Keine Entlastung der Stromversorger von der Stromsteuer bei Zahlungsunfähigkeit ihrer Kunden
BFH 17.12.2013, VII R 8/12Die Klägerin ist ein regionales Energieversorgungsunternehmen für Strom, Gas und Wärme. Mit der Begründung, die Stromsteuer habe nicht auf die Kunden abgewälzt werden können, da diese entweder zahlungsunfähig oder verstorben seien, hatte sie die Erstattung der Stromsteuer nach § 227 AO beantragt. Dabei beschränkte sie sich auf Forderungsausfälle infolge von Tod und Insolvenz des Kunden.
Das Hauptzollamt lehnte den Antrag ab. Zur Begründung verwies es auf den Umstand, dass die in § 60 Abs. 1 EnergieStG getroffene Entlastungsregelung nicht auf die Stromsteuer übertragen werden könne. Zudem seien etwaige persönliche Billigkeitsgründe beim Stromkunden keine sachlichen Billigkeitsgründe beim Schuldner der Stromsteuer.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb erfolglos.
Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Stromsteuer aus § 227 AO.
Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach der Lage des einzelnen Falls - aus persönlichen oder sachlichen Gründen - unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden. Sachlich unbillig ist die Festsetzung bzw. Einziehung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer unbillig erscheint.
Infolgedessen war hatte das FG die vom HZA getroffene Ermessensentscheidung zu Recht nicht beanstandet. Die von der Klägerin behauptete sachliche Unbilligkeit der Stromsteuererhebung in Fällen des Todes oder der Insolvenz der von ihr mit Strom belieferten Kunden lag nicht vor, weshalb von einer Ermessensreduzierung auf null mit der Rechtsfolge eines Entlastungsanspruchs nicht ausgegangen werden konnte.
Der Stromversorger ist trotz dieses Umstandes zur Entrichtung der Stromsteuer verpflichtet. Auch eine Rückzahlung eines bereits gezahlten Steuerbetrags kam hier nicht in Betracht. Denn bei den erfahrungsgemäß hinzunehmenden Forderungsausfällen handelt es sich nicht um atypische Einzelfälle, die eine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen könnten, sondern um Umstände, für die die Stromversorgungsunternehmen durch eine entsprechende Preiskalkulation Vorsorge treffen können. Eine Abwälzung der Steuer auf den Verbraucher bleibt somit weiterhin möglich. Sofern im Energiesteuerrecht Sonderregelungen für die Fälle eines Forderungsausfalls bestehen (etwa § 60 EnergieStG), können diese nicht auf das Stromsteuerrecht übertragen werden.
Hintergrund:
Nach den gesetzlichen Bestimmungen werden Stromversorger, die ihre Kunden mit Strom beliefern, Schuldner der Stromsteuer, die dadurch entsteht, dass die Endverbraucher den Strom aus dem Leitungsnetz entnehmen. Über den ihm in Rechnung gestellten Strompreis soll jedoch der Endverbraucher mit der Steuer belastet werden. So sieht es jedenfalls die Konzeption der Stromsteuer als besondere Verbrauchsteuer vor. In den Fällen, in denen der Endverbraucher, z.B. aufgrund eingetretener Insolvenz, nicht mehr in der Lage ist, den Strompreis zu bezahlen, kann die Abwälzung der Steuerlast auf ihn nicht gelingen.
Da die Stromversorgungsunternehmen auch schon jetzt das Risiko von Forderungsausfällen unter Berücksichtigung der gesamten Kosten- und Erlöslage bei ihrer Preisgestaltung berücksichtigen, ist mit einer Erhöhung der Strompreise infolge der BFH-Entscheidung nicht zu rechnen.
Linkhinweis:
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