23.07.2020

Keine Anerkennung interner Darlehen zwischen Trägerkörperschaft und BgA zur Refinanzierung wesentlicher Betriebsgrundlagen

Die Rechtsprechung, wonach interne Miet- oder Pachtverträge zwischen einer Trägerkörperschaft und ihrem BgA über wesentliche Betriebsgrundlagen des BgA steuerrechtlich unbeachtlich sind, ist sinngemäß auch auf sog. interne Darlehen anzuwenden, die zur Finanzierung der aus Eigenmitteln der Trägerkörperschaft bestrittenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten wesentlicher Betriebsgrundlagen des BgA vereinbart wurden.

Kurzbesprechung
BFH v. 10.12.2019 - I R 24/17

KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1 S. 1, § 8 Abs. 3 S 2

Der Steuerpflichtige ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG sind BgA von juristischen Personen des öffentlichen Rechts unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Dies sind - wie der vom Steuerpflichtige für gewerbliche Einlagerungen im Rahmen der Abfallentsorgung bzw. -Verwertung unterhaltene Betrieb - Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und sich aus der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben (§ 4 Abs. 1 Satz 1 KStG). Allerdings ist nach dem Wortsinn des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG die Körperschaft des öffentlichen Rechts, soweit sie BgA unterhält, selbst Subjekt der Körperschaftsteuer im Hinblick auf jeden einzelnen Betrieb.

Minderungen des Betriebsvermögens eines BgA zugunsten des übrigen Vermögens seiner Trägerkörperschaft sind bei der Gewinnermittlung nach den Grundsätzen zu beurteilen, die für Leistungen einer Kapitalgesellschaft an ihren Alleingesellschafter gelten. Es wird somit bei der Gewinnermittlung fingiert, der BgA sei ein selbständiges Steuerrechtssubjekt in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft und die Trägerkörperschaft sei deren Alleingesellschafterin. Daher sind (interne) Vereinbarungen zwischen der Trägerkörperschaft und ihrem BgA bei der Gewinnermittlung grundsätzlich zu beachten, wenn die Vereinbarung - unterstellt, sie wäre zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter abgeschlossen worden - auch bei der Besteuerung der Kapitalgesellschaft zu beachten wäre.

Eine Ausnahme gilt indessen für Vereinbarungen, aufgrund derer eine Trägerkörperschaft ihren BgA mit Miet- oder Pachtzinsen für Wirtschaftsgüter belastet, die der Trägerkörperschaft gehören und wesentliche Betriebsgrundlagen des BgA sind. Derartige Vereinbarungen dürfen nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden, da sonst der Zweck des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, die Betriebe der öffentlichen Hand gegenüber den Gewerbebetrieben der Privatwirtschaft steuerlich nicht zu begünstigen, vereitelt würde. Die zu vermeidende Begünstigung besteht darin, dass die Trägerkörperschaft bei steuerrechtlicher Berücksichtigung der Vereinbarung den durch den BgA erzielten Gewinn um die Miet- oder Pachtzinsen mindern könnte und diese in der Regel nicht versteuern müsste, während der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft, der der Gesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen vermietet oder verpachtet, nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung die durch die Vermietung oder Verpachtung erzielten Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb versteuern muss. Soweit die Minderung des dem BgA gewidmeten Vermögens auf Vereinbarungen beruht, die der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden dürfen, wird die Vermögensminderung bei der Gewinnermittlung wie eine vGA behandelt.

Der BFH hat nun entschieden, dass die Rechtsprechung, wonach interne Miet- oder Pachtverträge zwischen einer Trägerkörperschaft und ihrem BgA über wesentliche Betriebsgrundlagen des BgA steuerrechtlich unbeachtlich sind, sinngemäß auch auf interne Darlehen anzuwenden ist, die zur Finanzierung der aus Eigenmitteln der Trägerkörperschaft bestrittenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten wesentlicher Betriebsgrundlagen des BgA vereinbart wurden.

Im Streitfall bestanden keine Zweifel daran, dass es sich bei den Deponieanlagen (immaterielle Vermögensgegenstände und Sachanlagen) um wesentliche Betriebsgrundlagen des BgA gehandelt hat, welche zu dessen notwendigem Betriebsvermögen gehörten.

Dem BgA war auf der Grundlage seiner rechtlichen Verselbständigung und nach allgemeinen steuerlichen Grundsätzen ein eigenes Betriebsvermögen zuzuordnen. Notwendiges Betriebsvermögen des BgA sind solche Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des BgA genutzt werden oder dazu bestimmt sind. Wesentliche Betriebsgrundlagen sind auch ohne eine solche Widmung stets als notwendiges Betriebsvermögen des BgA zu behandeln. Was dabei als wesentliche Betriebsgrundlage eines BgA gilt, beurteilt sich nach den allgemeinen Kriterien. Die überlassenen Wirtschaftsgüter müssen für die Betriebsführung von besonderem Gewicht sein, wobei nicht allein maßgeblich ist, in welchem Umfang hierdurch Betriebseinnahmen erzielt werden können; vielmehr kann die Bedeutung für einen Betriebszweig oder die absolute Höhe der mit Hilfe der überlassenen Wirtschaftsgüter erzielten Umsätze ausreichend sein. Die Annahme von Betriebsvermögen des BgA ist allerdings ausgeschlossen, wenn das Wirtschaftsgut zum notwendigen Hoheitsbereich der Trägerkörperschaft gehört; das gilt auch dann, wenn das Wirtschaftsgut eine wesentliche Betriebsgrundlage des BgA darstellt.

Im Streitfall gehörten die vom Steuerpflichtigen auf den BgA übertragenen Deponieanlagen zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen des BgA. Die Deponieanlagen sind auch nicht dem notwendigen Hoheitsvermögen des Steuerpflichtigen zuzuordnen. Dies folgt schon daraus, dass die überlassenen Wirtschaftsgüter in den Streitjahren weder ausschließlich noch nahezu ausschließlich der hoheitlichen Tätigkeit der Trägerkörperschaft dienten.

Zwischen dem Steuerpflichtigen und dem BgA war eine sog. interne Darlehensvereinbarung getroffen worden, die mit der Refinanzierung der aus Eigenmitteln der Trägerkörperschaft bestrittenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten wesentlicher Betriebsgrundlagen des BgA, nämlich den Deponieanlagen, zusammenhängen. Die für das interne Darlehen gezahlten Darlehenszinsen konnten jedoch nicht zum Abzug zugelassen werden, weil es im Streitfall weder um die Aufnahme eines externen Kredits noch um die Belastung des BgA mit den Krediten ging, die der Trägerkörperschaft im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Herstellung der (später) dem BgA übertragenen Wirtschaftsgüter entstanden waren. Kennzeichen des Streitfalls ist vielmehr die "Refinanzierung" von zuvor mit Eigenmitteln von der Trägerkörperschaft erworbener und sodann auf den BgA übertragener wesentlicher Betriebsgrundlagen.

Soweit die Minderung des dem BgA gewidmeten Vermögens auf der internen Darlehensvereinbarung beruht, ist die Vermögensminderung bei der Gewinnermittlung somit wie eine vGA zu behandeln.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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