Keine Anerkennung der nach Ablauf des Abzugsjahres geänderten Gewinnverteilungsabrede für den Fall der Nichtinvestition nach § 7g EStG
Kurzbesprechung
BFH v. 29. 9. 2022 - IV R 18/19
EStG § 4 Abs 3, § 6 Abs 3, § 7g, § 15 Abs 1 S 1 Nr. 2 S 1, § 36 Abs 1
FGO § 48 Abs 1 Nr. 1
AO § 172 Abs 1 S 1 Nr. 2 Buchst d, § 179, § 180 Abs 1 S 1 Nr. 2 Buchst a
BGB § 158, § 159, § 736 Abs 1
Steuerpflichtige wie auch Personengesellschaften können nach § 7g Abs. 1 Satz 1, Abs. 7 EStG für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (IAB). Diese Möglichkeit besteht auch dann, wenn der Steuerpflichtige bzw. die Personengesellschaft den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt (§ 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c EStG).
Nach § 7g Abs. 3 EStG ist der nach § 7g Abs. 1 EStG vorgenommene Abzug des IAB rückgängig zu machen, soweit der IAB nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach § 7g Abs. 2 EStG für die Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten Wirtschaftsguts hinzugerechnet wurde. Wurde der Gewinn im Wirtschaftsjahr des Abzugs bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung zugrunde gelegt, so ist der entsprechende Steuer- oder Feststellungsbescheid insoweit zu ändern (§ 7g Abs. 3 Satz 2 EStG). Die Korrektur ist auf den Umfang des geltend gemachten und berücksichtigten Abzugsbetrags begrenzt. Über diesen Rahmen hinausgehende Änderungen dürfen nur vorgenommen werden, wenn sie durch andere Änderungsnormen gedeckt sind.
Materiell-rechtlich ist die Auflösung eines IAB nach § 7g Abs. 3 EStG im Abzugsjahr bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG als Betriebseinnahme zu behandeln. Auf diese Weise wird die im Abzugsjahr durch Bildung des IAB erfolgte Gewinnminderung rückgängig gemacht.
Wird - wie im Streitfall - bei der Gewinnermittlung durch eine Mitunternehmerschaft ein IAB abgezogen und geht der Betrieb der Mitunternehmerschaft unentgeltlich auf einen Rechtsnachfolger über, so kann dieser innerhalb der gesetzlichen Frist Investitionen tätigen und die Abzugsbeträge hinzurechnen i.S. von § 7g Abs. 2 EStG. Eine Auflösung des bei dem vormaligen Betriebsinhaber gebildeten IAB hat deshalb zu unterbleiben, soweit der unentgeltliche Rechtsnachfolger innerhalb der Investitionsfrist die Hinzurechnung nach § 7g Abs. 2 EStG vornimmt.
Im Streitfall konnte daher der von der zweigliedrigen GbR in ihrem Gesamthandsvermögen im Streitjahr 2010 gebildete IAB nach Ausscheiden einer Gesellschafterin von der den Betrieb als Einzelunternehmen fortführenden Gesellschafterin deshalb innerhalb des Betriebs ihres Einzelunternehmens als Rechtsnachfolgerin fortgeführt werden. Für sie bestand dann allerdings auch die Obliegenheit, die Hinzurechnungen für durchgeführte Investitionen bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres vorzunehmen. Dies war im Streitfall nicht erfolgt.
Der sich aus der Auflösung des IAB ergebende Gewinn war nach der im Gesellschaftsvertrag getroffenen Abrede zu verteilen. Denn für die Verteilung des Gewinns und Verlusts der Gesellschaft, d.h. für die Bestimmung des Teilbetrags vom Gewinn oder Verlust der Gesellschaft, der dem einzelnen Gesellschafter einkommensteuerrechtlich als Gewinn- oder Verlustanteil i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG zuzurechnen ist, ist grundsätzlich der zivilrechtliche Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel maßgeblich, wie er sich für den Einzelfall aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags und ggf. ergänzenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs ergibt.
Rückwirkende Änderungen von Gewinnverteilungsabreden, wie dies im Streitfall erfolgt war, sind für die Besteuerung danach grundsätzlich unbeachtlich. Denn der Gewinn wird im Wesentlichen durch die schon während des laufenden Wirtschaftsjahres erfolgenden Geschäftsvorfälle bestimmt, die steuerrechtlich nicht mehr rückwirkend beeinflusst ‑ d.h. rückwirkend herbeigeführt oder ungeschehen gemacht oder in ihrem Inhalt verändert ‑ werden können. Es ist deshalb ‑ auch noch vor Entstehung der Steuer am Ende des Veranlagungszeitraums (§ 36 Abs. 1 EStG) ‑ nicht zulässig, bei unveränderter personeller Besetzung einer Personengesellschaft durch Veränderung der Gewinnverteilungsabrede während des Wirtschaftsjahres den bis dahin entstandenen Gewinn oder Verlust von dem einen auf den anderen Gesellschafter zu übertragen.
Dies ist auch dann nicht zulässig, wenn die für die Inanspruchnahme eines Bewertungswahlrechts ‑ wie eine erhöhte Absetzung oder Sonderabschreibung ‑ erforderliche Erklärung erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres bei Aufstellung der Bilanz abgegeben wird. Auch hier ist maßgeblich, dass sich der diesen Bewertungsmaßnahmen zugrunde liegende fiktive Wertverzehr ‑ wie der normale Wertverzehr ‑ fortlaufend während des Wirtschaftsjahres verwirklicht.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 4 Abs 3, § 6 Abs 3, § 7g, § 15 Abs 1 S 1 Nr. 2 S 1, § 36 Abs 1
FGO § 48 Abs 1 Nr. 1
AO § 172 Abs 1 S 1 Nr. 2 Buchst d, § 179, § 180 Abs 1 S 1 Nr. 2 Buchst a
BGB § 158, § 159, § 736 Abs 1
Steuerpflichtige wie auch Personengesellschaften können nach § 7g Abs. 1 Satz 1, Abs. 7 EStG für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (IAB). Diese Möglichkeit besteht auch dann, wenn der Steuerpflichtige bzw. die Personengesellschaft den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt (§ 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c EStG).
Nach § 7g Abs. 3 EStG ist der nach § 7g Abs. 1 EStG vorgenommene Abzug des IAB rückgängig zu machen, soweit der IAB nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach § 7g Abs. 2 EStG für die Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten Wirtschaftsguts hinzugerechnet wurde. Wurde der Gewinn im Wirtschaftsjahr des Abzugs bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung zugrunde gelegt, so ist der entsprechende Steuer- oder Feststellungsbescheid insoweit zu ändern (§ 7g Abs. 3 Satz 2 EStG). Die Korrektur ist auf den Umfang des geltend gemachten und berücksichtigten Abzugsbetrags begrenzt. Über diesen Rahmen hinausgehende Änderungen dürfen nur vorgenommen werden, wenn sie durch andere Änderungsnormen gedeckt sind.
Materiell-rechtlich ist die Auflösung eines IAB nach § 7g Abs. 3 EStG im Abzugsjahr bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG als Betriebseinnahme zu behandeln. Auf diese Weise wird die im Abzugsjahr durch Bildung des IAB erfolgte Gewinnminderung rückgängig gemacht.
Wird - wie im Streitfall - bei der Gewinnermittlung durch eine Mitunternehmerschaft ein IAB abgezogen und geht der Betrieb der Mitunternehmerschaft unentgeltlich auf einen Rechtsnachfolger über, so kann dieser innerhalb der gesetzlichen Frist Investitionen tätigen und die Abzugsbeträge hinzurechnen i.S. von § 7g Abs. 2 EStG. Eine Auflösung des bei dem vormaligen Betriebsinhaber gebildeten IAB hat deshalb zu unterbleiben, soweit der unentgeltliche Rechtsnachfolger innerhalb der Investitionsfrist die Hinzurechnung nach § 7g Abs. 2 EStG vornimmt.
Im Streitfall konnte daher der von der zweigliedrigen GbR in ihrem Gesamthandsvermögen im Streitjahr 2010 gebildete IAB nach Ausscheiden einer Gesellschafterin von der den Betrieb als Einzelunternehmen fortführenden Gesellschafterin deshalb innerhalb des Betriebs ihres Einzelunternehmens als Rechtsnachfolgerin fortgeführt werden. Für sie bestand dann allerdings auch die Obliegenheit, die Hinzurechnungen für durchgeführte Investitionen bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres vorzunehmen. Dies war im Streitfall nicht erfolgt.
Der sich aus der Auflösung des IAB ergebende Gewinn war nach der im Gesellschaftsvertrag getroffenen Abrede zu verteilen. Denn für die Verteilung des Gewinns und Verlusts der Gesellschaft, d.h. für die Bestimmung des Teilbetrags vom Gewinn oder Verlust der Gesellschaft, der dem einzelnen Gesellschafter einkommensteuerrechtlich als Gewinn- oder Verlustanteil i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG zuzurechnen ist, ist grundsätzlich der zivilrechtliche Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel maßgeblich, wie er sich für den Einzelfall aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags und ggf. ergänzenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs ergibt.
Rückwirkende Änderungen von Gewinnverteilungsabreden, wie dies im Streitfall erfolgt war, sind für die Besteuerung danach grundsätzlich unbeachtlich. Denn der Gewinn wird im Wesentlichen durch die schon während des laufenden Wirtschaftsjahres erfolgenden Geschäftsvorfälle bestimmt, die steuerrechtlich nicht mehr rückwirkend beeinflusst ‑ d.h. rückwirkend herbeigeführt oder ungeschehen gemacht oder in ihrem Inhalt verändert ‑ werden können. Es ist deshalb ‑ auch noch vor Entstehung der Steuer am Ende des Veranlagungszeitraums (§ 36 Abs. 1 EStG) ‑ nicht zulässig, bei unveränderter personeller Besetzung einer Personengesellschaft durch Veränderung der Gewinnverteilungsabrede während des Wirtschaftsjahres den bis dahin entstandenen Gewinn oder Verlust von dem einen auf den anderen Gesellschafter zu übertragen.
Dies ist auch dann nicht zulässig, wenn die für die Inanspruchnahme eines Bewertungswahlrechts ‑ wie eine erhöhte Absetzung oder Sonderabschreibung ‑ erforderliche Erklärung erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres bei Aufstellung der Bilanz abgegeben wird. Auch hier ist maßgeblich, dass sich der diesen Bewertungsmaßnahmen zugrunde liegende fiktive Wertverzehr ‑ wie der normale Wertverzehr ‑ fortlaufend während des Wirtschaftsjahres verwirklicht.