01.12.2015

Keine Anwendung von § 237 Abs. 5 AO bei der erstmaligen Festsetzung von Zinsen

Für die Fälle der erstmaligen Festsetzung von Zinsen enthält § 237 Abs. 5 AO keine einschränkende Regelung. Die Regelung findet demzufolge in diesen Fällen keine Anwendung.

FG Düsseldorf 28.10.2015, 4 K 2963/14 AO
Der Sachverhalt:
Das Finanzamt setzte gegen die Klägerin mit Bescheid vom 12.12.2011 die Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer und zum Solidaritätszuschlag für das Kalenderjahr 2012 fest. Danach hatte die Klägerin zum 10.3., 10.6., 10.9. und 10.12.2012 Vorauszahlungen von jeweils 48.750 € Körperschaftsteuer und 2.681 € Solidaritätszuschlag zu leisten. Die Besteuerungsgrundlagen wurden geschätzt, weil dem beklagten Finanzamt Mitteilungen über die Veräußerungen von Grundstücken vorlagen. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.

Mit Verfügungen vom 4.4., 12.6., 4.9. und 20.11.2012 setzte das beklagte Finanzamt die Vollziehung des Bescheids vom 12.12.2011 jeweils ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung in Höhe der jeweils fällig gewordenen Vorauszahlungsbeträge aus. Das Finanzamt setzte die Vorauszahlungen für das Jahr 2012 mit Einspruchsentscheidung vom 25.1.2013 auf 162.000 € Körperschaftsteuer und 8.910 € Solidaritätszuschlag neu fest.

Im Anschluss an ein im Hinblick auf andere Veranlagungszeiträume beim FG anhängiges Klageverfahren setzte das Finanzamt die Vorauszahlungen für das Jahr 2012 mit Bescheid vom 15.5.2013 auf 0 € Körperschaftsteuer und 0 € Solidaritätszuschlag fest. Mit Bescheid vom 21.3.2014 setzte es auch die Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag für das Jahr 2012 auf jeweils 0 € fest. Mit Bescheid vom 14.4.2014 setzte es wegen der Aussetzung der Vollziehung des Vorauszahlungsbescheids vom 12.12.2011 gegen die Kläger insgesamt 6.323 € Zinsen fest. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage.

Das FG gab der Klage statt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Gründe:
Das beklagte Finanzamt hat die Zinsen zu Unrecht gegen die Klägerin festgesetzt.

Soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen Verwaltungsakt, der einen Steuervergütungsbescheid aufhebt oder ändert, oder gegen eine Einspruchsentscheidung über einen dieser Verwaltungsakte endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen (§ 237 Abs. 1 S. 1 AO). Der Einspruch gegen den Vorauszahlungsbescheid vom 12.12.2011 hatte zwar i.H.v. 162.000 € Körperschaftsteuer und 8.910 € Solidaritätszuschlag endgültig keinen Erfolg, weil mit der unanfechtbar gewordenen Einspruchsentscheidung vom 25.1.2013 die Vorauszahlungen für das Jahr 2012 auf diese Beträge herabgesetzt worden sind.

Die mit der Einspruchsentscheidung festgesetzten 162.000 € Körperschaftsteuer und 8.910 € Solidaritätszuschlag waren jedoch letztlich nicht die geschuldeten Beträge i.S.d. § 237 Abs. 1 S. 1 AO. Denn die Vorauszahlungen sind noch vor dem Ergehen des angefochtenen Zinsbescheids mit Bescheid vom 15.5.2013 auf jeweils 0 € herabgesetzt worden. Das Finanzamt konnte sich für die Festsetzung der Zinsen auch nicht auf § 237 Abs. 5 AO stützen. Danach ist ein Zinsbescheid nicht aufzuheben oder zu ändern, wenn der Steuerbescheid nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt wird. Die Vorschrift schränkt den an sich geltenden Akzessorietätsgrundsatz ein.

Die Akzessorietät des Zinsanspruchs führte bis zum Inkrafttreten des § 237 Abs. 5 AO dazu, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Aussetzungszinsen auch dann minderte, wenn nach Abschluss eines Rechtsbehelfs- oder Klageverfahrens der Steuerbetrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung ausgesetzt worden war, herabgesetzt wurde. Wurde der Steuerbescheid vor Erlass des Zinsbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen geändert, war dies bereits bei der Zinsfestsetzung zu berücksichtigen.

Diesen Akzessorietätsgrundsatz schränkt § 237 Abs. 5 AO seinem Wortlaut nach nur für die Fälle ein, welche die Aufhebung oder Änderung eines Zinsbescheids betreffen. Für die Fälle der erstmaligen Festsetzung von Zinsen enthält § 237 Abs. 5 AO keine einschränkende Regelung. Daher muss es in diesen Fällen in Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung des Gesetzgebers bei der bisherigen Rechtslage verbleiben. Vorliegend musste daher nicht entscheiden werden, ob die Berechnung der Zinsen mit dem angefochtenen Bescheid zutreffend ist, weil das Finanzamt die mit der Einspruchsentscheidung vom 25.1.2013 festgesetzten Vorauszahlungsbeträge von 162.000 € Körperschaftsteuer und 8.910 € Solidaritätszuschlag nicht gleichmäßig auf die vier Fälligkeitstage des Jahres 2012 verteilt hat.

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