Keine Begründung von Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO bei Zahlungen von Drittschuldnern an den Insolvenzschuldner
Hessisches FG v. 19.11.2020 - 6 K 1571/18
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter. Er stritt mit dem Finanzamt darüber, ob es sich bei den durch Zahlungseingängen auf dem Konto eines Insolvenzschuldners entstandenen Umsatzsteuerverbindlichkeiten um Insolvenz- oder Masseverbindlichkeiten gehandelt habe.
Nachdem beantragt worden war, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners zu eröffnen, wurde zunächst ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Außerdem wurde durch das Insolvenzgericht angeordnet, dass Verfügungen des Insolvenzschuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien. Gem. § 22 Abs. 2 InsO sollte der Kläger das Unternehmen, das der Insolvenzschuldner betrieb, bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Insolvenzschuldner fortführen.
Kurz darauf gingen auf dem Konto des Insolvenzschuldners Überweisungen ein, mit denen einer seiner Kunden zuvor gestellte Rechnungen begleichen wollte. Die Umsatzbesteuerung des Insolvenzschuldners erfolgte nach vereinnahmten Entgelten. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Das Finanzamt setzte gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter diejenige Umsatzsteuer fest, die durch die genannten Überweisungseingänge auf dem Konto des Insolvenzschuldners entstanden war. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage.
Das FG gab der Klage statt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die beim BFH anhängige Revision des Finanzamts wird dort unter dem Az. V R 2/20 geführt.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Steuer zu hoch festgesetzt, weil es bei der Steuerfestsetzung gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter zu Unrecht die streitgegenständlichen Umsätze zugrunde gelegt hat. Durch diese Umsätze sind keine gegenüber dem Kläger festzusetzenden Masseverbindlichkeiten begründet worden, insbesondere auch nicht nach § 55 Abs. 4 InsO.
Gem. § 55 Abs. 4 InsO gelten Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Mit den streitgegenständlichen Umsätzen hat keine Entgeltvereinnahmung durch den Kläger als vorläufigen Insolvenzverwalter stattgefunden, die umsatzsteuerliche Masseverbindlichkeiten hätte begründen können.
Es kommt auch nicht darauf an, inwieweit und wann der Kläger von der Existenz des Kontos und von den bevorstehenden Zahlungen Kenntnis hatte und ob er dem Zahlungseingang auf dem Girokonto - möglicherweise durch schlüssiges Verhalten - zugestimmt hat. Der Kläger ist zwar durch das Insolvenzgericht ermächtigt worden, Forderungen des Schuldners im eigenen Namen einzuziehen. Ihm stand jedoch nicht das Recht zu, einer Entgeltvereinnahmung durch den Schuldner zuzustimmen bzw. eine solche zu verhindern. Insbesondere ist im vorliegenden Fall ein Verbot durch das Insolvenzgericht unterblieben, mit schuldbefreiender Wirkung an den Insolvenzschuldner zu zahlen.
Hessisches FG PM vom 6.2.2020
Der Kläger ist Insolvenzverwalter. Er stritt mit dem Finanzamt darüber, ob es sich bei den durch Zahlungseingängen auf dem Konto eines Insolvenzschuldners entstandenen Umsatzsteuerverbindlichkeiten um Insolvenz- oder Masseverbindlichkeiten gehandelt habe.
Nachdem beantragt worden war, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners zu eröffnen, wurde zunächst ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Außerdem wurde durch das Insolvenzgericht angeordnet, dass Verfügungen des Insolvenzschuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien. Gem. § 22 Abs. 2 InsO sollte der Kläger das Unternehmen, das der Insolvenzschuldner betrieb, bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Insolvenzschuldner fortführen.
Kurz darauf gingen auf dem Konto des Insolvenzschuldners Überweisungen ein, mit denen einer seiner Kunden zuvor gestellte Rechnungen begleichen wollte. Die Umsatzbesteuerung des Insolvenzschuldners erfolgte nach vereinnahmten Entgelten. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Das Finanzamt setzte gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter diejenige Umsatzsteuer fest, die durch die genannten Überweisungseingänge auf dem Konto des Insolvenzschuldners entstanden war. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage.
Das FG gab der Klage statt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die beim BFH anhängige Revision des Finanzamts wird dort unter dem Az. V R 2/20 geführt.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Steuer zu hoch festgesetzt, weil es bei der Steuerfestsetzung gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter zu Unrecht die streitgegenständlichen Umsätze zugrunde gelegt hat. Durch diese Umsätze sind keine gegenüber dem Kläger festzusetzenden Masseverbindlichkeiten begründet worden, insbesondere auch nicht nach § 55 Abs. 4 InsO.
Gem. § 55 Abs. 4 InsO gelten Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Mit den streitgegenständlichen Umsätzen hat keine Entgeltvereinnahmung durch den Kläger als vorläufigen Insolvenzverwalter stattgefunden, die umsatzsteuerliche Masseverbindlichkeiten hätte begründen können.
Es kommt auch nicht darauf an, inwieweit und wann der Kläger von der Existenz des Kontos und von den bevorstehenden Zahlungen Kenntnis hatte und ob er dem Zahlungseingang auf dem Girokonto - möglicherweise durch schlüssiges Verhalten - zugestimmt hat. Der Kläger ist zwar durch das Insolvenzgericht ermächtigt worden, Forderungen des Schuldners im eigenen Namen einzuziehen. Ihm stand jedoch nicht das Recht zu, einer Entgeltvereinnahmung durch den Schuldner zuzustimmen bzw. eine solche zu verhindern. Insbesondere ist im vorliegenden Fall ein Verbot durch das Insolvenzgericht unterblieben, mit schuldbefreiender Wirkung an den Insolvenzschuldner zu zahlen.