30.06.2015

Kein Zinsverzicht bei Zahlung wenige Tage vor Ablauf der Stundung

Ein teilweiser Verzicht auf die Erhebung von Stundungszinsen nach § 234 Abs. 2 AO kommt nicht in Betracht, wenn der Steueranspruch sechs Tage vor Ablauf der gewährten Stundung erfüllt wird. Dem verfassungsrechtlichen Übermaßverbot wird durch die Beschränkung des Zinsverzichts auf die Fälle der vorzeitigen Tilgung mehr als einen Monat vor Fälligkeit des gestundeten Steueranspruchs ausreichend Rechnung getragen.

FG Hamburg 18.2.2015, 4 K 49/14
Der Sachverhalt:
Das Finanzamt gewährte auf Antrag der Klägerin eine Stundung der am 10.1.2011 fälligen Umsatzsteuer-Vorauszahlung für IV/2010 i.H.v. rd. 26 Mio. € bis zum 14.3.2011. Die Klägerin zahlte die gestundeten Beträge bereits am 7.3.2011 an das Finanzamt. Aufgrund der gewährten Stundung setzte das Finanzamt Stundungszinsen i.H.v. 261.621 € fest, die für die Dauer der gewährten Stundung vom 11.1.2011 bis zum 14.3.2011 erhoben wurden. Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin nach erfolglosem Antrag beim Finanzamt den Erlass anteiliger Stundungszinsen i.H.v. 26.162 € nach § 234 Abs. 2 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Ablehnung des Erlassantrags war ermessensfehlerfrei.

Beim Verzicht auf Stundungszinsen nach § 234 Abs. 2 AO handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine Verpflichtung des Finanzamts zum Erlass der Stundungszinsen durch das Gericht kommt nur bei einer Ermessensreduzierung "auf Null" in Betracht. Das Finanzamt hat die Ablehnung des Erlassantrags vorliegend jedoch zutreffend auf die Verwaltungsvorschrift in Nr. 1 Abs. 2 AEAO zu § 234 AO gestützt, nach der auf Stundungszinsen nach § 234 Abs. 2 AO nur insoweit verzichtet werden kann, als der gestundete Anspruch mehr als einen Monat vor Fälligkeit getilgt wird. Im Streitfall erfolgte die Zahlung jedoch nur sechs Tage vor der mit dem Ablauf der Stundung eingetretenen Fälligkeit.

Hat die Finanzverwaltung zur Ausfüllung des ihr zustehenden Ermessensspielraums Richtlinien erlassen, so haben die Gerichte grundsätzlich nur zu prüfen, ob die Richtlinien selbst einer sachgerechten Ermessensausübung entsprechen und ob sich die Finanzämter an die Richtlinie gehalten haben. Die ermessenslenkende Verwaltungsanweisung in Nr. 1 Abs. 2 AEAO zu § 234 AO entspricht den gesetzlichen Anforderungen an die Ermessensausübung, da für die Erhebung von Stundungszinsen gem. § 234 Abs. 1 AO eine Sollverzinsung nach der Dauer der gewährten Stundung unabhängig davon vorgesehen ist, wann der gestundete Betrag gezahlt worden ist.

Dem verfassungsrechtlichen Übermaßverbot wird durch die Beschränkung des Zinsverzichts auf die Fälle der vorzeitigen Tilgung mehr als einen Monat vor Fälligkeit des gestundeten Steueranspruchs in ausreichender Weise Rechnung getragen. Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot ergibt sich im Streitfall auch nicht aus der Höhe des täglichen Zinsbetrags von 4.360 €.

FG Hamburg NL vom 30.6.2015
Zurück