Keine erweiterte Kürzung für im Rahmen einer Betriebsaufspaltung überlassenen Grundbesitz
BFH 22.6.2016, X R 54/14Die Klägerin verpachtet seit vielen Jahren ein Grundstück an eine GmbH, deren Alleingesellschafterin sie ist. Die GmbH hat das Grundstück zunächst eigengewerblich genutzt. Später errichtete sie auf dem Pachtgrundstück - sowie auf einem unmittelbar angrenzenden Grundstück, das ihr selbst gehört - mehrere Büro- und Lagergebäude, die sie an Dritte zu gewerblichen Zwecken vermietet. Diese Gebäude werden - anders als der Grund und Boden - bewertungsrechtlich der GmbH zugerechnet. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass sie im wirtschaftlichen Eigentum der GmbH stehen. Die GmbH nimmt die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG in Anspruch.
Die Verpachtungstätigkeit wurde zunächst als vermögensverwaltend behandelt. Ab 1978 nahmen die Beteiligten an, es handele sich um eine Betriebsaufspaltung. Die Klägerin erstellte in der Folgezeit entsprechende Bilanzen. Für das Jahr 1988 vertrat das damals zuständige Finanzamt X. erneut die Auffassung, die Klägerin sei - sinngemäß: von Anfang an - vermögensverwaltend tätig, da das Grundstück nicht für die besonderen Zwecke der GmbH hergerichtet worden sei. Eine steuerliche Auswirkung hatte dies - mit Ausnahme der unterbliebenen Festsetzung von Gewerbesteuer für dieses Jahr - nicht; insbesondere wurde kein Entnahmegewinn ermittelt.
Die Betriebsprüfungen für die Streitjahre 1989 bis 2005 würdigten den Sachverhalt rechtlich erneut dahingehend, dass die Klägerin das Grundstück im Rahmen einer Betriebsaufspaltung verpachte; der Prüfer nahm zum 1.1.1989 eine "Einlage" an, die er mit dem aktuellen Teilwert bewertete. Für die Jahre 1989 bis 2001 erließ das Finanzamt X., für die Jahre 2002 bis 2005 das beklagte Finanzamt entsprechende Gewerbesteuermessbescheide. Darin wurden die ermittelten Einkünfte aus Gewerbebetrieb um die Gewinnausschüttungen aus den GmbH-Anteilen, die ebenfalls dem Betriebsvermögen des Besitzunternehmens der Klägerin zugeordnet worden waren, gemindert. Ferner wurde der Klägerin für die Jahre 1989 bis 2001, nicht aber für die Jahre 2002 bis 2005, die sog. "einfache" Kürzung für Grundbesitz gem. § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG gewährt.
Während des Einspruchsverfahrens wurde zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt sind. Die Klägerin begehrte aber, in Anwendung der "erweiterten" Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ihren gesamten verbleibenden Gewerbeertrag gewerbesteuerfrei zu stellen, was das Finanzamt verweigerte. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage für die Streitjahre 1989 bis 2001 vollständig und für die Streitjahre 2002 bis 2005 zum überwiegenden Teil ab.
Gründe:
Das FG und die Beteiligten gingen im Ausgangspunkt zu Recht davon aus, dass zwischen der Klägerin und der GmbH eine Betriebsaufspaltung besteht. In solchen Fällen erfüllt das Besitzunternehmen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung auch dann nicht, wenn die Betriebs-Kapitalgesellschaft vermögensverwaltend tätig ist. Entscheidend dafür ist, dass die personelle und sachliche Verflechtung, die für eine Betriebsaufspaltung kennzeichnend ist, den Rahmen der bloßen Vermögensverwaltung überschreitet. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der BFH diesen Rechtssatz nicht nur in Bezug auf solche Sachverhalte ausgesprochen, in denen die Betriebsgesellschaft originär gewerblich tätig war.
Eine Übertragung gewerbesteuerrechtlich günstiger Merkmale der Betriebs-Kapitalgesellschaft - selbst wenn diese im Streitfall die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG erfüllen sollte - kommt bei der erweiterten Kürzung nicht in Betracht. Ein Besitz-Einzelunternehmen, das im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Grundbesitz an eine Betriebs-Kapitalgesellschaft verpachtet, kann die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG auch dann nicht in Anspruch nehmen, wenn die Betriebs-Kapitalgesellschaft vermögensverwaltend tätig ist. Selbst wenn in einem derartigen Fall die Betriebs-Kapitalgesellschaft die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung erfüllt, kommt eine Anwendung dieser Kürzungsvorschrift auf das Besitz-Einzelunternehmen im Wege einer "Merkmalsübertragung" nicht in Betracht (Abgrenzung zu dem zu § 3 Nr. 20 GewStG ergangenen Senatsurteil v. 29.3.2006, Az.: X R 59/00).
Infolgedessen konnte im vorliegenden Fall offen bleiben, ob der GmbH diese Begünstigung überhaupt zu Recht gewährt worden war. Allerdings hat die Klägerin Anspruch auf die Anwendung der einfachen Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG. Da das Finanzamt für die Streitjahre 2002 bis 2005 auch diesen Kürzungsbetrag nicht berücksichtigt hatte, war die Klage in diesem Umfang erfolgreich.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.