Keine Firmenfortführung bei bloßer Beibehaltung einer Geschäftsbezeichnung
FG Münster 2.4.2012, 4 K 562/09Die Klägerin pachtete ein Chinarestaurant von einer GbR, die dieses zuvor unter derselben Bezeichnung betrieben hatte. Die Bezeichnung ließ dabei keinen Rückschluss auf den Geschäftsinhaber zu.
Das Finanzamt nahm die Klägerin gem. § 25 HGB als Firmenfortführerin für rückständiger Lohn- und Umsatzsteuern der GbR in Anspruch. Bei dem Restaurant handele es sich um ein vollkaufmännisches Handelsgeschäft, da es nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb i.S.v. § 1 Abs. 2 HGB erfordere. Das Handelsgeschäft sei nach dem Gesamteindruck mit allen wesentlichen Teilen fortgeführt worden.
Die Klägerin ist hingegen der Ansicht, dass eine Haftung nicht in Betracht komme, weil das übernommene Restaurant lediglich ein Kleingewerbe darstelle. "Chinarestaurant" sei zudem keine Firmen-, sondern lediglich eine Geschäftsbezeichnung, da ein Hinweis auf den Geschäftsinhaber fehle. Dies werde auch daran deutlich, dass selbst der Beklagte weder die GbR noch die Klägerin unter diesem Namen geführt habe.
Das FG gab der gegen den Haftungsbescheid gerichteten Klage statt. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Klägerin zu Unrecht für Steuerschulden der GbR gem. § 25 HGB in Anspruch genommen.
Der Gaststättenname des Chinarestaurants stellt eine bloße Geschäftsbezeichnung (Etablissementbezeichnung) und keine Firma dar, da er keinen Hinweis auf den Unternehmensträger enthält. Wird bloß ein solcher Gaststättenname fortgeführt, scheidet eine Haftung nach § 25 HGB aus. Zwar kann eine Geschäftsbezeichnung Bestandteil einer Firma sein; eine Firma liegt jedoch nur dann vor, wenn einer der in § 19 HGB genannten Zusätze enthalten ist.
Die Geschäftsbezeichnung konnte auch nicht Bestandteil der Firma der GbR sein, weil eine GbR nicht firmenfähig ist. Folgte man der Ansicht des Finanzamts, dass der Betrieb des Chinarestaurants im Streitfall einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordert und damit Handelsgewerbe ist, hätte die GbR den Zusatz "offene Handelsgesellschaft" führen müssen, da die Gesellschaft dann zwingend eine OHG gewesen wäre (§ 105 Abs. 1 HGB).
Eine analoge Anwendung des § 25 HGB auf die Fortführung von Geschäftsbezeichnungen scheidet aus. Die Firmenfortführung stellt eine unverzichtbare Tatbestandsvoraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme dar. Dies ergibt sich aus dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut und der Stellung der Norm im dritten Abschnitt des ersten Buches des HGB, der mit "Handelsfirma" überschrieben ist. Eine Auffassung, die eine Haftungsinanspruchnahme in anderen als den vom Gesetzeswortlaut erfassten Fällen zuließe, würde zu einer unzulässigen steuerbegründenden Analogie führen.
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