14.02.2018

Keine Prozesszinsen bei Zuordnung eines Steuererstattungsanspruchs an einen anderen Steuerpflichtigen

Die Revision wurde hinsichtlich der Frage zugelassen, ob die Änderung eines Abrechnungsbescheids, mit dem das Finanzamt entschieden hat, dass ein Steuererstattungsanspruch nicht dem Steuerpflichtigen, sondern einem anderen Steuerpflichtigen zusteht, der Herabsetzung einer festgesetzten Steuer bzw. der Gewährung einer Steuervergütung i.S.d. § 236 Abs. 1 S. 1 AO gleichsteht.

FG Köln 22.11.2017, 9 K 2661/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine in Großbritannien ansässige Kapitalgesellschft in der Rechtsform einer Private Limited Company (PLC). Sie war in der Vergangenheit alleinige Gesellschafterin der - zwischenzeitlich durch Ablehnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse aufgelösten - B-GmbH. Nachdem das Bundesamt für Finanzen (BfF) den Einspruch der Klägerin gegen die Ablehnung der Erteilung einer Freistellungsbescheinigung zurückgewiesen hatte, verpflichtete das FG Köln das BfF mit Urteil vom 16.3.2006 (Az.: 2 K 2916/02, Klageerhebung im Mai 2002) zur Erteilung der beantragten Freistellungsbescheinigung. Das (nunmehr zuständige) Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) erteilte daraufhin am 20.9.2006 eine Freistellungsbescheinigung für Kapitalerträge, die der Klägerin im Zeitraum von Dezember 1999 bis November 2002 von der B-GmbH zugeflossen waren.

Im Hinblick auf diese Freistellungsbescheinigung forderte die Klägerin das Finanzamt am 25.9.2006 auf, die gezahlte Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag an sie zu erstatten. Das Finanzamt hob daraufhin den Nachforderungsbescheid aus März 2001 gegenüber der B-GmbH auf, verweigerte aber die Erstattung der gezahlten Beträge an die Klägerin. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren am 3.8.2008 erhobene Klage gegen den Abrechnungsbescheid vom 18.3.2008 hatte Erfolg (FG Köln, Urt. v. 28.11.2012, Az.: 7 K 2640/08). Die vom Finanzamt hiergegen eingelegte Revision wies der BFH am 29.1.2015 zurück (Az.: I R 11/13).

Mit Schriftsatz vom 31.5.2015 bat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin "noch um Festsetzung der angefallenen Zinsen". Dies lehnte das Finanzamt mit Schreiben vom 9.6.2015 (ohne Rechtsmittelbelehrung) ab. Eine Verzinsung des Erstattungsbetrags nach § 236 AO komme nicht in Betracht, da auf der Überzahlung von Steuern beruhende Erstattungsansprüche, die ohne Änderung einer Steuerfestsetzung erst aufgrund eines Rechtsstreits über einen Abrechnungsbescheid entstehen, nicht nach § 236 AO zu verzinsen seien.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht keine Prozesszinsen gem. § 236 AO zugunsten der Klägerin festgesetzt.

In dem Verfahren vor dem FG Köln unter dem Az. 7 K 2640/08 und vor dem BFH unter dem AZ. I R 11/13 war - nur noch - über den Erstattungsanspruch selbst gestritten worden, namentlich darüber, ob er der B-GmbH zustand und durch Aufrechnungserklärung des Finanzamtes erloschen war, oder aber ob er der Klägerin zustand und daher noch zu erfüllen war. Eine Steuerherabsetzung, die ihrerseits erst zu einem Erstattungsanspruch führt, war nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens und erfolgte weder durch noch aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung in diesem Verfahren.

Wenn auch nach den vorgenannten Entscheidungen des FG Köln und des BFH in der Sache unzutreffend, hatte das Finanzamt verfahrensrechtlich richtigerweise über diese Frage des Erhebungsverfahrens durch Abrechnungsbescheid gem. § 218 Abs. 2 AO entschieden. Einer besonderen Festsetzung des Steuererstattungsanspruchs durch "Steuererstattungsbescheid" hatte hingegen nicht zu erfolgen. Denn die Abgabenordnung kennt, abweichend von §§ 150 ff. der Reichsabgabenordnung, kein besonderes Erstattungsverfahren, so dass Erstattungsansprüche nicht festgesetzt werden. Rechtsgrundlage der Erstattung ist vielmehr der Steuerbescheid, mit dem die Steuer niedriger als die Vorauszahlungen festgesetzt wird, bzw. der Änderungsbescheid, mit dem die zuvor festgesetzten Steuern herabgesetzt wird. Daher bestand der Erstattungsanspruch bereits mit der Aufhebung des Nachforderungsbescheids gegenüber der B-GmbH aus März 2001.

Das nachfolgende Verfahren vor dem FG Köln und dem BFH gegen den Abrechnungsbescheid aus März 2008 hinsichtlich der Frage, wer Gläubiger des Erstattungsanspruchs ist und ob der Erstattungsanspruch durch Aufrechnung erloschen war, betraf nur noch das dem Festsetzungsverfahren nachgelagerte Erhebungsverfahren, das Festsetzungsverfahren war mit der Aufhebung des Nachforderungsbescheids abgeschlossen. Allerdings wurde die Revision hinsichtlich der Frage zugelassen, ob die Änderung eines Abrechnungsbescheids, mit dem das Finanzamt entschieden hat, dass ein Steuererstattungsanspruch nicht dem Steuerpflichtigen, sondern einem anderen Steuerpflichtigen zusteht, der Herabsetzung einer festgesetzten Steuer bzw. der Gewährung einer Steuervergütung i.S.d. § 236 Abs. 1 S. 1 AO gleichsteht.

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