21.11.2016

Keine gewerbliche Prägung einer GbR bei Beteiligung einer natürlichen Person

Wer persönlich haftender Gesellschafter i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist, bestimmt sich nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen. Kann die persönliche Haftung gesellschaftsrechtlich nicht beschränkt werden, ergibt sich daraus zugleich, dass eine GbR, an der mindestens eine natürliche Person beteiligt ist, keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sein kann.

BFH 22.9.2016, IV R 35/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine 2002 gegründete GbR. Gesellschafter sind die vermögensmäßig nicht beteiligte X-AG, die keine Einlage zu leisten hat, sowie die Herren A. mit einer Bareinlage von zunächst 499.000 € und B. mit einer Bareinlage von 1.000 €. Vertraglicher Zweck der Gesellschaft ist der Aufbau, die Verwaltung, die Nutzung und die laufende Umschichtung eines Wertpapier-Portfolios. Die Geschäfte der Klägerin sollten ausschließlich durch die AG geführt werden.

Die AG haftete unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der GbR. Für den A. sowie den B. war die Haftung auf das Gesellschaftvermögen beschränkt. Die AG hatte sich verpflichtet, bei allen Rechtsgeschäften mit Dritten für den A. und den B. eine Haftungsbegrenzung auf das Gesellschaftsvermögen durch entsprechende Individualvereinbarungen sicherzustellen.

In der Feststellungserklärung für das Streitjahr 2002 erklärte die Klägerin einen nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Verlust, der im Wesentlichen aus der Anschaffung von Wertpapieren resultierte. Nach einer in 2005 auch für das Streitjahr durchgeführten Betriebsprüfung kam der Prüfer u.a. zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Klägerin nicht um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG handele, woraufhin das Finanzamt den Feststellungsbescheid änderte und positive Einkünfte aus Kapitalvermögen feststellte.

Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Gründe:
Das Finanzamt und das FG waren zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin im Streitjahr 2002 Einkünfte aus Kapitalvermögen und keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG erzielt hatte. Danach ist Voraussetzung einer gewerblich geprägten Personengesellschaft u.a., dass ausschließlich Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter und zur Geschäftsführung befugt sind. Das ist aber nicht der Fall, wenn auch andere Personen als eine Kapitalgesellschaft persönlich haftende Gesellschafter sind. Im vorliegenden Fall waren A. und B. persönlich haftende Gesellschafter der GbR.

Wer persönlich haftender Gesellschafter i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG ist, bestimmt sich nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen. Zwar hat der BGH mit Urteil vom 27.9.1999 (Az.: II ZR 371/98) entschieden, es entspreche einem allgemeinen Grundsatz des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts, dass derjenige, der als Einzelperson oder in Gemeinschaft mit anderen Geschäfte betreibt, für die daraus entstehenden Verpflichtungen mit seinem gesamten Vermögen hafte, solange sich aus dem Gesetz nichts anderes ergebe oder mit dem Vertragspartner keine Haftungsbeschränkung vereinbart werde. Ein Haftungsausschluss kann demnach nur beim einzelnen Vertragsabschluss mit der Zustimmung des jeweiligen Vertragspartners erreicht werden und wirkt allein für den betreffenden Vertragsabschluss. Die Rechtsstellung als persönlich haftender Gesellschafter der GbR wird davon jedoch nicht berührt. Sie ist vielmehr gerade der Grund dafür, dass es im Einzelfall der Vereinbarung eines Haftungsausschlusses bedarf.

Nimmt aber § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG auf die Vorschriften des Gesellschaftsrechts Bezug, ist auch die geänderte BGH-Rechtsprechung zu der Frage, ob die Haftung des Gesellschafters einer GbR gesellschaftsrechtlich beschränkt werden kann, bei der Auslegung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG zu berücksichtigen. Kann diese persönliche Haftung gesellschaftsrechtlich nicht beschränkt werden, ergibt sich daraus zugleich, dass eine GbR, an der mindestens eine natürliche Person beteiligt ist, keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sein kann, da diese Person persönlich haftet und damit nicht "ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind".

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