Keine Gemeinnützigkeit bei der Durchführung von Jugendreisen
FG Köln 19.1.2017, 13 K 1160/13Der Kläger ist ein Verein, dessen Vereinszweck die Förderung von Kindern und Jugendlichen aus allen sozialen Schichten ist. Dieser Zweck wird insbesondere durch die Organisation und Durchführung von Kinder- und Jugenderholungsmaßnahmen verwirklicht. Er ist als Träger der freien Jugendhilfe i.S.d. § 75 SGB VIII anerkannt war in den Streitjahren 2006 bis 2008 Mitglied im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband.
Nach einer Außenprüfung, um die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit zu prüfen, kam der Prüfer zu der Überzeugung, dass der Kläger ein Reisebüro betreibe. Der Kläger erhebe keine Mitgliedsbeiträge und erhalte keine Spenden oder Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln. Die eingesetzten Betreuer, Reiseleiter und Animateure seien zumeist Studenten mit einem Mindestalter von 21 Jahren. Sie würden vor Beginn ihres Einsatzes durch den Kläger geschult. Weder aus dem Internetauftritt noch aus den Reiseprospekten sei zu erkennen, welche pädagogischen Programme der Kläger angeboten habe. Sprachreisen nach England seien zudem über einen Sprachreiseveranstalter angeboten worden. Der Kläger habe einen weitergehenden Wettbewerb zu nichtbegünstigten Betrieben als zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar betrieben.
Infolgedessen war das Finanzamt der Ansicht, dass der Kläger eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige und nach § 2 Abs. 3 GewStG der Gewerbesteuer unterliegende juristische Person des Privatrechts sei und ihm keine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und § 3 Nr. 6 GewStG als einer Körperschaft, die nach der Satzung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dient, zustehe. Es erließ entsprechende Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage weitestgehend ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: V R 10/17 anhängig.
Die Gründe:
Hinsichtlich der im Kern streitigen Frage der Anerkennung der Gemeinnützigkeit des Klägers blieb der Klage der Erfolg versagt.
Der Reisebetrieb des Klägers ist weder ein Zweckbetrieb i.S.d. § 68 Nr. 1b AO noch i.S.d. § 66 Abs. 1 AO. Nach § 68 Abs. 1b AO sind Kindergärten, Kinder-, Jugend- und Studentenheime, Schullandheime und Jugendherbergen ausdrücklich als Zweckbetriebe anerkannt, was der Kläger nicht betreibt. Auch stellt sein Reisebetrieb kein Zweckbetrieb i.S.d. § 66 AO dar. Es konnte nämlich nicht festgestellt werden, dass der Kläger die gegenüber der Grundnorm für Zweckbetriebe in § 65 AO engeren Voraussetzungen einer Einrichtung der Wohlfahrtspflege i.S.v. § 66 Abs. 2 AO erfüllt, also seine Leistungen in besonderem Maße (vgl. § 66 Abs. 3 AO) den in § 53 genannten Personen zugutekommen. Dabei trifft denjenigen, der die Gemeinnützigkeit geltend macht, hier also den Kläger, die Darlegungslast.
Zwar kann der Kläger als eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege i.S.d. § 66 Abs. 1 AO als auch i.S.d. § 52 Abs. 2 Nr. 9 AO i.d.F. ab 1.1.2007 angesehen werden. Dafür spricht sowohl die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe i.S.d. § 75 SGB VIII wie auch seine in den Streitjahren bereits bestehende Mitgliedschaft im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband. Es bleibt aber offen, ob die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 S. 2 AO erfüllt sind, also die planmäßige Tätigkeit des Klägers auf das allein streitige erzieherische Wohl der bei den Erholungsmaßnahmen angesprochenen Jugendlichen abzielte und nicht wegen des Erwerbs ausgeübt wurde. Jedenfalls konnte bisher nicht festgestellt werden, dass die Tätigkeit des Klägers in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen zu Gute gekommen war.
Bei der Prüfung, ob die Leistungen des Steuerpflichtigen zu mindestens zwei Dritteln Hilfe- oder Hilfsbedürftigen i.S.d. § 53 S. 1 Nr. 1 und/oder Nr. 2 AO zugutekommen, kommt es bezogen auf den begünstigten Personenkreis nicht auf das Zahlenverhältnis der in § 53 AO genannten zu den übrigen Personen an; entscheidend ist der Wert der an persönlich Hilfebedürftige und an wirtschaftlich Hilfsbedürftige erbrachten Leistungen im Verhältnis zu den Gesamtleistungen der Einrichtung. Der Kläger hat das Erreichen der genannten Zwei-Drittel-Grenze allerdings nicht nachgewiesen, so dass er bereits aus diesem Grund die Voraussetzungen des § 66 AO nicht erfüllt.
Letztlich stellt der Reisebetrieb des Klägers auch keinen Zweckbetrieb gem. § 65 AO dar. Es bleibt offen, ob der Kläger die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 Nr. 1 (2006) du Nr. 7 (2007/2008) AO (Förderung der Erziehung etc.) erfüllt. Der Senat hat insoweit größte Zweifel, dass die Durchführung von regelmäßig kurzen Reisen (überwiegend) für Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren, der unstreitigen Hauptzielgruppe des Klägers, zu einer erzieherischen Betreuung führt.
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