31.01.2020

Keine Aufdeckung der stillen Reserven bei freiwilligem Landtausch

Für den freiwilligen Landtausch gelten einkommensteuerrechtlich dieselben Folgen wie beim Regelflurbereinigungs- und beim Baulandumlegungsverfahren. Der Austausch von Grundstücken im Rahmen eines freiwilligen Landtauschs ist daher nicht nach den für den (freiwilligen) Tausch von Wirtschaftsgütern maßgeblichen Grundsätzen des § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG zu beurteilen, sondern - soweit Wertgleichheit besteht - einkommensteuerrechtlich neutral.

Kurzbesprechung
BFH v. 23.10.2019 - VI R 25/17

EStG § 6 Abs. 6 Satz 1
FlurbG §§ 61 Satz 2, 68, 79, 80, 86 Abs. 2 Nr. 1, 103a, 103b Abs. 1 Satz 1, 103c Abs. 1 und 2, 103f Abs. 1, 2 und 3


Der Steuerpflichtige ist Land- und Forstwirt. Das Wirtschaftsjahr läuft vom 1.10. bis zum 30.9. des Folgejahres. Im Jahr 2011 trat der Steuerpflichtige mit  weiteren Land- und Forstwirten der Region in Verhandlungen über einen Landtausch von land- sowie forstwirtschaftlich genutzten Flächen. Anlass des beabsichtigten Landtauschs war eine Arrondierung der betroffenen Flächen und die hieraus resultierende Bewirtschaftungserleichterung.

Nach Abschluss der Tauschverhandlungen beantragten die Tauschpartner im September 2012 bei der zuständigen Flurbereinigungsbehörde die Durchführung des freiwilligen Landtauschs (§ 103c Abs. 1 Satz 1 des Flurbereinigungsgesetzes --FlurbG--). Im April 2013 ordnete die Bezirksregierung den freiwilligen Landtausch antragsgemäß an (§ 103c Abs. 2 i.V.m. § 86 Abs. 2 Nr. 1 FlurbG). Auf Grundlage des Antrags erließ sie im September 2013 einen Tauschplan (§ 103f Abs. 1 und 2 FlurbG) und ordnete nach dessen Unanfechtbarkeit Ende Oktober 2013 seine Ausführung an (§ 103f Abs. 3 FlurbG).

Als Ergebnis des freiwilligen Landtauschs tauschte der Steuerpflichtige insgesamt 61129 qm Fläche herein und 57 387 qm Fläche weg. Zum Ausgleich von Mehrausweisungen von 3 742 qm hatte er zudem 815 € zu zahlen, zum Ausgleich für die Übernahme von Holzbeständen weitere 2.785 € (insgesamt 3.600 €).

Das FA vertrat die Auffassung, der Steuerpflichtige habe durch den freiwilligen Landtausch einen Buchgewinn erzielt, der --anders als bei einer gesetzlich angeordneten Flurbereinigung-- zu steuerpflichtigen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führe.

Dies sieht der BFH jedoch anders und gab dem Steuerpflichtigen im Revisionsverfahren Recht.

Der freiwillige Landtausch (§§ 103a ff. FlurbG) ist --ebenso wie die Regelflurbereinigung nach §§ 1ff. FlurbG-- ein behördlich geleitetes Verfahren (§ 103b Abs. 1 Satz 1 FlurbG), das u.a. der Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft, d.h. einer im Ergebnis gesteigerten Wirtschaftlichkeit, dient. Er wurde im Jahr 1976 eingeführt, weil sich der Tausch von Grundstücken auf der Grundlage privatrechtlicher Verträge im Hinblick auf die verfolgten strukturpolitischen Anliegen als zu schwerfällig erwies. Nach § 103a Abs. 1 FlurbG kann ein freiwilliger Landtausch durchgeführt werden, um ländliche Grundstücke zur Verbesserung der Agrarstruktur in einem schnellen und einfachen Verfahren neu zu ordnen. Gemäß § 103a Abs. 2 FlurbG kann ein freiwilliger Landtausch zudem aus Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege durchgeführt werden.

Im Verfahren des freiwilligen Landtauschs tritt der neue Rechtszustand entsprechend der Festlegungen des von der Flurbereinigungsbehörde zusammenzufassenden Tauschplans ein. Die Flurbereinigungsbehörde bestimmt den Zeitpunkt in der Anordnung über die Ausführung des Tauschplans (§ 61 Satz 2, §§ 103b, 103f Abs. 3 Satz 2 FlurbG). Die Rechtsänderungen vollziehen sich außerhalb des Grundbuchs. Das Ersuchen der Flurbereinigungsbehörde um Eintragung der Rechtsänderungen in das Grundbuch (§ 79 FlurbG) dient somit nur der Grundbuchberichtigung.

Folge der Rechtsänderung ist, dass an die Stelle des einen Tauschflurstücks das andere Tauschflurstück tritt und umgekehrt (§ 68 Abs. 1 Satz 1, § 103f Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Das bedeutet, dass die Rechtsverhältnisse (insbesondere das Eigentum und die dinglichen Belastungen), die an dem jeweiligen Tauschgrundstück bestanden, sich ohne weiteres an dem anderen Tauschgrundstück fortsetzen.

Damit liegt dem freiwilligen Landtausch der Gedanke einer ungebrochenen Fortsetzung des Eigentums an einem "verwandelten" Grundstück ebenso zugrunde wie dem Verfahren der Regelflurbereinigung oder der städtebaulichen Umlegung (§§ 45 ff. des Baugesetzbuchs), so dass auch bei einem freiwilligen Landtausch eine Änderung des Eigentumsrechts nicht in der Person des Eigentümers, sondern im Gegenstand des Eigentums eintritt.

Für das Regelflurbereinigungs- und das Baulandumlegungsverfahren hat der IV. Senat des BFH bereits mehrfach entschieden, dass der Austausch von Grundstücken im Rahmen eines Umlegungsverfahrens nicht nach den für den (freiwilligen) Tausch von Wirtschaftsgütern maßgeblichen Grundsätzen --insbesondere § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG-- zu beurteilen ist. Vielmehr sind der in das Umlegungsverfahren eingebrachte Grundbesitz und der daraus im Zuteilungswege erlangte Grundbesitz, soweit insgesamt wertgleich, als wirtschaftlich identisch zu werten mit der einkommensteuerrechtlichen Folge, dass u.a. keine Gewinnrealisierung nach Tauschgrundsätzen eintritt. Die zugeteilten Grundstücke sind "Surrogat" der eingebrachten Grundstücke.

Da der freiwillige Landtausch gleichfalls vom Surrogationsprinzip beherrscht wird und als behördlich geleitetes Verfahren auch ansonsten eher mit dem Regelflurbereinigungs- und dem Baulandumlegungsverfahren vergleichbar ist als mit dem privatrechtlichen Tausch, bei dem insbesondere der hereingetauschte Vermögensgegenstand nicht rechtlich an die Stelle des weggetauschten Vermögensgegenstands tritt, gelten einkommensteuerrechtlich dieselben Folgen wie beim Regelflurbereinigungs- und beim Baulandumlegungsverfahren (. Dem entspricht es im Übrigen, dass § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a des Grunderwerbsteuergesetzes sowohl den Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land im Flurbereinigungsverfahren als auch durch den entsprechenden Rechtsvorgang im freiwilligen Landtauschverfahren von den der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgängen ausnimmt.

Auch der Umstand, dass der freiwillige Landtausch --insoweit anders als das Regelflurbereinigungsverfahren, das auf Anordnung der Flurbereinigungsbehörde initiiert wird-- von den Beteiligten eigeninitiativ beantragt wird, vermag an dem Ergebnis nichts zu ändern. Denn die Flurbereinigungsbehörde ist gleichwohl "Herrin des Verfahrens".

Im Streitfall war das FG daher zutreffend davon ausgegangen, dass der freiwillige Landtausch --ebenso wie andere gesetzlich geregelte Grundstücksaustauschverfahren-- nicht nach den für den (freiwilligen) Tausch von Wirtschaftsgütern maßgeblichen Grundsätzen zu beurteilen ist, sondern infolge der eintretenden Surrogation --soweit Wertgleichheit besteht-- keine Gewinnrealisierung eintritt.
 
Verlag Dr. Otto Schmidt
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