19.11.2020

Keine Begünstigung nach § 35a Abs. 2 EStG für die Reinigung einer öffentlichen Straße (Fahrbahn) - Keine Begünstigung nach § 35a Abs. 3 EStG für in der Werkstatt des Handwerkers erbrachte Arbeiten

Die Reinigung der Fahrbahn einer öffentlichen Straße ist --anders als die Reinigung des öffentlichen Gehwegs vor dem Haus-- nicht als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a Abs. 2 EStG begünstigt. Soweit Arbeiten in der Werkstatt eines Handwerkers erbracht werden, sind die darauf entfallenden Lohnkosten nicht nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt.

Kurzbesprechung
BFH v. 13.5.2020 - VI R 4/18

EStG § 35a

Im Streitfall ging es um die Berücksichtigung von Straßenreinigungskosten in Höhe von 100,36 € als haushaltsnahe Dienstleistungen sowie von Aufwendungen für Tischlerarbeiten in Höhe von 1.023,40 € als Handwerkerleistungen nach § 35a EStG. Bei den Tischlerarbeiten handelte es sich um die Reparatur eines Hoftores, das vom Tischler ausgebaut, in seiner Werkstatt in Stand gesetzt und anschließend wieder eingebaut worden war. Die Straßenreinigung wurde vom Land Berlin als öffentliche Aufgabe für die Anlieger durchgeführt. Die Kosten hierfür hatten die Anlieger zu 75 % zu tragen.

Straßenreinigung

Der Begriff "haushaltsnahe Dienstleistung" ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Die Leistungen müssen nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen bzw. damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen. Dabei kann nach dem räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund geleistet werden, als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG begünstigt sein.

Es muss sich hierbei allerdings auch insoweit um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Steuerpflichtige als Eigentümer oder Mieter zur Reinigung und Schneeräumung von öffentlichen Straßen und (Geh-)Wegen verpflichtet ist, weil entsprechende Dienstleistungen notwendiger Annex zur Haushaltsführung und deshalb nicht nur anteilig, soweit sie auf Privatgelände entfallen, sondern in vollem Umfang nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG begünstigt sind.

Die Reinigung der Fahrbahn einer Straße ist hingegen keine hauswirtschaftliche Verrichtung, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt wird. Gerade in Städten --so auch im Streitfall-- obliegt die Reinigung der Fahrbahn regelmäßig der jeweiligen Gemeinde als öffentliche Aufgabe und wird von dieser gegen Kostenbeteiligung der Anlieger im Rahmen der Daseinsvorsorge erbracht. Auch wenn teilweise die entsprechende Reinigungsverpflichtung von der Gemeinde auf die Anlieger abgewälzt wird, kann insoweit nicht davon gesprochen werden, dass die Fahrbahnreinigung anders als die Reinigung des Gehwegs "gewöhnlich" durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erfolgt. Auch fehlt es in Bezug auf die öffentliche Fahrbahn an dem erforderlichen räumlich-funktionalen Zusammenhang zum Haushalt. Dieser endet an der "Bordsteinkante", d.h. mit dem öffentlichen Gehweg.

Das FG muss nun im zweiten Rechtsgang aufklären, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe das Entgelt für die "Straßenreinigung" tatsächlich auf die Reinigung von Fahrbahn und Gehweg entfällt. Sodann hat es den Rechnungsbetrag gegebenenfalls im Wege der Schätzung (§ 162 AO) entsprechend aufzuteilen.

In einer Werkstatt erbrachte Handwerkerleistungen

Gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen um 20 %, höchstens um 1.200 €.Die Handwerkerleistung muss allerdings ebenfalls "in" einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden (§ 35a Abs. 4 Satz 1 EStG). Dabei legt der BFH den Begriff "im Haushalt" räumlich-funktional aus, so dass auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigt sein kann. Es muss sich dabei allerdings auch hier um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen.

Dies schließt es aus, eine teilweise in der Werkstatt des Handwerkers erbrachte Leistung vollumfänglich als nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigte Handwerkerleistung anzusehen. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG sind Leistungen, die außerhalb des Haushalts erbracht werden, nicht begünstigt, auch wenn sie für den Haushalt erbracht werden. Insoweit kommt es auf die tatsächliche Erbringung der Leistung an.

Eine Handwerkerleistung, die in der Werkstatt des Handwerkers an einem Gegenstand des Haushalts erbracht wird, weist keinen (unmittelbaren) räumlichen Zusammenhang mit dem Haushalt auf, für den sie erbracht wird, sondern lediglich einen funktionalen Ob der Leistungserfolg im Haushalt erzielt wird, ist daher grundsätzlich unerheblich; auf den zivilrechtlichen Leistungsort kommt es insoweit deshalb nicht an.

Das grundsätzlich enge Verständnis des räumlich-funktionalen Haushaltsbegriffs entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der mit der Erweiterung des § 35a EStG auf Handwerkerleistungen zwar den privaten Haushalt als Feld für neue Beschäftigungsmöglichkeiten fördern, eine zu starke Ausdehnung der begünstigten Leistungen allerdings vermeiden wollte.

Im Streitfall kam eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG für die Reparatur des Hoftores daher nicht in vollem Umfang, sondern nur insoweit in Betracht, als der Tischler die Arbeiten auf dem Grundstück der Steuerpflichtigen und nicht in seiner Werkstatt erbracht hatte. Im zweiten Rechtsgang muss das FG nun den Anteil der Arbeitskosten, die auf den Aus- und Einbau des Hoftores entfallen, ermitteln.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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