17.11.2017

Keine Ergänzung des Duldungsbescheides um die Vollstreckungsklausel nach § 14 AnfG im Klageverfahren

Die Vollstreckung ist im Duldungsbescheid von der Bestandskraft, Vorbehaltslosigkeit bzw. Endgültigkeit der Steuerfestsetzung abhängig zu machen. Fehlt diese Bedingung, so hat dies zwar nicht die Nichtigkeit des Duldungsbescheids, wohl aber seine Rechtswidrigkeit zur Folge. Zu der Rechtsfolge des Fehlens einer Vollstreckungsklausel nach § 14 AnfG in einem Duldungsbescheid nach § 191 FGO fehlt es bislang an einer höchstrichterlichen Entscheidung, weshalb die Revision zugelassen wurde.

FG Köln 11.10.2017, 9 K 1566/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte mit notariellem Vertrag aus Februar 2010 von seinem Vater ein Grundstück erworben. Er verzichtete als Gegenleistung auf eine Darlehensrückzahlung, seinen künftigen, näher bezeichneten Unterhaltsanspruch gegen seinen Vater sowie auf die ihm von seiner Mutter abgetretene Unterhaltsforderung gegenüber seinem Vater. Den Verkehrswert des übertragenen Grundbesitzes gaben die Vertragsparteien übereinstimmend mit 150.000 € an.

Im September 2013 kündigte das Finanzamt dem Kläger den Erlass eines Duldungsbescheids gem. § 191 AO i.V.m. § 4 AnfG an. Der Vater des Klägers als Vollstreckungsschuldner schulde dem Land NRW Abgaben i.H.v. insgesamt 124.255 €. Soweit diese Steuern endgültig und unanfechtbar festgesetzt, fällig und vollstreckbar seien, beabsichtige er, die Übertragung des Eigentums an dem vorbezeichneten Grundstück aufgrund des notariellen Übertragungsvertrags aus Februar 2010 anzufechten.

Ohne weitere Erörterung erließ das Finanzamt am 31.1.2014 den angekündigten Duldungsbescheid gem. § 191 AO i.V.m. § 4 AnfG. Der Vollstreckungsschuldner schulde dem Land NRW Abgaben i.H.v. insgesamt 141.112 €. Dabei handelte es sich um Zinsen zur Einkommensteuer 2008, Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 2009, Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag nebst steuerlicher Nebenleistungen 2010, 2011 und 2012 sowie Einkommensteuervorauszahlungen für die Jahre 2011, 2012 und 2013. Diese Steuern seien endgültig und unanfechtbar festgesetzt, sie seien fällig und vollstreckbar; eine Bestimmung i.S.d. § 14 AnfG enthielt der Bescheid trotz der enthaltenen rückständigen Einkommensteuervorauszahlungen nicht.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt und hob den Duldungsbescheid auf. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Der angefochtene Duldungsbescheid war bereits in formeller Hinsicht rechtswidrig. Denn mit dem Bescheid wurde eine Grundstücksübertragung auf den Kläger wegen Steuerrückständen des Vollstreckungsschuldners aus Einkommensteuervorauszahlungsbescheiden angeordnet, ohne dass im Bescheid oder in der Einspruchsentscheidung die Vollstreckung davon abhängig gemacht wurde, dass die gegen den Vollstreckungsschuldner gerichteten Einkommensteuervorauszahlungsbescheide durch rechtskräftige Jahresbescheide ersetzt und damit endgültig werden sollten.

Nach § 2 AnfG ist zur Anfechtung jeder Gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist. Vollstreckbare Schuldtitel sind auch Verwaltungsakte, die zu einer Geldleistung verpflichten, wie Steuerbescheide. Auch vorläufig vollstreckbare Schuldtitel berechtigen gem. § 2 AnfG zur Anfechtung. Liegt ein nur vorläufig vollstreckbarer Schuldtitel vor, so ist nach § 14 AnfG in dem Urteil, das den Anfechtungsanspruch für begründet erklärt, die Vollstreckung davon abhängig zu machen, dass die gegen den Schuldner ergangene Entscheidung rechtskräftig oder vorbehaltlos wird. Dies gilt auch für die Anfechtung durch Duldungsbescheid nach § 191 Abs. 1 S. 2 AO.

Steuervorauszahlungsbescheide haben, auch wenn sie bestandskräftig sind, ebenfalls nur die Wirkung eines vorläufig vollstreckbaren Schuldtitels. Die Vollstreckung ist daher im Duldungsbescheid von der Bestandskraft, Vorbehaltslosigkeit bzw. Endgültigkeit der Steuerfestsetzung abhängig zu machen. Es handelt sich dabei um eine Bedingung. Fehlt diese Bedingung, so hat dies zwar nicht die Nichtigkeit des Duldungsbescheids, wohl aber seine Rechtswidrigkeit zur Folge.

Infolgedessen war im vorliegenden Fall der angefochtene Duldungsbescheid, durch den eine Grundstücksübertragung auf den Kläger - auch - wegen Einkommensteuervorauszahlungsbescheiden angefochten wird, insgesamt rechtswidrig. Denn eine Vollstreckungsklausel i.S.d. § 14 AnfG war weder im Duldungsbescheid noch in der Einspruchsentscheidung enthalten. Die Rechtswidrigkeit umfasst den gesamten Duldungsbescheid, obwohl die Anfechtung nur teilweise wegen Vorauszahlungsbescheiden durch den Duldungsbescheid durchgesetzt wurde. Eine Aufteilung nach den zugrunde liegenden Steuerrückständen kann nicht erfolgen, da Gegenstand des Duldungsbescheids die Anfechtung der Grundstücksübertragung als solche ist.

Zu der Rechtsfolge des Fehlens einer Vollstreckungsklausel nach § 14 AnfG in einem Duldungsbescheid nach § 191 FGO fehlt es bislang an einer höchstrichterlichen Entscheidung, weshalb die Revision zugelassen wurde.

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