12.10.2023

Keine gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos bei rechtsfähigen privaten Stiftungen

Da der Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG keine Vermögensmassen erfasst, fehlt für rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts eine Rechtsgrundlage zur gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos.

Kurzbesprechung
BFH v. 17.5.2023 - I R 42/19

KStG § 1 Abs 1 Nr. 4, § 27 Abs 1, § 27 Abs 2, § 27 Abs 7
EStG § 20 Abs 1 Nr. 1 S 3, § 20 Abs 1 Nr. 9
AO § 179 Abs 1
BGB § 80
GG Art 20 Abs 3, Art 3 Abs 1


Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG haben unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahrs auf einem besonderen Konto (steuerliches Einlagekonto) auszuweisen. Das steuerliche Einlagekonto ist ausgehend von dem Bestand am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs um die jeweiligen Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahrs fortzuschreiben (§ 27 Abs. 1 Satz 2 KStG). Der sich danach ergebende Bestand des steuerlichen Einlagekontos ist nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG gesondert festzustellen. Dieser Bescheid über die gesonderte Feststellung ist Grundlagenbescheid für den Bescheid über die gesonderte Feststellung zum folgenden Feststellungszeitpunkt (§ 27 Abs. 2 Satz 2 KStG).

Nach § 27 Abs. 7 KStG gelten die Regelungen der Absätze 1 bis 6 der Vorschrift sinngemäß für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder Nr. 10 EStG gewähren können. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG erfasst unter anderem auch Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG, die mit Gewinnausschüttungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sind. Diese Voraussetzungen sind im Fall einer rechtsfähigen privaten Stiftung des bürgerlichen Rechts jedenfalls dann erfüllt, wenn die Leistungsempfänger der Stiftung (Destinatäre) unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen können. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und 3 EStG sowie § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG gelten nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 Halbsatz 2 EStG entsprechend.

Im Streitfall war das FG rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass eine ausreichende Rechtsgrundlage für die gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos der Steuerpflichtigen zum 31.12.2013 besteht. Die Regelung des § 27 Abs. 1 KStG ist insoweit nicht ausreichend belastbar. Denn die Steuerpflichtige ist keine Kapitalgesellschaft im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG, sondern eine rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts im Sinne der §§ 80 ff. BGB, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG als sonstige juristische Person des privaten Rechts der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegt.

Darüber hinaus wird die Steuerpflichtige auch nicht vom Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG erfasst. Diese Vorschrift sieht eine sinngemäße Anwendung von § 27 Abs. 1 bis 6 KStG nur für andere unbeschränkt steuerpflichtige "Körperschaften und Personenvereinigungen" vor. Rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts sind aber weder Körperschaften noch Personenvereinigungen, sondern gehören zu den Vermögensmassen, die der Gesetzgeber grundsätzlich von Körperschaften und Personenvereinigungen abgrenzt (z.B. in § 1 Abs. 1 KStG und in § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG).

Die Einordnung als Vermögensmasse ergibt sich daraus, dass bei solchen Stiftungen weder eine Beteiligung der Begünstigten (Destinatäre) am Vermögen möglich ist noch Mitgliedschaftsrechte bestehen.

Damit folgt der BFH nicht der in Literatur und FG - Rechtsprechung vertretenen gegenteiligen Auffassung. Entscheidend ist, dass die Ausdehnung des persönlichen Anwendungsbereichs der gesonderten Feststellung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG auf rechtsfähige private Stiftungen des bürgerlichen Rechts dem klaren Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG widerspricht. Allein der Umstand, dass Leistungen der Steuerpflichtigen zu Einkünften im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG führen können, reicht nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 7 KStG gerade nicht aus, um ein gesondertes Feststellungsverfahren durchzuführen.

Im Übrigen fehlt es an einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke, weil sich der Gesetzgeber in § 179 Abs. 1 AO ausdrücklich dafür entschieden hat, eine gesonderte Feststellung nur zu verlangen, soweit dies in der Abgabenordnung oder sonst in den Steuergesetzen ausdrücklich bestimmt ist.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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