16.03.2020

Keine Pauschalbesteuerung für eine allein Führungskräften vorbehaltene Betriebsveranstaltung

Nach ständiger BFH-Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG nur anwendbar, wenn die Teilnahme allen Betriebsangehörigen offen steht. Der Senat geht davon aus, dass die Rechtsprechung des BFH trotz der Einfügung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG und insbesondere trotz der Legaldefinition in Satz 1 weiterhin Anwendung findet.

FG Münster v. 20.2.2020 - 8 K 32/19 E,P,L
Der Sachverhalt:
Die klagende GmbH ist ein Industrieunternehmen. Für das Jahr 2015 optierte sie zur Pauschalierung der Sachzuwendungen nach § 37b EStG. Ende Oktober 2015 hat im betriebseigenen Gästehaus eine Jahresabschlussfeier, zu der nur angestellte Führungskräfte der Klägerin eingeladen worden waren, stattgefunden. Die Klägerin wandte dafür rund 17.441 € auf. Die Kosten umfassten zum einen Speisen und Getränke, die dem Lager des Gästehauses während der Veranstaltung entnommen wurden. Zum anderen beauftragte die Klägerin eine Veranstaltungsagentur, die das Gästehaus dekorierte und für Unterhaltungsangebote, z.B. Eisstockschießen, sorgte.

Die Jahresabschlussfeier wurde über die Abgabe der Lohnsteuer-Voranmeldung für den Monat 08/2017 durch die Klägerin pauschal mit 25 % nach § 40 Abs. 2 EStG versteuert, da es sich nach ihrer Auffassung um eine Betriebsveranstaltung i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG n.F. handelte. Ein Freibetrag wurde nicht angesetzt. Nach einer Lohnsteueraußenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass in dem Prüfungsjahr 2015 u.a. die oben genannte Veranstaltung nach § 37b Abs. 2 EStG nachzuversteuern sei. Der Lohnsteuer-Prüfer meinte, da die Veranstaltung nicht allen Mitarbeitern offen gestanden habe, handele es sich nicht um eine Betriebsveranstaltung. Daher sei auch § 40 Abs. 2 EStG nicht anwendbar. Die Differenz zwischen der sich nach § 37b EStG und der sich nach § 40 Abs. 2 EStG ergebenden Steuer sei nachzufordern.

Die Klägerin war der Ansicht, nach der Neuregelung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG sei das Merkmal "Offenstehen für alle Mitarbeiter" kein Definitionsbestandteil des Begriffs "Betriebsveranstaltung" mehr. Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des EStG lagen nicht vor. Danach kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, soweit er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Der zugewendete Arbeitslohn wurde im vorliegenden Fall aber nicht aus Anlass einer Betriebsveranstaltung gezahlt.

Nach ständiger BFH-Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG nur anwendbar, wenn die Teilnahme allen Betriebsangehörigen offen steht (BFH, Urteil v. 15.1.2009, VI R 22/06). Im Streitfall durften an der Veranstaltung aber nur Führungskräfte teilnehmen. Der Senat geht davon aus, dass die Rechtsprechung des BFH trotz der Einfügung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG und insbesondere trotz der Legaldefinition in Satz 1 weiterhin Anwendung findet.

Zwar wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die Legaldefinition des Begriffs der Betriebsveranstaltung das Kriterium des Offenstehens der Veranstaltung für alle Angehörigen des Betriebs(teils) nicht enthalte, sondern dieses Kriterium nur Bedingung für die Anwendung des Freibetrags sei. Auch geht der Senat davon aus, dass Begriffe, die in verschiedenen Vorschriften desselben Gesetzes verwendet werden, grundsätzlich einheitlich auszulegen sind. Eine von einer Legaldefinition abweichende Auslegung kommt jedoch in Betracht, wenn der Zweck der Regelung, ihr Zusammenhang mit anderen Vorschriften und/oder die Entstehungsgeschichte eindeutig erkennen lassen, dass der Begriff anders als in der Legaldefinition zu verstehen sein soll.

Eine solche von der Legaldefinition in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG abweichende Auslegung des Begriffs der Betriebsveranstaltung in § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG ist hier geboten. Der BFH hat seine Auslegung des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG vor allem mit dem Zweck der Vorschrift begründet. Die Vorschrift bezwecke keine Steuervergünstigung, sondern sei darauf angelegt, eine einfache und sachgerechte Besteuerung der Vorteile zu ermöglichen, die bei der teilnehmenden Belegschaft im Ganzen anfielen. Der Durchschnittssteuersatz von 25 % sei sachgerecht, weil aufgrund der "vertikalen Beteiligung" Arbeitnehmer aller Lohngruppen an der Betriebsveranstaltung teilnähmen. Stehe eine Veranstaltung nicht allen Betriebsangehörigen offen, verfehle die Pauschalbesteuerung mit einem festen Steuersatz von 25 % das in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verankerte Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit.

Der Gesetzgeber wollte demnach mit der Einfügung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG vor allem die Rechtslage, wie sie vor Ergehen der (rechtsprechungsändernden) BFH-Urteile vom 16.5.2013 (VI R 94/10; VI R 7/11) bestand, wiederherstellen. Vor Ergehen dieser Urteile aber war für Veranstaltungen, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstanden, die Anwendung des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG eindeutig nicht eröffnet. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Pauschalierungsmöglichkeit auszuweiten beabsichtigte.
FG Münster online
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