10.03.2020

Keine Energiesteuerentlastung für bei der Herstellung von gefälltem Calciumcarbonat eingesetztem Erdgas

Bei der Herstellung von gefälltem Calciumcarbonat handelt es sich nicht um die Herstellung von Kalk i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EnergieStG. Auch wenn die WZ 2003 im Rahmen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG keinen Gesetzesrang erlangt, sind sie und die hierzu ergangenen Erläuterungen gleichwohl als Auslegungshilfe heranzuziehen.

FG Rheinland-Pfalz v. 12.12.2019 - 6 K 2301/17 Z
Der Sachverhalt:
Gegenstand des klagenden Unternehmens ist u.a. der Betrieb von Kalksteinbrüchen und Kalkwerken an verschiedenen Produktionsstandorten. Die wirtschaftliche Tätigkeit umfasst die Herstellung von Kalk und anverwandten Produkten. An einem Produktionsstandort wird Erdgas zur Herstellung von PCC (precipitated calcium carbonate - gefälltes Calciumcarbonat) eingesetzt.

Das Hauptzollamt (HZA) hatte den Antrag der Klägerin für August 2016 auf Gewährung der Steuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 a EnergieStG zunächst gem. § 168, 155 Abs. 5 AO ohne Beanstandung angenommen. Nach einer Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Steuerentlastung zwar für die Herstellung von Branntkalk und Löschkalk zu Recht erfolgt sei, nicht jedoch für die Herstellung von PCC. Denn bei dem synthetisch durch Fällung hergestellten Calciumcarbonat handele es sich um ein Produkt, das der NACE-Klasse 24.13 (Herstellung von sonstigen anorganischen Grundstoffen und Chemikalien) zuzuordnen sei.

Das HZA schloss sich dieser Auffassung an und forderte den für die Herstellung von PCC im Zeitraum Januar bis November 2016 gewährten Entlastungsbetrag zurück. Die Klägerin hilt dagegen, bei der Herstellung des PCC handele es sich um die Herstellung von Kalk i.S.d. NACE-Klasse 26.52. Das FG hat die Klage abgewiesen. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr beantragte Entlastung von der Energiesteuer für das im Monat August 2016 für die Herstellung von PCC eingesetzte Erdgas.

Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG wird auf Antrag eine Steuerentlastung für nachweislich versteuertes Erdgas gewährt, das von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S.d. § 2 Nr. 3 StromStG u.a. für die Herstellung von Kalk oder der zur Herstellung verwendeten Vorprodukte verwendet wurde. Bei dem von der Klägerin hergestellten PCC (gefälltes Calciumcarbonat), handelt es sich weder um hydraulischen Kalk, noch um gelöschten oder ungelöschten Kalk. Der Senat folgt nicht der Auffassung der Klägerin, dass das von ihr hergestellte PCC, das wie auch sonstiger Kalk die chemische Formel CaCO3 trägt, trotz der Nichterfassung des Produkts in den Erläuterungen der WZ 2003 unter das Tatbestandsmerkmal "Herstellung von Kalk" zu subsumieren sei.

Zu Recht weist die Klägerin allerdings darauf hin, dass die zur Auslegung herangezogenen Erläuterungen zur WZ 2003 keinen Gesetzesrang haben. Doch auch wenn die WZ 2003 im Rahmen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG keinen Gesetzesrang erlangt, sind sie und die hierzu ergangenen Erläuterungen gleichwohl als Auslegungshilfe heranzuziehen. Der erkennende Senat folgt insoweit der vom BFH vertretenen Auffassung seiner Entscheidung vom 9.8.2011, VII R 74/10. Darin führt er aus, es sei unbeachtlich, dass sowohl das Gesetz als auch die Begründung die WZ 2003 unerwähnt lassen, da davon auszugehen ist, dass die WZ 2003 inhaltlich mit der NACE Rev. 1.1 übereinstimmt und deren Klasse DI 26 von der RL 2003/96/EG und auch von der Gesetzesbegründung zu § 9a Abs. 1 Nr. 2 StromStG ausdrücklich in Bezug genommen wird. Dies gilt entsprechend für die Energiesteuerentlastung gem. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG, da auch hier die Gesetzesbegründung ausdrücklich auf die NACE Rev. 1.1 Bezug nimmt.

Das von der Klägerin hergestellte PCC wurde zu Recht in den Abschnitt D, Unterabschnitt DG, NACE-Klasse 24.13 der NACE Rev. 1.1 "Herstellung von sonstigen anorganischen Grundstoffen und Chemikalien" eingeordnet, auch wenn Calciumcarbonate dort nicht ausdrücklich genannt werden. Für diese Einordnung des PCC als synthetischem Calciumcarbonat spricht auch die Eintarifierung in die Nomenklatur des harmonisierten Systems bzw. die Kombinierte Nomenklatur (KN). Aus der Einreihung in die KN können Rückschlüsse auf die Einordnung in die WZ 2003 bzw. die NACE Rev. 1.1 gezogen werden. Denn ausweislich der Erläuterungen zum Aufbau der WZ 2003 beeinflusste - über die Anlehnung an die Güterklassifikation der Vereinten Nationen (CPC) - die Klassifikationen des Harmonisierten Systems (HS) und der Kombinierten Nomenklatur (KN) die inhaltliche Abgrenzung der Wirtschaftszweige der WZ 2003 (vgl. Ziffer 2.3. "Beschreibung der Tätigkeiten durch Güter" der WZ 2003).
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