Keine Klagebefugnis des Personengesellschafters bei Streit über Grund oder Höhe des Gesamthandsgewinns
BFH v. 23.1.2020 - IV R 48/16
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Kommanditist der A-SE & Co. KG (Beigeladene). Im Jahr 2001 hatten die Kommanditisten Teile ihrer Kommanditbeteiligungen an die S-AG veräußert. Für die restlichen Anteile waren Call- und Put-Optionen vereinbart worden. Im Streitjahr 2003 reduzierte die S-AG ihren Anteil an der Beigeladenen wieder und veräußerte Anteile an die früheren Kommanditisten zurück. Dabei wurden auch die 2001 vereinbarten Optionen aufgehoben. Der Kläger war ursprünglich mit 62 % an der Beigeladenen beteiligt gewesen. Davon hatte er im Jahr 2001 44 % an die S-AG veräußert. Für die restlichen Anteile von 18 % bestand eine Put-Option des Klägers gegenüber der S-AG, die erstmals am 31.12.2003 ausgeübt werden konnte. Mit Kaufvertrag vom 17.12.2003 erwarb der Kläger einen Anteil von 24,24 % von der S-AG zurück. Mit dem Kaufpreis sollte auch ein Verzicht auf die Put-Option abgegolten sein.
Der Kläger behandelte den Verzicht als Vorgang im Privatvermögen und erklärte diesbezüglich bei seiner Einkommensteuererklärung 2003 einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft von 0 €, weil die Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG überschritten gewesen sei. Das Finanzamt schloss sich nach einer Außenprüfung der Meinung der Prüferin an, der entgeltliche Verzicht auf die Put-Option habe zu einem Gewinn aus Gewerbebetrieb geführt. Die Put-Option sei ein Annex zu der Kommanditbeteiligung gewesen. Der Prüferin folgend erhöhte das Finanzamt den Gesamthandsgewinn der Beigeladenen und rechnete diesen Betrag ausschließlich dem Kläger zu. Auf dieser Grundlage erging gegenüber der Beigeladenen am 12.3.2014 ein geänderter Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2003.
Gegen diesen Bescheid legte die Beigeladene am 31.3.2014 Einspruch ein, mit dem inhaltlich die fehlerhafte Erfassung von Organeinkommen geltend gemacht wurde. Zugleich erklärte die Beigeladene, sie behalte sich vor, gesondert dagegen vorzugehen, dass der vom Kläger erzielte Optionsgewinn in die gewerblichen Einkünfte einbezogen worden sei. Das Finanzamt half dem Begehren in Bezug auf das Organeinkommen ab und erließ unter dem 21.5.2014 einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO insoweit geänderten Bescheid über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2003. In den Erläuterungen hieß es, mit dem Bescheid erledige sich der Einspruch vom 27.3.2014. In der Rechtsbehelfsbelehrung wurde ausgeführt, die gesonderte und einheitliche Feststellung könne mit dem Einspruch angefochten werden, wozu der in § 352 AO bezeichnete Personenkreis befugt sei.
Bereits zuvor, nämlich am 1.4.2014, hatte der Kläger durch seine Bevollmächtigte beim FG Sprungklage gegen den Bescheid vom 12.3.2014 erhoben, mit der die Erfassung des Gewinns aus dem Optionsverzicht beanstandet wurde. Das Finanzamt stimmte der Sprungklage zu, wies aber zugleich darauf hin, dass vorrangig der Einspruch der Beigeladenen bearbeitet werde. Nach Ergehen des Bescheids vom 21.5.2014 vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass dieser Bescheid gem. § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei. Das FG lud die Beigeladene nach § 60 Abs. 3 FGO bei, weil sie selbst nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt gewesen sei.
Anschließend wies das FG die Klage als unbegründet ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Klage ist unzulässig (§ 126 Abs. 2 FGO). Klagegegenstand ist die Feststellung des Gesamthandsgewinns der Beigeladenen. Zur Erhebung einer Klage gegen die Feststellung des Gesamthandsgewinns war der Kläger nicht befugt.
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des Gesamthandsgewinns der Beigeladenen, der nach der Außenprüfung erhöht worden ist. Der entgeltliche Verzicht auf die Put-Option des Klägers ist vom Finanzamt als ein Vorfall verstanden worden, der sich auf der Ebene des Betriebsvermögens der Beigeladenen ereignet hat. Deshalb wurde der Gewinn der Beigeladenen um den aus diesem Vorfall erzielten Gewinn erhöht und ein Betrag in die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gesamthandsgewinns einbezogen. Demgegenüber vertritt der Kläger die Auffassung, die Put-Option habe zu seinem Privatvermögen gehört, so dass die Erhöhung des Gesamthandsgewinns rechtswidrig sei.
Gegenstand des Klageverfahrens ist der geänderte Feststellungsbescheid vom 21. 5.2014. Dieser Bescheid ersetzt den mit der Sprungklage ursprünglich angegriffenen Bescheid vom 12.3.2014 und ist deshalb nach § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Der Kläger war nicht zur Erhebung der Klage gegen die Feststellung des Gesamthandsgewinns befugt. Denn besteht Streit über Grund oder Höhe des in einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen festgestellten Gesamthandsgewinns einer Personengesellschaft, ist nur die Gesellschaft selbst klagebefugt. Eine Klagebefugnis des Gesellschafters ergibt sich nicht schon daraus, dass ihm der streitige Gewinn alleine zugerechnet wurde.
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Der Kläger ist Kommanditist der A-SE & Co. KG (Beigeladene). Im Jahr 2001 hatten die Kommanditisten Teile ihrer Kommanditbeteiligungen an die S-AG veräußert. Für die restlichen Anteile waren Call- und Put-Optionen vereinbart worden. Im Streitjahr 2003 reduzierte die S-AG ihren Anteil an der Beigeladenen wieder und veräußerte Anteile an die früheren Kommanditisten zurück. Dabei wurden auch die 2001 vereinbarten Optionen aufgehoben. Der Kläger war ursprünglich mit 62 % an der Beigeladenen beteiligt gewesen. Davon hatte er im Jahr 2001 44 % an die S-AG veräußert. Für die restlichen Anteile von 18 % bestand eine Put-Option des Klägers gegenüber der S-AG, die erstmals am 31.12.2003 ausgeübt werden konnte. Mit Kaufvertrag vom 17.12.2003 erwarb der Kläger einen Anteil von 24,24 % von der S-AG zurück. Mit dem Kaufpreis sollte auch ein Verzicht auf die Put-Option abgegolten sein.
Der Kläger behandelte den Verzicht als Vorgang im Privatvermögen und erklärte diesbezüglich bei seiner Einkommensteuererklärung 2003 einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft von 0 €, weil die Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG überschritten gewesen sei. Das Finanzamt schloss sich nach einer Außenprüfung der Meinung der Prüferin an, der entgeltliche Verzicht auf die Put-Option habe zu einem Gewinn aus Gewerbebetrieb geführt. Die Put-Option sei ein Annex zu der Kommanditbeteiligung gewesen. Der Prüferin folgend erhöhte das Finanzamt den Gesamthandsgewinn der Beigeladenen und rechnete diesen Betrag ausschließlich dem Kläger zu. Auf dieser Grundlage erging gegenüber der Beigeladenen am 12.3.2014 ein geänderter Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2003.
Gegen diesen Bescheid legte die Beigeladene am 31.3.2014 Einspruch ein, mit dem inhaltlich die fehlerhafte Erfassung von Organeinkommen geltend gemacht wurde. Zugleich erklärte die Beigeladene, sie behalte sich vor, gesondert dagegen vorzugehen, dass der vom Kläger erzielte Optionsgewinn in die gewerblichen Einkünfte einbezogen worden sei. Das Finanzamt half dem Begehren in Bezug auf das Organeinkommen ab und erließ unter dem 21.5.2014 einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO insoweit geänderten Bescheid über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2003. In den Erläuterungen hieß es, mit dem Bescheid erledige sich der Einspruch vom 27.3.2014. In der Rechtsbehelfsbelehrung wurde ausgeführt, die gesonderte und einheitliche Feststellung könne mit dem Einspruch angefochten werden, wozu der in § 352 AO bezeichnete Personenkreis befugt sei.
Bereits zuvor, nämlich am 1.4.2014, hatte der Kläger durch seine Bevollmächtigte beim FG Sprungklage gegen den Bescheid vom 12.3.2014 erhoben, mit der die Erfassung des Gewinns aus dem Optionsverzicht beanstandet wurde. Das Finanzamt stimmte der Sprungklage zu, wies aber zugleich darauf hin, dass vorrangig der Einspruch der Beigeladenen bearbeitet werde. Nach Ergehen des Bescheids vom 21.5.2014 vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass dieser Bescheid gem. § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei. Das FG lud die Beigeladene nach § 60 Abs. 3 FGO bei, weil sie selbst nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt gewesen sei.
Anschließend wies das FG die Klage als unbegründet ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Klage ist unzulässig (§ 126 Abs. 2 FGO). Klagegegenstand ist die Feststellung des Gesamthandsgewinns der Beigeladenen. Zur Erhebung einer Klage gegen die Feststellung des Gesamthandsgewinns war der Kläger nicht befugt.
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des Gesamthandsgewinns der Beigeladenen, der nach der Außenprüfung erhöht worden ist. Der entgeltliche Verzicht auf die Put-Option des Klägers ist vom Finanzamt als ein Vorfall verstanden worden, der sich auf der Ebene des Betriebsvermögens der Beigeladenen ereignet hat. Deshalb wurde der Gewinn der Beigeladenen um den aus diesem Vorfall erzielten Gewinn erhöht und ein Betrag in die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gesamthandsgewinns einbezogen. Demgegenüber vertritt der Kläger die Auffassung, die Put-Option habe zu seinem Privatvermögen gehört, so dass die Erhöhung des Gesamthandsgewinns rechtswidrig sei.
Gegenstand des Klageverfahrens ist der geänderte Feststellungsbescheid vom 21. 5.2014. Dieser Bescheid ersetzt den mit der Sprungklage ursprünglich angegriffenen Bescheid vom 12.3.2014 und ist deshalb nach § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Der Kläger war nicht zur Erhebung der Klage gegen die Feststellung des Gesamthandsgewinns befugt. Denn besteht Streit über Grund oder Höhe des in einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen festgestellten Gesamthandsgewinns einer Personengesellschaft, ist nur die Gesellschaft selbst klagebefugt. Eine Klagebefugnis des Gesellschafters ergibt sich nicht schon daraus, dass ihm der streitige Gewinn alleine zugerechnet wurde.