Keine Säumniszuschläge bei zu Unrecht versagter AdV
BFH 24.4.2014, V R 52/13Die Klägerin handelte in den Streitjahren 2002 und 2003 mit polygrafischen Maschinen. Nachdem das Finanzamt zunächst am im Oktober 2005 Umsatzsteuern für 2002 und 2003 festgesetzt hatte und das FG einem Aussetzungsantrag stattgegeben hatte, setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer auf Einspruch der Klägerin für das Jahr 2002 herab und wies den Einspruch hinsichtlich 2003 zurück. Ein weiterer Antrag auf AdV für den Zeitraum nach Ergehen der Einspruchsentscheidung wurde vom Finanzamt im Juni 2008 und vom FG im April 2010 zurückgewiesen.
Im Hauptsacheverfahren gab das FG der Klage statt und setzte die Umsatzsteuer 2002 auf den unstreitigen und pünktlich bezahlten Betrag herab und hob die Festsetzung für 2003 vollständig auf. Aufgrund einer Abrechnung von Februar 2008 forderte das Finanzamt für den Zeitraum von der Einspruchsentscheidung bis zur Aufhebung der Steuerfestsetzungen im November 2010 Säumniszuschläge i.H.v. rd. 11.500 € für 2002 und 17.000 € für 2003, die das Finanzamt auf Erlassantrag der Klägerin zur Hälfte erließ. Den Erlass der weiteren Hälfte lehnte es ab.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt und verpflichtete das Finanzamt zum vollständigen Erlass der Säumniszuschläge. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat das Finanzamt zu Recht verpflichtet, die Säumniszuschläge zu erlassen.
In der BFH-Rechtsprechung ist anerkannt, dass Säumniszuschläge wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen sind, wenn die Steuerfestsetzung später aufgehoben worden ist und der Steuerpflichtige alles getan hat, um die AdV eines Steuerbescheides zu erreichen, das Finanzamt aber die Aussetzung "obwohl möglich und geboten" abgelehnt hat.
Demzufolge hat der BFH entschieden, dass ein Erlass von Säumniszuschlägen nach Aufhebung der Steuerfestsetzung zwar dann nicht in Betracht komme, wenn der Steuerpflichtige sich nicht um die AdV bemüht hat oder wenn die Vollziehung deshalb nicht ausgesetzt worden ist, weil - etwa in Schätzungsfällen - keine ernstlichen Zweifel bestanden und der Steuerbescheid erst aufgrund nachgereichter Steuererklärungen aufgehoben worden ist. Hat der Steuerpflichtige aber im Aussetzungsverfahren alles Erdenkliche getan, um den einstweiligen Rechtsschutz zu erreichen, und ist ihm dieser gleichwohl fehlerhaft versagt worden, liegt eine unbillige Härte vor, wenn trotz späterer Aufhebung der Steuerfestsetzung Säumniszuschläge erhoben wurden.
Dementsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass ein Anspruch auf vollständigen Erlass der Säumniszuschläge dann besteht, wenn dem Steuerpflichtigen die AdV aufgrund einer gesetzlichen Sonderregelung des § 361 Abs. 2 S. 4 AO in einer dem Sinn und Zweck dieser Regelung nicht entsprechenden Weise verwehrt ist. Nichts anderes gilt, wenn eine rechtswidrige Steuerfestsetzung aufgehoben wird und der Steuerpflichtige zuvor alles getan hat, um die AdV zu erreichen und diese - obwohl möglich und geboten - abgelehnt worden ist (Fortführung der Rechtsprechung).
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