Keine missbräuchliche Gestaltung bei Zahlung einer Vorabverwaltungsgebühr vor Einführung der Abgeltungsteuer
BFH 24.2.2015, VIII R 44/12Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erteilte im Jahr 2007 der X-AG den Auftrag, ein Wertschriftendepot gemäß dem Grand-Slam-Programm zu verwalten. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 30 Jahren. Der Kläger verpflichtete sich zu einer Einmalzahlung i.H.v. 40.000 € zzgl. 5 Prozent Agio und zur regelmäßigen Zahlung von mtl. 400 € zzgl. 5 Prozent Agio über die Vertragslaufzeit. Er hatte bei Vertragsschluss eine sog. Vorabverwaltungsgebühr i.H.v. rd. 17.000 € zu leisten, die ihm am Ende der Vertragslaufzeit im Jahr 2037 wieder erstattet werden sollte. Aufgrund der Leistung der Vorabverwaltungsgebühr reduzierte sich die zudem halbjährlich zu leistende Verwaltungsgebühr.
Bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2007 ließ das Finanzamt die von den Klägern als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemachte Vorabverwaltungsgebühr unberücksichtigt. Das Anlageprogramm stelle auf ein hohes Wachstum des eingesetzten Kapitals ab, wobei die Absicht der Erzielung einer steuerfreien Vermögensmehrung im Vordergrund stehe.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage überwiegend statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Bei der vom Kläger gezahlten Vorabverwaltungsgebühr i.H.v. rd. 17.000 € handelt es sich um Werbungskosten, die in voller Höhe bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind (§§ 9 Abs. 1 S. 1, 20 EStG).
Nach den Vertragsbedingungen war die Vorabverwaltungsgebühr unabhängig von der Art und Weise der Anlage des Kapitals zu leisten, so dass die Gebühr in keinem konkreten Zusammenhang mit einer noch zu beschaffenden Kapitalanlage stand. Es handelt sich danach bei der Vorabverwaltungsgebühr nicht um - im Hinblick auf den Werbungskostenabzug einkommensteuerlich unbeachtliche - Anschaffungskosten i.S.d. § 255 HGB, sondern um sofort abziehbare Werbungskosten. Weitere Voraussetzung ist, dass bei der Kapitalanlage auf Dauer ein Überschuss der steuerpflichtigen Einnahmen über die Ausgaben zu erwarten ist; dies ist bei dem Grand-Slam-Programm der Fall.
Zutreffend hat das FG vorliegend die Anwendung des § 42 AO verneint. Ein Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Wie das FG zu Recht ausgeführt hat, kann allein daraus, dass das Grand-Slam-Programm in zeitlichem Zusammenhang mit der Gesetzesberatung zur Einführung des Werbungskostenabzugsverbots gem. § 20 Abs. 9 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 angeboten worden ist, nicht geschlossen werden, dass die Vertragsbedingungen des Programms mit dem Ziel der Steuerumgehung entwickelt worden sind.
Zudem ist fraglich, ob die Zahlung der Vorabverwaltungsgebühr überhaupt zu einer Steuerminderung in diesem Sinne führt. Die bei Vertragsabschluss gezahlte Vorabverwaltungsgebühr i.H.v. rd. 17.000 € sollte dem Kläger nach regulärem Ablauf der Vertragslaufzeit wieder erstattet werden. Dieser Rückfluss der Werbungskosten wird als Einnahmen bei der Einkunftsart zu erfassen sein, bei der die Werbungskosten früher abgezogen worden sind.
Entgegen der Auffassung des Finanzamts wird der Abzug der von dem Kläger im Jahr 2007 gezahlten Vorabverwaltungsgebühr auch nicht durch § 20 Abs. 9 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 ausgeschlossen, da diese Regelung erstmalig auf Werbungskosten anwendbar ist, die im Veranlagungszeitraum 2009 abfließen. Auf die Ausführungen des Senats hierzu in seinem Urteil vom 27.8.2014 (VIII R 60/13) wird Bezug genommen.
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