Keine rückwirkende Gewerbesteuerpflicht bei sukzessiver anteiliger Veräußerung erhaltener Anteile durch den Einbringenden innerhalb der Sperrfrist
FG Köln 19.7.2018, 6 K 2507/16Die Klägerin existierte bis zum 31.3.2013 in der Rechtsform einer GmbH & Co KG. Beteiligt waren als Komplementärin die nicht am Vermögen beteiligte C-GmbH und als Kommanditisten die B-Beteiligungs-GmbH mit 40 %, Herr B. mit 57 % und Frau D mit 3 %. Rückwirkend zum 31.3.2013 wurde die Klägerin gem. § 25 UmwStG i.V.m. § 190 UmwG in die AB-AG umgewandelt. Im Rahmen der Umwandlung erhielten die bisherigen Mitunternehmer der GmbH & Co. KG Aktien an der AB-AG in Höhe ihrer bisherigen prozentualen Beteiligungen als Mitunternehmer. Die Klägerin führte die Buchwerte der GmbH & Co KG fort, sodass es bei ihr nicht zu einer Aufdeckung von stillen Reserven kam.
Die B-Beteiligungs-GmbH veräußerte in der Folgezeit sämtliche Anteile an der Klägerin an fremde Dritte. Herr B. verstarb 2014 und wurde von seiner Ehefrau, Frau B., beerbt. Seine Tochter, Frau E., forderte anstelle des ihr zugedachten Vermächtnisses ihren Pflichtteil. Frau B. übertrug sodann im Rahmen eines Vermächtnisverzichts- und Abfindungsvertrages zur Abfindung des Pflichtteilsanspruches neben einer Geldzahlung Stück Aktien an der Klägerin auf Frau E. Die Klägerin ließ die Anteilsübertragungen im Rahmen ihrer Gewerbesteuererklärung unberücksichtigt.
Nach einer Betriebsprüfung bei der Klägerin war der Prüfer u.a. der Ansicht, die Übertragung der Aktien von Frau B. an Frau E. löse ebenfalls einen EBG I gem. § 22 Abs. 1 UmwStG aus, welcher der Gewerbesteuer unterliege. Das Finanzamt schloss sich den Feststellungen des Prüfers an und erließ entsprechende Gewerbesteuermessbetrags- und Zerlegungsbescheide 2013. Die Klägerin war der Ansicht, der durch die Anteilsübertragung von Frau B. an Frau E. ausgelöste EBG I unterliege nicht der Gewerbesteuer. Dies gründe darauf, dass die GmbH & Co KG ihren Betrieb mit dem Formwechsel endgültig eingestellt habe.
Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: I R 26/18 anhängig.
Die Gründe:
Der auf die Anteilsveräußerung von Frau B. an Frau E. entfallende EBG I ist nicht gewerbesteuerbar. Da das UmwStG keine Spezialregelungen zur gewerbesteuerlichen Behandlung von Einbringungsgewinnen enthält, gelten die allgemeinen Grundsätze des Gewerbesteuerrechts, wie sie für einen originären Einbringungsgewinn zur Anwendung kommen. Demnach ist der auf die Anteilsveräußerung entfallende Gewinn nicht gewerbesteuerbar, denn die Voraussetzungen des § 7 GewStG liegen nicht vor. Die GmbH & Co KG existierte als Steuersubjekt nicht mehr. Auch eine Gewerbesteuerpflicht nach § 7 S. 2 GewStG schied aus, da ein Veräußerungsgewinn auf Herrn B. als unmittelbar beteiligte natürliche Person entfiel.
Nach Ansicht der Finanzverwaltung soll der im Fall der Veräußerung erhaltener Anteile durch den Einbringenden innerhalb des Siebenjahreszeitraums gem. § 22 Abs. 1 UmwStG rückwirkend entstehende EBG I dann der Gewerbesteuer unterliegen, wenn nicht sämtliche erhaltenen Anteile in einem Vorgang veräußert werden (BMF-Schreiben v. 11.11.2011 - IV C 2 - S 1978 b/08/10001, BStBl 2011 I 1314). Im Schrifttum wird dieser Umwandlungssteuererlass überwiegend kritisiert. Richterliche Entscheidungen, insbesondere höchstrichterliche Entscheidungen, sind zu der Frage - soweit ersichtlich - bislang nicht ergangen.
Der erkennende Senat schließt sich allerdings der im Schrifttum vorherrschenden Ansicht an. Demnach hat die Veräußerung der im Rahmen der Umwandlung erhaltenen Anteile durch Frau B., als Rechtsnachfolgerin des Herrn B., zwar die Qualität eines rückwirkenden Ereignisses i.S.v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO (§ 22 Abs. 1 S. 2 UmwStG). Die Rückwirkung wirkt sich aber nicht dergestalt auf den Sachverhalt zum Übertragungsstichtag aus, dass Herr B. nunmehr nur noch einen Teilanteil an der GmbH & Co KG in die Klägerin eingebracht hat, weil er bzw. seine Rechtsnachfolgerin den anderen Teilanteil an seine Tochter veräußert hat. Vielmehr beschränkt sich die rückwirkende Änderung auf den Wertansatz des übergehenden Vermögens bei der Klägerin und damit die Höhe des Einbringungsgewinns in der Person des Einbringenden, Herrn B.
Der Sachverhalt bleibt aber durch die Veräußerung der Anteile insoweit unangetastet, als dass Herr B. weiterhin seinen gesamten Mitunternehmeranteil in die Klägerin eingebracht hat und die gesamte gewerbliche Tätigkeit eingestellt wurde. Eine andere Beurteilung würde dem Wortlaut des Gesetzes entgegenstehen. Schließlich würde eine Gewerbesteuerpflicht auch der Zielsetzung des Umwandlungssteuergesetzes widersprechen. Das hier gefundene Ergebnis steht letztlich in Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung zum EBG II und zur Rechtsprechung der Vorgängerregelung.
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