügen sollte, sondern auch dann, wenn das zu verneinen wäre, gehalten, seinen Gewinnanteil an der atypisch stillen Gesellschaft nach Maßgabe des deutschen Rechts einheitlich durch Vermögensvergleich zu ermitteln. Er konnte deswegen die Anschaffungskosten der erworbenen Edelmetalle nicht unmittelbar als Betriebsausgaben in Abzug bringen, woraus sich wiederum ergab, dass die Berechnung des Steuersatzes nach Maßgabe von § 32a Abs. 1 und Abs. 5 i.V.m. § 32b Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und Abs. 1 Nr. 3 EStG 2002 n.F. so, wie sie vom Finanzamt vorgenommen worden war, entgegen der Vorinstanz richtig ist.
Nach § 4 Abs. 3 S. 1 EStG 2002 können (nur) Steuerpflichtige als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen, die - erstens - nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und - zweitens - die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen. Damit knüpft die Vorschrift an die allgemeinen abgabenrechtlichen Bestimmungen über die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten in §§ 140 ff. AO an, die ihrerseits auf die einschlägigen handelsrechtlichen Pflichten zurückzuführen sind.
An diesen tatbestandlichen Anforderungen fehlte es hier allerdings. Die GmbH wird vom einschlägigen österreichischen Handelsrecht verpflichtet, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen. Infolgedessen stand dem Kläger als atypisch still beteiligtem Gesellschafter kein "Wahlrecht" zu, von der Gewinnermittlung abzuweichen und nur für seine Person den Gewinnanteil im Wege der Überschussrechnung zu ermitteln. Vielmehr war der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft für alle an ihr Beteiligten einheitlich zu ermitteln. Dass der Inhaber des Handelsgeschäfts in Österreich ansässig ist, änderte nichts daran. Die Abschlüsse der atypisch stillen Gesellschaft sind auch in solchen Situationen für die Zwecke der inländischen Besteuerung prinzipiell nach deutschem Handels- und Steuerrecht und hierbei nach den allgemeinen innerstaatlichen Gewinnermittlungsvorschiften aufzustellen.
Das führte hier zur Anwendung von § 4 Abs. 1 EStG 2002. Bei der Gewinnermittlung war somit vom Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen, auszugehen.
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